Historical Platin Band 04
Jungvermählten sitzend, spürte Ingram die unterschwellig vorhandene Abneigung. Die hitzigen, an diesem Abend auf seine Order hin versammelten Hochländer dachten an die vielen Fehden, in die sie verwickelt gewesen waren. Die wenigsten von ihnen würden je die Mitglieder ihres Clans vergessen, die durch die Pfeile, Schwerthiebe oder Lanzenstiche ihrer Gegner das Leben verloren hatten.
Unwirsch zog er die buschigen Brauen zusammen, ließ den Blick über die mit weißem Linnen bedeckten Tische zu den Wirkteppichen an den Wänden schweifen und sagte sich, er müsse sich über die Kosten für das üppige Gastmahl nicht grämen. Sein Reichtum war zum Teil auf Malcolm, den Grafen von Caithness, zurückzuführen, sowie auf Angus, dessen Tochter Maud den aus dem vornehmen normannischen Baronsgeschlecht stammenden Sir Gilbert de Umfraville geheiratet hatte. Er selbst hatte sein Vermögen vergrößert, sodass die Ausgaben für das Gelage, die einem weniger begüterten Mann die Truhen geleert hätten, für ihn nicht ins Gewicht fielen.
Er legte die Hand auf die Fibel, die allgemein die „große Spange“ genannt wurde. Sie war das Kleinod, das der jeweilige Clanführer der MacGlendons als Schutzherr von Caithness trug. Langsam richtete er die Augen wieder auf die Schar der Gäste und zählte jene, von denen er zweifelsfrei wusste, dass sie gegen die Verbindung Bridgets mit Liam MacKendrick gewesen waren. Bedächtig trank er einen Schluck des starken, in der Mälzerei selbst hergestellten Gewürzbiers, stellte fest, dass die anwesenden MacKendricks und die ihnen verbündeten MacKeith’ zahlenmäßig von der Sippschaft seines Clans übertroffen wurden, und lächelte zufrieden.
Nachdenklich schaute er zu Aedh, dem Anführer der MacKendricks, hinüber, der sich mächtiger wähnte als er, Ingram. Die MacKendricks hielten Strathnaver, den nordwestlichen Teil der Highlands. Der Tochter zuliebe versagte Ingram sich ein Lächeln. Er entsann sich des Tages in der Jugend, an dem er die Ländereien der MacKendricks in Brand gesteckt hatte, um sie daran zu erinnern, dass ihr Name im Gälischen „Feuer“ bedeutete. Die Lohe hatte sein Schwert jedoch nur glühen gemacht und gehärtet. Der Waffe, die er nun Bridgets wegen in die Scheide geschoben hatte, konnten Flammen nichts anhaben.
Die Tochter, deren helles Lachen ihn sie voller Stolz betrachten ließ, war vor seinen drei Söhnen geboren worden. Sie wandte sich ihm zu und äußerte überschwänglich ihren Dank für das gelungene Fest. „Du bist also zufrieden?“, erkundigte er sich schmunzelnd.
„Ja, sehr! Du hast mir an diesem Abend meinen Herzenswunsch erfüllt.“
„Ich wünsche mir, das immer tun zu können“, erwiderte Ingram, tätschelte ihr die Hand und bedeutete einem der Pagen, ihm den Pokal nachzufüllen. Sie hatte tatsächlich bekommen, was ihr größter Wunsch gewesen war. Ingram war jedoch keine andere Wahl geblieben, als ihn ihr zu gewähren. Bis er nachgegeben und seine Einwilligung zur Hochzeit erteilt hatte, war ein Waffenstillstand zwischen den verfeindeten Clans nicht möglich gewesen. Gewiss, weder die Tochter noch Liam MacKendrick hatten seiner oder Aedhs Zustimmung zur Trauung bedurft. Er kannte sie jedoch sehr gut und wusste, sie hätte sich heimlich mit Liam davongemacht. Ihr Bräutigam hatte indes, was ihm hoch anzurechnen war, darauf bestanden, sich nur in Anwesenheit der beiden Familien zu vermählen. Ingram hätte ihn jedoch noch immer am liebsten erwürgt und gevierteilt. Ein MacKendrick war bislang nie als Gemahl für Bridget in Betracht gezogen worden, und ebenso wenig hatte Ingram daran gedacht, Micheil, seinen Erben, mit einem Weib dieses Clans zu verheiraten.
Seufzend verlieh er der Resignation darüber Ausdruck, dass er sich von der Tochter hatte überreden lassen. Sie war, wenngleich von zierlicher Gestalt, nicht sehr sanftmütig und im Wesen ihm ähnlich. Auch in ihren Adern floss das Blut nordischer Stammesfürsten, und wie er ließ sie sich von einem einmal gefassten Vorsatz nicht abbringen.
Onora, seine Gattin, schaute fröhlich zu ihm herüber, und wohlwollend trank er ihr zu. Er hatte sich nicht aus Liebe mit ihr vermählt, doch mit den Jahren war das Band zwischen ihnen durch stärker werdende Zuneigung fester geworden. Sie schien sich über das Glück der Tochter zu freuen und hatte sie gut auf die Aufgaben als Gemahlin eines Laird vorbereitet. Ingram hoffte, Micheil möge ihm irgendwie bekunden, dass er an dieser Hochzeit keinen
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