Historical Platin Band 04
Anstoß mehr nahm.
Er furchte die Stirn, blickte flüchtig zu ihm hinüber und sah dann die hübsche Seana an. Seine Stirn glättete sich, und er lachte verhalten. Das Mädchen schaute hingebungsvoll seinen Sohn an. Indes war sie nicht die Einzige, die Micheil bewunderte. Viele erwachsene Frauen versuchten, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Ingram beobachtete Seana und war von ihr bezaubert, obwohl sie dem Clan der MacKendricks angehörte. So sich ihre schon jetzt erkennbaren Reize zu voller Reife entwickelten, würde sie als gestandenes Weib in vielen Männern begehrliche Sehnsüchte wecken. Sie war noch jung, doch nicht minder eigensinnig denn Bridget. Keine erst acht Lenze zählende Maid hätte die zotigen Äußerungen hören dürfen, die, je mehr der Wein den Männern die Zungen löste, im Saal die Runde machten.
Ingram fand es gut zu wissen, dass auch Aedh MacKendrick seiner Tochter nichts abschlagen konnte, und nahm sich vor, Micheil darauf hinzuweisen. Der Sohn würde dann, sobald für ihn die Zeit gekommen war, sich mit Seana vor Gott und den Menschen zusammengeben lassen, nach seinem Gutdünken auf dieses Wissen zurückgreifen. Ingram bezweifelte nicht, dass Micheil alles tun würde, was von ihm verlangt wurde, um die Ehre der MacGlendons zu wahren.
In Erwiderung eines Trinkspruches, den der am Ende der Tafel sitzende Richold auf das Verlöbnis ausgebracht hatte, hob Micheil den Humpen, trank dem jungen Recken zu und dachte an die Ehre seines Clans. Die Hochzeit der Schwester und seine Verlobung fanden zum Wohle der MacGlendons statt. Er lächelte kühl, um den in ihm schwärenden Ärger zu verhehlen, sah Joris MacKeith’ Blick auf sich gerichtet und wusste, dass noch jemand mit den Ereignissen des Abends nicht einverstanden war. Joris hatte sich mit der Absicht getragen, Bridget zur Gattin zu nehmen, die jedoch nicht so gefügig war, sich zu etwas nötigen zu lassen.
Sie war ein verhätscheltes, verwöhntes Geschöpf, das von der Familie zu sehr geliebt wurde, um ihr einen Wunsch abschlagen zu können. Ihrerseits liebte sie ihre Angehörigen von ganzem Herzen und stand treu zu ihnen. Micheil befürchtete, dass sie die für den Clan bestehende Gefahr nicht beachtete. Zudem kannte er den Charakter ihres Bräutigams sehr gut. Micheil, der mit fünfzehn Sommern zwei weniger zählte denn Liam, hatte oft genug gegen ihn gekämpft. Die blutigen Auseinandersetzungen, zu denen es immer wieder im Hochland kam, ließen einem Heranwachsenden keine Zeit für seine Kindheit. Schon vor drei Jahren war er in die Schar der Kämpen aufgenommen worden und betrachtete die Schwester vom Standpunkt eines Mannes. Ihr hitziges Wesen und ihr Lebenshunger würden für Liams Stolz und Beherrschung eine ständige Herausforderung sein, sollte er versuchen, sie sich untertan zu machen.
Sie war von ihrem Gemahl besessen. Anders konnte man ihre Gefühle für ihn nicht beschreiben. Sie war ihm vor sieben Monden in Wick zum ersten Male begegnet. Es hatte Micheil geärgert, Liam gegenüber zugeben zu müssen, dass die Schwester und er ihm Dank schuldeten, weil Seanas Bruder sie davon bewahrt hatte, ihr am Gürtel hängendes Säckel an einen Beutelschneider zu verlieren. Von jenem Tag an hatte sie alles darangesetzt, um Liam MacKendrick wiederzusehen. Nur Micheil wusste, wie oft sie in der Hoffnung, Liam zu begegnen, wagemutig durch die Furten des Halladale und des Helmsdale geritten war. Aus Zuneigung zu ihr hatte er sie nicht verraten und auch geschwiegen, als sie, nachdem es ihr endlich gelungen war, Liam zu finden, vorgab, Aedh MacKendricks Sohn habe sich an ihr vergangen. Diese Behauptung entsprach seiner festen Überzeugung nach nicht der Wahrheit. Für ihn bestand kein Zweifel, dass die Schwester noch so unberührt war wie seine Verlobte.
Der Vater hatte Rache geschworen und gelobt, Liam das Herz aus der Brust zu schneiden und Bridget zu bringen. Doch dann hatte sie ihn plötzlich angefleht, sich mit dem angeblichen Schänder vermählen zu dürfen.
Micheil furchte die Stirn, tauschte einen verbitterten Blick mit Liam und griff nach dem Trinkpokal. Jeder in seiner Familie trug die Schuld daran, dass Bridget so zügellos war. Sie war nie zufrieden gewesen, bis sie das erreicht hatte, was sie haben wollte. Liam würde auf der Hut sein müssen. Er war bereits so von ihr betört worden, dass auch er schließlich verlangt hatte, sie zu heiraten. Micheil konnte nur hoffen, dass ihr Mann stark genug war, ihr rücksichtsloses
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