Historical Platin Band 04
Wesen etwas einzudämmen, und hinreichend einfühlsam, um ihre unbändige Sehnsucht nach Liebe zu begreifen. Indes plagten ihn bange Vorahnungen, und hastig leerte er den Humpen bis zur Neige.
„Du wirst dich bezechen, wenn du noch mehr trinkst, Micheil“, raunte Seana ihm zu. Zum zweiten Male hatte sie gewagt, mit ihm zu reden. Es kränkte sie, dass er ihr nicht antwortete, sie nicht einmal anschaute, als er einen Knecht herbeiwinkte, der ihm den Pokal nachfüllen sollte. Ungeduldig regte sie sich. Sie hatte den größten Teil des Gelages damit verbracht, ihn anzustarren. Er war ein sehr gut aussehender Bursche, bereits von höherem Wuchs denn ihr Bruder. Sie hatte von seinen herausragenden Fähigkeiten im Kampf gehört, verspürte angesichts seiner finsteren Miene eine Anwandlung von Angst und bemühte sich, das Unbehagen zu verdrängen. Er habe, wie die Mutter geäußert hatte, im Gegensatz zu Seanas breitschultrigem, stämmig gewachsenem Bruder eine raubtierhafte Geschmeidigkeit, die über seine kräftige Statur hinwegtäusche.
Seana straffte sich und setzte sich aufrecht hin. Sie wusste, dass Micheil sie nicht mochte. Morgens hatte er ihre zögernd vorgetragene Bitte, mit ihr auszureiten, schroff abgelehnt. Sie war enttäuscht gewesen, da sein Vater ausgezeichnete Rosse besaß und sie gehofft hatte, einen der rassigen Zelter reiten und auf ihm mit dem vom Meer her wehenden Wind dahinpreschen zu können. Nun hatte sie erkannt, dass es keine solchen Ausritte geben, sie nicht fliegenden Haares die Hügel zu einem der eiskaltes Bergwasser führenden Bäche hinunterjagen würde, wo man die süßesten Beeren fand. Micheil würde weder jetzt noch später seine Zeit mit ihr verbringen, nicht um sie werben. Die Mutter hatte ihr in aller Deutlichkeit erläutert, dass sie ihn um des lieben Friedens willen heiraten musste und er gehalten war, es aus demselben Grund zu tun. Die Liebe, wie die Eltern sie füreinander empfanden, würde ihr vielleicht später, wenn überhaupt, zuteil werden.
Es schmerzte sie, dass er sie, im Gegensatz zu anderen Anwesenden, kein einziges Mal angelächelt hatte. Sie schmollte und ließ erneut den Blick über sein Gesicht schweifen, das wie aus Stein gemeißelt wirkte. Kühn legte sie ihm die Hand auf den Arm und sagte: „Du hast bisher noch kein Wort an mich gerichtet, Micheil. Das gefällt mir nicht. Es ist nicht recht, mich so zu behandeln.“
Mit dem Hochmut des Älteren schaute er sie finster an und beachtete sie dann nicht mehr. Sosehr er den Vater schätzte und ihn als Oberhaupt des Clans bewunderte, empfand er nun erneut Widerwillen gegen das ihm auferzwungene Verlöbnis. Er hatte mit dem Tod als seinem Schatten gelebt und brannte darauf, das Leben in all seiner Fülle zu genießen. Es behagte ihm nicht, viele Sommer darauf zu warten, dass er die ihm Anversprochene besitzen konnte. Er überlegte, ob er die Tafel verlassen solle, konnte das indes nicht tun, ohne sich den Zorn des Vaters zuzuziehen.
Rastlos versuchte er sich abzulenken, schaute Seanas Mutter an und überlegte, ob seine Verlobte ihr eines Tages ähneln würde. Es gebrach ihm an Verständnis dafür, dass nicht das Alter Alura MacKendricks verhärmtes Gesicht gezeichnet hatte, sondern der Verlust mehrerer Kinder in den Sommern zwischen der Geburt ihres Ältesten und der ihrer Tochter. Sie war nicht bemerkenswert schön, strahlte jedoch sanften Liebreiz aus, wenn sie Seana anlächelte.
Ihr Lächeln schwand jedoch im Nu, als sie Micheil MacGlendon zu sich herüberstarren sah. Sie warf ihm einen flehenden Blick zu, schaute die Tochter an und richtete die Augen dann wieder auf deren Verlobten. Nach einem Moment wandte er den Blick ab.
„Bei meiner Seele, Micheil, leer den Becher!“, forderte Ingram ihn unwirsch auf. „Deine missmutige Miene verdirbt den Gästen die Stimmung.“
Betroffen sah Bridget den Bruder an.
Mit gezwungenem Lächeln stürzte er den Rest des Weines hinunter und unterließ es, dem Vater etwas zu erwidern. Weiter unten an der mittleren Tafel zogen seine Basen Fiona und Jehanne seinen Blick auf sich. So er den Worten ihres Bruders Niall Glauben schenken durfte, war Fiona bereits ein voll entwickeltes Weib. In ihren Augen stand ein begehrlicher Ausdruck, und Micheil stellte sich vor, wie ihr jetzt zu einem dicken Zopf geflochtenes flammend rotes Haar ihm gelöst durch die Finger gleiten würde, während sie willig und begierig den sinnlichen Mund für ihn öffnete. Er fühlte die Hitze seines
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