Historical Platin Band 04
sein Gesicht nicht erkennen konnte. Mag der Himmel es geben, dass es noch fünfmal fünf Lenze dauert, bis ich ihm wiederbegegne.“
Micheil befand sich in einem schrecklichen Zwiespalt der Gefühle, schwankend zwischen Verlangen und Zorn. Am liebsten hätte er Seana auf der Stelle besessen, doch sie schaute ihn mit unschuldigem Blick und voller Vertrauen an.
„Nun wisst Ihr Bescheid und habt sicher Verständnis. Ich muss im Konvent bleiben, wo ich wahrscheinlich mein Leben beschließen werde.“
„Niemand, dessen Auge je auf dich gefallen ist, kann dir den Tod wünschen“, platzte Micheil heraus. „Du bist schön wie eine Fee!“ Sie musste einen Bann über ihn geworfen haben. Er konnte nicht mehr klar denken.
„Ich soll hübsch sein?“, fragte sie und lachte hell auf. „Nun, Master Micheil MacGlendon weiß das nicht. Er hat mich nie im Hellen gesehen. Er hat gar nicht vor, mich heimzuführen. Und sollte er mich zu sich holen, wird man mich bald in ein Leichentuch hüllen.“ Der Fremde hatte einen benommenen Ausdruck in den Augen, und unwillkürlich empfand sie Mitleid. Sie hatte ihn zum Schweigen gebracht, doch es behagte ihr nicht, dass sie den verhassten Namen der MacGlendons hatte erwähnen müssen. „Die MacGlendons befehden meine Sippe“, erklärte sie. „Die Gründe sind mir nicht klar. Mich wird man indes nicht verschonen.“
Micheil starrte Seana an, unfähig, ihr zu widersprechen. Er wusste, er konnte ihr nicht vergeben, hatte jedoch noch immer Verlangen nach ihr. Nun, da ihm ihr Name bekannt war, begriff er, dass er sich nicht mit Gewalt nehmen musste, was rechtens ihm zustand. Die Schwester musste gerächt werden. Er hatte einen heiligen Eid geleistet und sein Ehrenwort gegeben. „Ich bringe dich zum Stift“, erwiderte er ernst. „Ich möchte nicht, dass dir ein Leid widerfährt.“
„Ihr könnt mich nicht begleiten“, entgegnete sie und wich vor seiner ausgestreckten Hand zurück. „Ich darf mit keinem Mann gesehen werden.“
„Das zu entscheiden ist meine Sache.“ Vollkommen unerwartet traf ihn ein Stoß.
Seana raffte den Rock, rannte davon und rief über die Schulter zurück: „Ich werde dich und meine ersten Küsse in guter Erinnerung behalten.“
Micheil kam sich noch immer vor, als stünde er unter den Nachwirkungen eines heftigen Schlags. Nachdem er sich einigermaßen gefasst hatte, war sie verschwunden. „Ja, du wirst dich meiner erinnern, Seana“, murmelte er. „Dafür werde ich sorgen, ehe die Nacht anbricht.“
5. KAPITEL
Micheil eilte nicht zu den Brüdern zurück. Er kaufte sich einen Humpen Gewürzbier und verweilte stundenlang in grüblerischer Stimmung, bis er sich dann schließlich zu den Geschwistern begab. Sie warteten mit den bereits gesattelten Pferden auf ihn, die Geldkatzen prall gefüllt, da sie die zur Kirchmess mitgebrachten Rosse veräußert hatten.
„Fiona war außer sich, Micheil“, sagte David, „weil du die Verabredung nicht eingehalten hast. Sie würde uns wohl immer noch befragen, wo du steckst, hätte James ihr nicht berichtet, dass du eine Maid gefunden hast, die dir genehmer war, und überhaupt nicht zur Kirmes zurückkehren würdest.“
„Das hast du ihr erzählt, James?“
„Ja“, bestätigte James. „Ich bin überrascht, dich schon jetzt zu sehen.“ Das, was ihm noch auf der Zunge lag, behielt er für sich. Zu oft hatte er den ungehaltenen Ausdruck in den Augen des älteren Bruders bemerkt, der sichtlich verärgert war und sich nur mühsam beherrschte.
David fiel Micheils schlechte Stimmung auf, doch das hinderte ihn nicht, spöttisch zu fragen: „Nanu, Micheil, bist du bei dem Mädchen nicht zum Zuge gekommen? Hat sie dich zurückgewiesen?“
„Nicht ganz“, antwortete Micheil.
„Mehr hast du nicht zu erzählen?“ Verblüfft schaute David ihn an. „Wer ist sie?“
„Sei nicht so selbstsüchtig“, warf James ein. „Wenn sie dich nicht haben will, werde ich mich ihr anbieten.“
„Das kannst du nicht, James“, erwiderte Micheil und strich seinem Hengst über den Hals. „Auch du, David, solltest sie dir aus dem Kopf schlagen. Sie hat mir anvertraut, dass sie einem grimmigen, unausstehlichen Hochländer versprochen ist.“
James und David brachen in Lachen aus. „Einen Moment lang habe ich fast geglaubt, das könne dich abhalten, ihr nachzustellen“, sagte James dann grinsend.
„Was sonst nie der Fall war“, mischte David sich belustigt ein. „Du stellst meine
Weitere Kostenlose Bücher