Historical Platin Band 04
können. Jäh fühlte sie sich in eine Falle gezogen, der sie nicht entrinnen konnte. Plötzlich küsste der Fremde sie viel begehrlicher, mit einem Ungestüm, das sie nicht begriff und nicht zu erwidern verstand.
Unvermittelt hob er den Kopf und schaute sie verlangend an.
Sie legte die zitternde Hand auf die brennenden Lippen und flüsterte: „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Mann mich mit Küssen dazu bringen könne, mich zu vergessen.“
Am Ausdruck ihrer Augen sah er, dass die Regungen, die sie erlebte, sie verwirrten. Er wusste, dass sie das nicht geäußert hatte, um ihren Preis höher zu treiben. Ihr Freimut steigerte seine Lust, und ihre Unerfahrenheit reizte ihn, ihr Vergnügen zu bereiten. Erneut legte er ihr die Hände auf die Hüften und drückte sie an sich, weil er das Bedürfnis hatte, sich endlich mit ihr zu vereinen, besann sich jedoch rechtzeitig seiner Umgebung. „Ein Mann kann dir mehr geben als nur Küsse“, erwiderte er mit bebender Stimme. „Ich will dir mehr geben. Es freut mich jedoch, dass ich der erste war, der dich geküsst hat. Du hast nichts von mir zu befürchten“, setzte er hinzu, verengte die Augen und sah auf ihre roten Lippen. „Du solltest wissen, dass ich dich bereits als meinen Schatz beanspruche.“
„Ihr seid nicht bei Trost! Seid still!“ Sie legte ihm die Hand auf den Mund, damit er nicht weitersprach, und spürte plötzlich, dass er sie leicht biss. Wohliges Behagen durchrieselte sie, aber dennoch zog sie hastig die Hand fort.
Er drückte sie wieder an sich, presste ihr die Hände auf das Gesäß und küsste sie wild und besitzergreifend. „Du gehörst mir!“, flüsterte er dann atemlos, hob sie auf die Arme und trug sie eilig von der Kirmes fort.
So jäh aus den Wonnen gerissen, die seine Küsse ihr geschenkt hatten, wurde Seana nun in einem Maße angst, wie sie es selten erlebt hatte. Je weiter er sie mit langen, zielstrebigen Schritten brachte, desto geringer wurde die Möglichkeit für sie, ihm zu entwischen.
„Ich schwöre, du hast nichts von mir zu befürchten“, wiederholte er. „Ich kann dich nicht fortlassen. Ich verzehre mich nach dir.“
„Ich bitte Euch, seid still!“
„Es ist natürlich, dass du dich vor dem ersten Male ängstigst, doch ich versichere dir, rücksichtsvoll zu sein.“
Seana wurde klar, dass sie keine Wahl mehr hatte. „Er wird Euch töten, wenn Ihr wagen solltet, mir Not anzutun!“, sagte sie scharf.
„Wer soll mich töten?“, fragte er verdutzt. „Welche Mär soll ich dir jetzt glauben? Vor wem sollte ich mich fürchten?“ Sie krallte die Hände in sein Wams, und brüsk blieb er stehen. „Ich will den Namen wissen!“, forderte er schroff.
Sie sah den harten Ausdruck in seinen Augen, schluckte und hielt sich vor, dass ihr wirkliche keine andere Wahl blieb. „Ihr nehmt Euch Freiheiten gegenüber dem Oberhaupt der MacGlendons heraus“, antwortete sie fest.
„Tod und Teufel!“, fluchte Micheil und stellte sie entgeistert auf die Füße.
„Ich schwöre, ich habe die Wahrheit gesagt. Auf seinen Befehl hin wurde ich in den verflossenen zehn Sommern in Deer Convent festgehalten.“
Wenngleich er fassungslos über ihre Mitteilung war, entging ihm nicht, wie verbittert sie geklungen hatte. Im Allgemeinen verstand er es gut, sich zu beherrschen, doch das Verlangen nach ihr konnte er nun nicht so schnell unterdrücken. Schwach erinnerte er sich an ein mageres Mädchen und an einen regnerischen Abend, an dem er gezwungen gewesen war, die dem Stift entflohene heranwachsende Maid zu verfolgen und aufzuspüren. Die Seana jener Zeit hatte jedoch keine Ähnlichkeit mit der zu fraulichem Liebreiz gereiften Schönheit, die nun vor ihm stand.
Argwöhnisch schaute sie ihn an.
Verwirrt schüttelte er den Kopf und sagte sich, es könne sich unmöglich um ein und dieselbe Person handeln. Plötzlich verschwamm ihr Antlitz ihm vor den Augen, und er sah das geschundene Gesicht der Schwester vor sich. Den Schwur, sich an den MacKendricks zu rächen, konnte er nicht vergessen, erst recht nicht das dem Vater geleistete Gelöbnis, die Ehre des Clans zu wahren. Zorn und Schmerz erfüllten ihn.
„Ich verarge es Euch nicht, dass Ihr Angst vor ihm habt“, sagte sie ruhig. „Er soll grausam sein, wie es heißt. Das, was ich von Reisenden, die im Stift nächtigten, über ihn gehört habe, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Es ist fast fünf Sommer her, dass ich mit ihm zusammentraf. Aber damals war es dunkel, sodass ich
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