Historical Platin Band 04
Reihen unserer Sippe stammt.“
Seit einer Weile ritt James mit David nebeneinanderher, Ausschau nach Micheil haltend, ohne den älteren Bruder jedoch zu sehen.
„Findest du es eigenartig, dass Micheil eingeräumt hat, noch nicht zu wissen, was er mit Seana tun wird?“, fragte David nachdenklich.
James bemühte sich noch immer, sich damit abzufinden, dass er Seana, die sein Blut so heftig in Wallung gebracht hatte, vergessen müsse. „So seltsam ist das nicht“, antwortete er und schüttelte den Kopf. „Und ich beneide Micheil nicht darum, diese Entscheidung treffen zu müssen.“
Seana war rasch am Rande der Kirchmess entlanggegangen und hatte dann zu rennen begonnen, um so schnell wie möglich in der Geborgenheit des Stiftes zu sein. Darüber nachgrübelnd, wie sie unbemerkt durch das Tor gelangen könne, sah sie, dass es geöffnet und der Platz vor dem Gesindehaus voller Pferde und Wagen war. Knechte und Mägde hasteten durcheinander, und rasch presste sie sich neben dem Eingang an die Klostermauer. Eine hochgestellte Persönlichkeit musste im Konvent eingetroffen sein. Die Ehrwürdige Mutter war bestimmt damit befasst, die Anweisungen zur Unterbringung des Gastes zu erteilen, und würde zu beschäftigt sein, sich um Seana zu kümmern. Jäh kam Seana der Einfall, dass sie nie eine bessere Gelegenheit zur Flucht aus dem Stift bekommen würde.
Sie bemühte sich, die wirren Gedanken zu ordnen. Es bestand die Gefahr, dass man sie suchen würde, sobald ihr Verschwinden festgestellt wurde. Sie musste sich gut überlegen, wie sie sich nun verhalten sollte, allen Mut zusammennehmen, um den Versuch zu fliehen in die Tat umzusetzen. Ihr war klar, dass die Begegnung mit dem Fremden ihr den Willen, der Gefangenschaft im Stift und dem sie dort erwartenden Schicksal zu entrinnen, gestärkt hatte. Je mehr sie über die Flucht aus Deer Convent nachdachte, desto deutlich erkannte sie, dass sie für die Freiheit sogar ihr Leben aufs Spiel setzen wollte.
Ehe sie jedoch beschlossen hatte, wie sie entlaufen könne, traten zwei Jüngerinnen durch die offene Tür. Erschrocken presste sie die Hand auf das heftig klopfende Herz und sah bestürzt, dass sie dadurch die Aufmerksamkeit der Novizinnen auf sich lenkte.
„Was macht Ihr hier, Mistress Seana?“, fragte Lilis erstaunt und schaute sie besorgt an.
„Fühlt Ihr Euch nicht wohl?“, wollte Nairna wissen.
Angstvoll sah Seana sie an und griff geistesgegenwärtig auf den ihr unwissentlich gegebenen Vorwand zurück, um zu erklären, warum sie ohne Begleitung von der Kirmes zurückgekehrt war. „Ja“, antwortete sie mit Leidensmiene. „Mein Monatsgang macht mir zu schaffen.“ Sie drückte die Hand auf den Bauch und hatte Gewissensbisse ob der Lüge, war indes entschlossen, sie aufrechtzuhalten.
„Ich werde Euch in Eure Unterkunft bringen“, schlug Lilis vor.
„Nein, danke. Ich komme allein zurecht. Aber Schwester Edeen und Schwester Anice brauchen jemanden, der ihnen die Einkäufe herträgt. Leider konnte ich keinen Moment länger bei ihnen verweilen.“
„Bleib hier, Lilis“, wandte Nairna sich an sie. „Ich werde die Mutter Oberin benachrichtigen.“
„Das kann ich tun“, warf Seana hastig ein und hoffte, die Zustimmung der beiden Jungfrauen zu erhalten.
„Ach, das ist eine Belanglosigkeit“, erwiderte Nairna. „Die Erhabene Mutter hat uns ausgesandt, Mistress Fiona MacGlendon und ihre Schwester zu holen.“
Im Stillen atmete Seana erleichtert auf. „Warum sollt Ihr sie holen?“, fragte sie neugierig.
„Ihre Base ist eingetroffen.“
„Ihre Base?“, wiederholte Seana bestürzt und voller böser Vorahnungen.
„Ja“, antwortete Lilis. „Mistress Bridget MacKendrick, die Nichte der Ehrwürdigen Mutter, ist zu Besuch gekommen.“
Seana fühlte sich erblassen und dachte daran, dass keine der beiden Novizinnen lange genug im Stift war, um wissen zu können, welches Los ihrer harrte. Sie wurde von ihnen aufgefordert, sich auf das Klostergelände zu begeben, und nickte, konnte sich indes ein Weilchen nicht von der Stelle rühren. Sie schaute den sich entfernenden Jüngerinnen hinterher und überlegte, warum die Gemahlin ihres Bruders nach so vielen Jahren hergekommen sein mochte. Vielleicht hatte man die Schwägerin hergeschickt, um sie zu holen. Verstört kämpfte sie gegen die Tränen an. Sie wollte nicht weinen. Das würde sie nur schwächen. Angestrengt war sie um Selbstbeherrschung bemüht.
Langsam legte sich das Gefühl der Angst, und die
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