Historical Platin Band 04
das Bedürfnis hatte, sie zu beschützen.
Voller Furcht senkte sie den Kopf und erwiderte: „Ich kann nicht von Euch verlangen, dass Ihr meinetwegen Euer Leben in Gefahr bringt.“
„Willst du, dass ich dich allein lasse?“
„Ja, das ist besser so“, antwortete sie, da sie inzwischen erkannt hatte, zu welchen Mitteln Master Micheil MacGlendon griff, um sie in seine Gewalt zu bringen.
„Ich bleibe bei dir.“
Ihre Angst wuchs, und beklommen überlegte sie, ob sie ihm trauen dürfe. Verweilte sie bei ihm, würde er ihr gewiss Fragen stellen. Andererseits blieben ihr nicht viele Möglichkeiten, allein und unbehelligt den Weg fortzusetzen. „Dann bringt mich fort von hier“, bat sie.
Micheil ritt vom Forst fort und zu dem Tal zurück, wo er vorher Rast eingelegt hatte. Er wusste, es war das Vernünftigste, Seana auszuhorchen, solange ihr Widerspruchsgeist noch erlahmt war. Er schaute auf ihren gesenkten Kopf und sagte sich, er dürfe sich nicht von ihrem erschöpften Zustand täuschen lassen. „Hast du mich belogen, als du behauptetest, dem Clanoberhaupt der MacGlendons versprochen zu sein?“, erkundigte er sich beiläufig.
Sie krümmte die Finger um das schmerzende Handgelenk, schüttelte den Kopf und antwortete: „Nein.“
„Bist du deinem Versprochenen davongelaufen?“
Am liebsten hätte sie sich verkrochen, um seinen Fragen zu entgehen. Sie wusste nicht, wie sie es beginnen könne, ihm ihr missliches Los zu beschreiben. Indes konnte er nicht ahnen, dass er sein Leben aufs Spiel setzte. Sie war es ihm schuldig, ihm das zu sagen. „Ich habe keine Ahnung, wie Ihr mich aufspüren konntet“, fing sie an und zuckte bei jedem Schritt des Hengstes gepeinigt zusammen. „Ich weiß auch nicht, warum Ihr mir beigestanden habt. Ich danke Euch …“
„Sei froh, dass ich dir geholfen habe“, fiel Micheil ihr ins Wort. „Und deinen Dank kannst du dadurch ausdrücken, dass du mir endlich deinen Namen nennst. Dann wird mir bestimmt vieles klarer.“
Nach einem Moment der Unschlüssigkeit sagte sie leise: „Ich heiße Seana. Das muss Euch genügen.“ Sie schaute auf die kraftvollen Hände des Fremden und meinte, deren sanfte Berührung wieder auf den Wangen zu spüren. Um ihn abzulenken, fragte sie: „Glaubt Ihr mir?“
„Ich streite nicht ab, dass jemand dir nachstellt. Aber sieh dich an, Seana. Du sollst die zukünftige Gemahlin Micheil MacGlendons sein? Du verlangst viel von mir, wenn ich dir das abnehmen soll.“ Sie erbebte, und flüchtig war er zufrieden. Sie wusste noch immer nicht, wer er war. „Du hast mich noch nicht nach meinem Namen gefragt“, sagte er leichthin.
Sie hob den Kopf und sah, wohin er ritt. Sie war zu müde, um sich Gedanken darüber zu machen, was sie dort erwarten mochte. Das schützende Tal, in das er ritt, bot ihr eine Verschnaufpause. Später würde sie sich aus dem Staub machen. „Es stimmt, es ist viel verlangt, mir zu glauben“, erwiderte sie. „Ich habe jedoch die Wahrheit gesprochen. Und wenn Ihr mir Euren Namen nennen wollt, dann tut es.“
Es ärgerte Micheil, dass es ihr gleich zu sein schien, wer er war. Er fühlte sich versucht, ihr seine Identität preiszugeben. Das würde sie schnell wachrütteln. Er neigte sich vor und raunte ihr ins Ohr: „Du kannst mich James nennen.“ Jäh straffte er sich. Gewiss, dieser Name war im Hochland sehr geläufig, das war jedoch keine Erklärung dafür, warum er den des Bruders benutzt hatte. Er gestand sich ein, dass der Grund dafür in ein so verzwicktes Netz von Gründen verwoben war, die zu klären er sich jetzt nicht gelaunt fühlte, und beschloss, es bei dieser Lüge bewenden zu lassen. Sein Verlangen nach Seana hielt unvermindert an und war sogar stärker geworden. Vielleicht lag es an seiner Lust, dass er sie belogen hatte.
In der folgenden Zeit sprach sie ihn nicht mit dem Namen an. An dem sicheren Ort, den er gefunden hatte, kümmerte sie sich um ihren verletzten Fuß und gestattete ihm nur, ein Stück vom Rand seines Hemdes abzutrennen, damit sie die Wunde verbinden konnte. Das wehe Handgelenk hatte sie in das eiskalte Bergwasser gehalten, damit die Schwellung nachließ. Ihr Schweigen beunruhigte ihn. Es gelang ihm, ein Kaninchen zu erlegen, doch nachdem er es zubereitet hatte, aß sie nur, weil er sie dazu nötigte. Nachdem die Dunkelheit sich über das Tal gesenkt hatte, löschte er das Feuer.
Seana schaute ihn vorwurfsvoll an, erhob indes keinen Einwand.
„Sollten sich Leute in der Umgebung befinden,
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