Historical Platin Band 04
ihm Vorwürfe machen würde, weil er sich nicht ausgiebig gestärkt hatte.
„Ihr habt sehr wenig gegessen, Master Micheil“, sagte sie tadelnd. „Ihr habt kein echtes schottisches Blut in Euch!“
Befremdet schaute er sie an. Dank ihres Alters konnte sie sich einiges herausnehmen, doch selbst sie überschritt ihre Grenzen, wenn sie ihm einen Verweis erteilte.
„Ihr macht Euch Sorgen um die Maid.“
„Hast du veranlasst, was ich befohlen habe?“, fragte er leichthin. Er wusste, sie meinte es gut, wollte ihr jedoch keinen Einblick in seine Gedanken geben.
„Ja, Master“, antwortete sie seufzend und schaute sich in der Hofstube um. „Ich habe Moibeal aufgetragen, die von Euch bestimmte Kammer im dicken Turm herzurichten. Bringt Ihr Mistress Seana MacKendrick heute heim?“
„Sie wird Halberry Castle nicht als ihr Heim betrachten“, erwiderte Micheil trocken.
Peigi schenkte ihm Wein nach und sagte: „Ich hatte nicht angenommen, Herr, dass Ihr ein Gelage für sie ausrichten werdet.“
„Nein“, bestätigte er. „Die Gasterei anlässlich unseres Verlöbnisses war, wie du weißt, dieselbe, die am Abend der Hochzeit meiner Schwester mit Seanas abscheulichem Bruder stattfand.“
„Würde es Euch ergrimmen, Herr, wenn ich dafür sorge, dass ihr die Stube durch ein Feuer im Kamin anheimelnder gemacht wird?“
„Du stellst meine Geduld auf eine harte Probe“, antwortete Micheil unwirsch. „Hast du nichts Besseres zu tun, als mich zu belästigen?“
Peigi nickte und verließ die Halle.
Micheil schaute ihr hinterher und blickte auf das an ihrem Gürtel hängende Schlüsselbund, das zu tragen Bridget zugestanden hätte. Die Schwester weigerte sich jedoch, die Aufgaben der Chatelaine wahrzunehmen. Seana kam ihm in den Sinn. Sie hatte noch geschlafen, als er sie verließ, und würde nun seit Längerem wach sein. Die Feststellung, im Koben eingeschlossen zu sein, würde bestimmt dazu führen, dass sie mit allen Mitteln versuchte, hinauszugelangen. So Micheil unverzüglich aufbrach und fliegenden Haares zu ihr ritt, konnte er abends wieder mit ihr in der Veste sein.
Die Schwester war noch nicht aus Deer Convent zurück. Ihre Reise würde mehr Zeit in Anspruch nehmen. Peigi hatte ihm berichtet, Mistress Bridget habe es auf sich genommen, Mistress Seana aus dem Kloster zu holen. Micheil war damals Seanas Flucht wegen so in Eile gewesen, dass er, als er die Schwester sah, nicht daran gedacht hatte, sie nach dem Grund ihres Besuches im Stift zu befragen. Es passte ihm nicht, dass sie sich angemaßt hatte, an seiner Stelle mit der Vergeltung zu beginnen, die zu üben er geschworen hatte.
Er hob den Blick und richtete ihn auf den geraden Sturz unter dem kunstvoll gemeißelten Schmuckgesims des Einganges zum Großen Saal. Dort stand in hohen Lettern zu lesen: „Ich fordere, ich behalte“, der Wahlspruch seiner Sippschaft. Der seinem Bruder David gehörende Hund lenkte ihn ab. Er tätschelte ihm den Kopf und fragte belustigt: „Nanu, wo ist dein Herr? Ich nehme an, weit kann er nicht sein.“ Im gleichen Moment lief ein Rüde in die Halle, gefolgt von David und James.
„Bleibst du bei uns, Micheil?“, rief David ihm auf dem Weg zur Credenz zu. „Wir haben Neuigkeiten. Rufinus Lachlann hat heute Morgen festgestellt, dass ihm zwei trächtige Schafe abhandengekommen sind. James und ich sind zum Pferch geritten und haben gesehen, dass die Spuren zum Land der MacKendricks führen.“
„Hat Lachlann noch mehr Mutterschafe?“, erkundigte sich Micheil, während er die Wolfshunde mit Fleischbrocken fütterte.
„Hast du Seana MacKendrick mitgebracht?“, wollte David wissen.
„Nein, ich habe sie in Iains Kate zurückgelassen“, antwortete er und warf weitere Stücke Fleisch für die Hunde auf den Boden. „Schlag sie dir aus dem Sinn, David. Erzähl mir lieber mehr über die geraubten Tiere.“
David trank einen langen Schluck aus dem vor Micheil stehenden Pokal und setzte sich zu James, der vor ihm an der Credenz Platz genommen und sich ebenfalls einen Becher voll Wein geschenkt hatte.
„Ich warte!“, fuhr Micheil ungeduldig fort.
„Viel gibt es nicht zu berichten“, sagte David achselzuckend. „Rufinus merkte, dass ihm die beiden Schafe fehlten, und ließ uns benachrichtigen. James und ich haben Crisdean und Gabhan MacDuncan sowie Oisin MacBeath beauftragt, sie zu suchen.“
„Glaubst du, unser Schwager weiß Bescheid, dass du seine Schwester in deiner Gewalt hast?“, wollte James
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