Historical Platin Band 04
wissen.
„Nichts könnte mir gleichgültiger sein“, antwortete Micheil achtlos. „So, nun trollt euch“, wandte er sich an die Hatzhunde. „Bettelt bei eurem Herrn.“ Er stand auf und ließ den Blick über die an der rechten Wand der Halle angebrachten Waffen schweifen. Es waren alte Brancs, Bidenhänder und Sattelbaumschwerter, mit kostbar gesteinten Griffen, verziert mit Inschriften aus der Zeit der nordischen Eroberer. Ganz besonders schätzte er einen einfach gestalteten Anderthalbhänder, den einst der zweite Olav Haraldson im Kampf aufseiten der Angelsachsen gegen die Engländer dem großen König Canute abgenommen haben sollte.
David ergriff ihn beim Arm und fragte: „Wirst du dir anhören, was ich dir zu sagen habe, ohne gleich wütend zu werden?“
„Handelt es sich um etwas sehr Ernstes?“
„Ja, Micheil. Es geht um unseren Schwager. Er wurde mit einem unsere Feinde aus der Sippe der MacKeith’ gesehen. Mich dünkt, er wird wieder angriffslustig.“
„Wann ist dieses Gesindel das nicht?“, warf James verächtlich ein.
„Du hast recht, James“, stimmte Micheil ihm zu.
„Ich habe dir etwas nie erzählt“, fuhr David fort. „Bei der Vermählung unserer Schwester haben Niall und Master Joris MacKeith sich sehr lange unterhalten. Schon damals hat mir das Unbehagen erzeugt. Die Schatullen unseres Schwagers sind stets leer. Wir müssen auf der Hut sein.“
Micheil legte dem Bruder die Hand auf die Schulter und erwiderte: „Ich weiß deine Ergebenheit zu schätzen, David. Lass Guntwin unseren Schwager beobachten. Er kann ihn nicht ausstehen.“
„Aus gutem Grund“, mischte James sich wieder ein. „Niall hat ihm die Buhle ausgespannt.“
Micheil drängte es, die Hofstube zu verlassen. Er sah die Brüder vielsagende Blicke tauschen und fragte ungehalten: „Was gibt es noch? Berichtet es mir!“
„David hatte wieder seltsame Träume“, erklärte James.
„Hat er erneut die Liebenden im Feuer gesehen?“ Micheil wollte David nicht kränken, indem er dessen nächtliche Visionen leichtfertig abtat. Einige hatten sich später bewahrheitet. Die alte Meierin nahm David in Schutz und behauptete, er habe das zweite Gesicht. Micheil wartete, bis David den Kopf gehoben hatte und ihn eindringlich anschaute.
„Ich habe noch mehr gesehen“, verkündete David. „Es gab ein Unwetter, und das Weib wollte fortrennen.“
„Und wer war die Frau?“
„Seana. Geht es ihr gut? Sie wirkte schwach und konnte nicht weglaufen. Sie hielt ein Bündel an die Brust gedrückt. Ich konnte indes nicht erkennen, was es war. Das Gewitter tobte mit Glast und Donnerstrahl, und durch den Lärm hörte ich den Schlag von Pferdehufen.“
Ein Frösteln rann Micheil über den Rücken. Er entsann sich, dass er in der verflossenen Nacht aufgewacht war, weil Seana im Schlaf geschrien und um sich geschlagen hatte, ehe sie flüchten wollte. Gefragt, warum sie so verstört war, hatte er an ihrem Blick erkannt, dass sie sich der Angst in ihren Augen nicht bewusst gewesen war. Vielleicht hatte sie nächtens ebensolche Träume wie David. Die Muhme hätte das beurteilen können, hatte ihm jedoch nichts in dieser Hinsicht berichtet. Allerdings hatte sie im Gespräch mit ihm keine Gelegenheit gefunden, ihm Einzelheiten über Seanas Verhalten im Stift zu berichten. So es stimmte, dass seine Verlobte Dinge träumte, die später eintrafen, war es kein Wunder, dass er sich von ihr verzaubert glaubte.
„Was denkst du, Micheil?“, fragte David stirnrunzelnd.
„Ich muss zu Seana zurück.“
„Ist ihr mittlerweile geläufig, wer du wirklich bist?“, wollte James wissen, stand auf und schloss sich mit David dem älteren Bruder an.
„Nein“, antwortete Micheil. „Aber sie wird es bald erfahren.“
„Es sieht dir nicht ähnlich, jemanden so lange im Ungewissen zu lassen.“
„Sprichst du im Traum mit ihr, David?“, erkundigte sich Micheil.
Die Wolfshunde rannten an David vorbei. Die Hündin hatte ein auf der Credenz verbliebenes Stück Fleisch ergattert. „Schimpf nicht mit ihr, Micheil“, antwortete David. „Sie ist trächtig.“
„Vielleicht möchte Bridget einen Welpen haben.“
„Sie kann sie nicht ausstehen“, erwiderte David kopfschüttelnd. „Sie ist besessen von dem Gedanken, Seana hierzuhaben. Deshalb ist sie nach Deer Convent gereist. Sie behauptete, du würdest nur Zeit vergeuden, Micheil. Sie hat die Absicht, Seana herzubringen.“
„Sie übersieht, dass nicht sie hier das Sagen hat“, entgegnete
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