Historical Platin Band 04
Außenseiten der engen Ärmel geschnürte Treie aus Leder, feste Beinlinge und Galions. Tief auf den Hüften hing ihm der Gürtel mit Schwert und Dolch. Er steckte die Daumen unter das Gehenk und schaute Seana hochmütig an. Er schien der Meinung zu sein, dass er sie mühelos beherrschen könne.
„Hast du mich nicht gehört, Seana? Ich bin gekommen, um dich dorthin zu bringen, wo dein Platz ist.“
Flüchtig erwachte in ihr die Hoffnung, er habe vor, mit ihr nach Craigell Castle zu reiten. An seiner harten Miene erkannte sie jedoch, dass er diese Absicht nicht hatte. „Das Alleinsein hat mir das Gehör nicht getrübt, James, ganz gleich, was du denken magst“, erwiderte sie schnippisch. In seiner Gegenwart kam sie sich wie eine Magd vor, die dem hohen Herrn zu Willen zu sein hatte.
„Was hast du?“, erkundigte er sich verwundert. „Du bist so gereizt.“
„Du kennst mich nicht, James! Bilde dir das nicht ein!“
„Du hast geflennt.“
„Warum sagst du das so vorwurfsvoll? Ja, ich habe geweint. Schließlich habe ich meine Unschuld verloren und den Eindruck von mir gewonnen, eine Metze zu sein.“ Sie sah James die Lider senken und richtete den Blick auf das Lager. Sie musste sich zwingen, die Bilder zu vertreiben, die ihr sogleich in den Sinn kamen. Sie wollte nicht daran erinnert werden, wie willfährig sie gewesen war und James sogar angefleht hatte, in seiner Minnelust nicht nachzulassen.
Micheil schlug die Augen auf und wurde sich gewahr, dass Seana offenbar an das Gleiche dachte wie er. Er hatte die Hoffnung in ihrem Blick aufflackern und ersterben gesehen, und nun bemerkte er in ihm rasch unterdrückte Sehnsucht.
„So du annimmst, ich würde dir wie ein Lamm zur Schlachtbank folgen, hast du dich getäuscht!“, fuhr sie scharf fort. „Ich ziehe nicht mit dir!“ Sie wurde sich bewusst, dass aus ihrer Stimme ein trauriger Unterton geklungen hatte. Es dauerte sie tatsächlich, dass sie von James, der ihre Leidenschaft geweckt und ihr so viel Hingabe bewiesen hatte, derart niederträchtig hintergangen worden war. Sein Verrat nötigte sie, einen Weg einzuschlagen, von dem sie nicht mehr weichen konnte. Sie würde den Rest ihres Erdendaseins mit dem ungestillten Verlangen leben müssen, das er in ihr wachgerufen hatte, doch das war eine Last, die sie ertragen musste. Sie wusste, sie durfte ihm das nie anvertrauen.
„Ich lasse dir keine Wahl“, entgegnete er und lehnte sich an den Tisch, die Hand um das Heft des Hirschfängers gelegt. „Treib es nicht so weit, Seana, dass ich dir wehtun muss.“
Zornig schaute sie ihn an und hatte das Bedürfnis, ihm ins Gesicht zu schlagen. „Wäre es noch von Bedeutung, würdest du mir erneut schaden?“, fragte sie verbittert. „Du hast mich in den Augen meiner Sippschaft bereits besudelt. Was könntest du mir noch antun? Ich habe mich dir hingegeben. Du hast nicht angenommen, dass ich das eingestehen würde, nicht wahr? O doch, ich gebe es zu. Und da ich mich dir geschenkt habe, hat Micheil MacGlendon kein Druckmittel gegen mich in der Hand. Was könntest du mit mir machen, das nicht auch er mir vielleicht antut?“, setzte sie mit ihr selbst falsch in den Ohren klingendem Auflachen hinzu. „Tu dir keinen Zwang an, James. Ich verfluche dich nicht, so du mir das Leben nehmen willst. Mit meinem letzten Seufzer werde ich dir dafür danken, dass du mich vor der Rache der MacGlendons bewahrt hast.“
„Es war ein schwerer Fehler, dich allein gelassen zu haben“, stellte Micheil fest und hatte den Eindruck, eine unendliche Zeit verstriche, während er Seana ansah. Wut erfasste ihn, und im gleichen Moment fühlte er die Lust erwachen. Das geschickt gestopfte Kleid konnte Seanas weibliche Formen nicht verhüllen. Dieses Weib gehörte ihm. Durch die gemeinsam erlebte Minne hatte jede Stelle ihres Leibes sich ihm tief ins Gedächtnis geprägt. Ihre Brüste wogten, sei es, weil sie ihm zürnte, oder in beginnender Erregung. Die Hände hatte sie jedoch geballt. Er wollte sie besitzen, obwohl ihre letzte Bemerkung ihm noch in den Ohren hallte. Sie war eher bereit, aus der Zeitlichkeit zu scheiden, denn sich von ihm fortschaffen zu lassen.
Er straffte sich, wandte ihr den Rücken zu und ging zur offenen Pforte. Leeren Blicks starrte er auf das Land, das er so liebte, die Heideflächen, die satten Weiden und dichten Wälder, schroffen Berge und sanften Täler, die vom Dunst überzogenen Hochmoore. Seine Seele sehnte sich nach Frieden. Er wollte über sein Hausgut
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