Historical Platin Band 04
waren, und nahm sich vor, Meradyce nachhaltig zu vergessen. Er wollte nicht mehr daran denken, dass es sie überhaupt gab.
Ingemar kam wieder vorbei. Diesmal erwischte Einar sie am Arm und zog sie sich auf den Schoß. Er umfasste ihre Taille, ließ die andere Hand an ihrem Bein hinaufgleiten und presste seine Lippen auf ihre.
Lachend bog sich Ingemar ein wenig zurück. „Nun, das ist wieder der Einar, den ich kenne! Ich hatte schon Angst, du könntest irgendein verkleideter Troll sein.“
„Ich würde dir gern beweisen, dass ich wirklich ein Mensch aus Fleisch und Blut bin.“
Sie lächelte ihm zu, schlang ihm die Arme um den Nacken und bewegte ihre Rückseite auf seinem Schoß auf eine höchst verführerische Weise, die Einars Begehren wecken musste. „So tu’s doch“, flüsterte sie ihm zu und biss ihm zärtlich in sein Ohrläppchen.
Er hob sich Ingemar auf die Arme und trug sie aus der Halle, denn er wollte sich unbedingt beweisen, dass er in der Lage war, die Sachsenfrau zu vergessen, und dass sein Begehren nichts mit ihrer Person zu tun hatte.
Der Skalde war keineswegs erfreut darüber, dass seine Erzählung schon wieder unterbrochen wurde. Da es sich bei dem Störenfried diesmal jedoch um Einar handelte, schwieg er und wartete nur ergeben so lange, bis der Krieger die Frau hinausgetragen hatte.
Während Einar mit Ingemar auf den Armen die Halle verließ, blickte Lars ihm hinterher. Er seufzte leise und trank einen Schluck. Solange Einar Ingemar begehrte, durfte er, Lars, nicht darauf hoffen, sie zu heiraten. Er musste fürs Erste sein Verlangen für sich behalten.
Ull, der an der anderen Seite der Halle saß, bemerkte Lars’ unterdrücktes Seufzen und sah, wie er die Schultern hängen ließ. Ull stieß Siurt an. „Einar sollte lernen, etwas mehr Diskretion walten zu lassen“, meinte er mit einem verschlagenen Lächeln.
Auf der Schlafstatt im Langhaus lag Meradyce wach. Sie war daran gewöhnt, allein zu leben, und deshalb fühlte sie sich durch die Geräusche der anderen Schläfer oft gestört.
Behutsam hob sie sich Bethas Arm vom Hals fort. Es war schon spät, sehr spät sogar, doch noch immer hörte man die lauten Stimmen der Männer aus der großen Halle, und noch immer vermochte sich Meradyce nicht an den Gesang der Wikinger zu gewöhnen, der wie das Geheul eines verhungernden Wolfsrudels klang.
Außerdem bekam sie in Olvas Langhaus kaum noch Luft. Wenn sie es vorsichtig anstellte, könnte sie es doch vielleicht einmal riskieren, für einen Moment hinaus an die frische Luft zu gehen.
Leise kletterte sie von der Bettstatt. Meradyce trug eines der Hemden aus der Truhe, die Einar ihr gebracht hatte, doch weil sie so fror, zog sie sich noch ein wollenes Gewand darüber, das sie ebenfalls in der Kiste gefunden hatte. Alsdann ging sie zur Haustür und spähte hinaus. Offenbar schliefen alle Siedlungsbewohner bis auf diejenigen, welche sich in der Halle des Häuptlings befanden.
Vorsichtig trat sie ins Freie und ging zu der Rückseite des Gebäudes. Der Mond stand hoch am Himmel, warf seinen Schein über die Häuser des Dorfs und zeichnete unheimliche Schatten. Meradyce suchte sich einen großen Stein, setzte sich darauf und schaute zu den wenigen Wolken hinauf, die über den riesigen leuchtenden Himmelskörper zogen.
Alles war so friedlich. In einiger Entfernung hinter dem niedrigen Steinwall sah sie durch die Bäume hindurch den Fluss, der zum Fjord führte. Das Mondlicht funkelte silbern auf dem Wasser. Manchmal konnte auch ein so kaltes, raues Land schön sein.
Manchmal konnte auch ein so kalter, rauer Mann freundlich sein …
Meradyce seufzte, zog die Knie hoch und umschlang sie mit den Armen. Sie wusste immer noch nicht recht, was sie von Einar halten sollte. Im einen Moment machte er ein Gesicht, als wünschte er sie sonst wohin, und dann wieder brachte er ihr Geschenke. Einerseits hätte sie ihn am liebsten gar nicht zur Kenntnis genommen, doch andererseits war sie dankbar dafür, dass er sie beschützte.
Es war ihr nicht fremd, vom Schutz eines Mannes abhängig zu sein. Daheim war dieser Mann Kendric gewesen. Sie wusste, dass er sie begehrte. Mehr als einmal hatte er ihr das nur allzu deutlich gezeigt, so auch gleich nach Bethas Geburt. Ludella hatte im selben Raum geschlafen, als er von hinten an Meradyce herangekommen war und ihr die starken Arme um die Taille geschlungen hatte.
Wäre er nicht der Herr dieser Ansiedlung gewesen, hätte sie sich nicht damit begnügt, sich ihm nur
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