Historical Platin Band 04
Burschen, die Frau zu beschützen, war er beeindruckt, und über dessen Geschick mit Pfeil und Bogen konnte er nur staunen. Heute Nachmittag bei den Schießübungen hatte Einar den sächsischen Than beneidet, und jetzt sehnte er sich plötzlich nach einem eigenen Sohn.
Das war seit vielen Jahren für ihn etwas ganz Neues. In seiner Ehe hatte er nichts als Kummer und Schmerzen erfahren, und er hatte nie wieder heiraten wollen. Viele Frauen hatte er gehabt, doch keines der von ihm gezeugten Kinder – mit Ausnahme von Endredi natürlich – hatte das erste Lebensjahr überstanden. Nach einiger Zeit hatte sich sein Herz verhärtet, und er hatte sich eingeredet, dass er keine Söhne brauche.
Jetzt jedoch wusste er, dass das nicht stimmte. Möglicherweise hatten ihm die Götter den Knaben geschickt, damit dieser bei ihm die Stelle eines leiblichen Sohnes einnahm.
Einars Herz indessen wusste es besser. Die Götter hatten ihm eine Frau geschickt, die es wert war, die Mutter seiner Kinder zu werden.
Der Skaldenpoet nahm seinen Platz in der Mitte der Halle ein und bereitete sich auf seinen Vortrag vor. Die anderen Männer setzten sich bequem zurecht und sahen mit Freuden den Versen des Dichters entgegen, die von Göttern und großen Helden handelten. Als der alte Mann zu sprechen begann, versuchte Einar den Worten zu lauschen und nicht mehr an die Sachsenfrau zu denken.
Nach einer Weile fiel ihm auf, dass Ull sich zu ihm gesetzt hatte. „Reinhild hat mir erzählt, dass du der Sachsenfrau heute Nachmittag ein Geschenk gemacht hast“, bemerkte er laut und deutlich.
Der alte Erzähler schaute sich verärgert um, um zu sehen, wer ihn da unterbrochen hatte, und in der Halle wurde es sehr still.
Langsam drehte sich Einar zu Ull um und hob eine Augenbraue. „So ist es“, erwiderte er. „Und ich besitze noch weitere feine Stoffe und Juwelen, die ich an Frauen verschenken kann, die mir gefallen haben. Doch sage mir, Ull – seit wann bist du an Klatsch interessiert? Gibt es nichts Wichtigeres, worauf du deine Zeit verwenden kannst?“
„Begehrst du sie?“
„Schon möglich.“ Einar lächelte kalt.
Ull blickte ihn unsicher an, weil er sich nicht schlüssig war, wie weit er bei Einar gehen konnte. Nicht zu weit, befand er klugerweise. Er wandte sich wieder seinem Trinkhorn zu. Der Skalde warf noch einen beleidigten Blick auf den rothaarigen Mann und nahm dann seine Erzählung über den Raub von Thors Hammer wieder auf.
Einar trank noch einen tiefen Schluck Met. Es ging nur ihn allein etwas an, wenn er dieser Meradyce ein Geschenk machte. Dennoch wäre es ihm lieber gewesen, wenn es für seine Großmütigkeit keine Zeugen gegeben hätte.
Er war für die Sachsenfrau verantwortlich, und diese brauchte Kleidung. Er konnte nicht zulassen, dass sie in dem Kleid durch die Siedlung spazierte, das sie heute getragen hatte; es war zu eng und zeigte jedem Mann, der sie anschaute, die Umrisse ihres wohlgeformten Körpers. Wenn Einar nicht ständig hinter ihr herlaufen wollte, um sie zu beschützen, wie Svend es befohlen hatte, dann brauchte sie einfach schicklichere Gewänder.
Er hatte nicht erwartet, andere Frauen im Haus seiner Mutter vorzufinden, doch er hätte es sich denken müssen, dass alle Schwangeren herbeiströmen würden, um eine Hebamme aufzusuchen. Bedauerlicherweise war ihm jedoch anscheinend das klare Denken in dem Moment abhandengekommen, als er die Sachsenfrau zum ersten Mal gesehen hatte.
Er schaute sich in der Halle um. Svends Krieger waren vollständig versammelt; sie lauschten dem Skalden und tranken. Einige Frauen waren ebenfalls hier und servierten die Getränke. Ingemar befand sich unter ihnen.
Jetzt blieb sie vor Einar stehen, schenkte ihm sein Trinkhorn wieder voll und lächelte ihm dabei zu. In ihren Augen spiegelte sich die Wollust.
Einar sagte nichts, doch er schaute ihr nach, als sie mit wiegenden Hüften langsam zu Lars hinüberging. Ingemar war hübsch. Die Sachsenfrau war schön, wenn auch so kalt wie die Eisberge, die von Norden her herantrieben. Heute Nachmittag zum Beispiel hatte sie ihn überhaupt nur angeblickt, um ihn zurechtzuweisen.
Bei der Erinnerung daran musste er lächeln. Wie kühn ihre Augen geblitzt hatten! Keine andere Frau hatte ihm jemals so getrotzt wie sie. Sie redete mit ihm, als wäre sie ihm gleichgestellt, und plötzlich wurde ihm bewusst, dass er das sehr genoss.
Sogleich mahnte er sich jedoch, dass Frauen ausschließlich für das körperliche Vergnügen notwendig
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