Historical Platin Band 04
lächelnd zu entwinden und so zu tun, als hielte sie seine Geste für einen Ausdruck der Erleichterung und der Freude über die dank ihrer Hilfe glücklich verlaufene Niederkunft.
Doch Kendric war nun einmal der Than, und Meradyce war keine Närrin. Sie wusste, dass alle Männer, die hier lebten – und sogar die gelegentlichen Besucher –, Kendrics Interesse an ihr errieten und sie deshalb in Ruhe ließen.
Sie gestand sich ein, dass sie sich bei dem Wikinger sicherer fühlte. Bei Kendric hatte sie immer das Gefühl gehabt, er würde eines Tages den Lohn für seine Fürsorge einfordern. Der Wikinger dagegen fand es anscheinend recht lästig, sie zu beschützen, und hielt gebührenden Abstand von ihr.
Sie fragte sich, was wohl geschehen wäre, wenn Kendric sie entführt und in sein Haus geschleppt hätte. Bei dieser Vorstellung fröstelte es sie, und das hatte nichts mit der kalten Luft zu tun. Wäre es umgekehrt gewesen, dann hätte Kendric gewiss keine Rücksicht auf sie genommen.
Sie blickte zu Boden. Der wirkliche Unterschied zwischen Kendric und Einar bestand darin, dass Einar, wiewohl ein barbarischer Wikinger, Achtung vor ihr zeigte. Kendric, immerhin ein Sachsenthan, war nur ein lüsterner Mann.
Vielleicht hatte sie deshalb heute Nachmittag vor Olva und den anderen Einar so getrotzt. Zuerst hatte sie so tun wollen, als wäre er überhaupt nicht vorhanden, doch das ging nicht. Ihr Verstand hatte sie davor gewarnt, den Mann zu verärgern. Trotzdem hatte sie den dringenden Wunsch verspürt, ihn … nun ja, ihn zu schelten.
Einars Verblüffung und sein unterdrücktes Lächeln waren das Risiko wert gewesen.
Wie komme ich eigentlich auf solche Gedanken?, fragte sie sich. Ich sollte überhaupt nicht an diesen Mann denken! Unterdessen begann sie ernsthaft zu frieren, doch ins Haus wollte sie noch nicht zurückkehren. Sie vergewisserte sich, dass sie von niemandem beobachtet wurde, stand von ihrem Stein auf und ging zu dem niedrigen Wall. Sie überkletterte ihn und wanderte zum Fluss.
Das Wasser schwappte gegen das steinige Ufer, und Meradyce atmete tief den vertrauten Duft der Kiefern ein. Wenn sie die Augen schloss, vermochte sie sich fast nach Hause zurückzuversetzen. Heute Nachmittag unter den vielen Frauen hatte sie dasselbe Gefühl gehabt.
Frauen unterschieden sich nicht sehr voneinander, wenn es um die Schwangerschaft ging. Alle wünschten sich gesunde Kinder, alle versuchten zu erraten, ob das Ungeborene ein Knabe oder ein Mädchen werden würde, besonders wenn es das erste Kind war.
Es erleichterte Meradyce, dass sie sich im Moment nur wegen des Mädchens mit den Zwillingen zu sorgen brauchte. Sie nahm sich vor, Asa im Auge zu behalten und sofort zur Stelle zu sein, wenn die Wehen einsetzten. Je länger sie diese aufzuhalten vermochte, desto besser. Glücklicherweise hatten sich in Helsas Haus Arzneien gefunden, die die Wehen verlangsamen und sogar unterbinden konnten.
Der Mond verschwand hinter ein paar Wolken, und Meradyce wurde bewusst, dass sie nun lange genug hiergeblieben war. Sie freute sich schon darauf, sich wieder an Bethas kleinen warmen Körper kuscheln zu können. Hoffentlich kam dann auch bald der Schlaf.
Als sie wieder über den niedrigen Steinwall kletterte, hielt sie inne, denn aus der Nähe hörte sie ihr fremde, merkwürdig keuchende Geräusche. Ein hechelnder Hund vielleicht?
Sie lauschte. Nein, das war kein Hund, denn hier wurden hastig und leise einzelne Wörter gekeucht. Das waren menschliche Stimmen, die einer Frau und eines Mannes – Einars.
Vorsichtig schlich sich Meradyce weiter. Als sie Olvas Haus erreichte, lugte sie um die Ecke, und dann stockte ihr der Atem.
Dies dort war unverkennbar Einar. Er hatte eine Frau bei sich – die große Blonde. Sie drückte sich an die Mauer; das Mieder war bis zur Taille hinunter- und ihr Rock bis zu den Hüften hochgezogen. Einars Mund lag an ihren nackten Brüsten, und mit einer Hand streichelte er ihren Oberschenkel.
Meradyce wandte sich ab. Sie sollte hier verschwinden und zurück ins Bett gehen. Stattdessen lugte sie wieder um die Ecke. Selbstverständlich wusste sie, wie Kinder gemacht wurden, doch sie hatte noch nie einen Mann und eine Frau dabei beobachtet.
Ihr Atem ging schneller, und das Blut rauschte durch ihre Adern. Wie würde es sich anfühlen, wenn Einar sie so hielte?
Die Frau hatte die Beine um ihn geschlungen, und er bewegte sich immer wieder ihr entgegen. Die Blonde stöhnte leise, packte dann seine Schultern
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