Historical Saison Band 01: Ein Duke zum Fest der Liebe? / Eine pikante Weihnachtsüberraschung / Maskerade unterm Mistelzweig / Die Nacht der heimlichen Wünsche
würden Sie frieren müssen, Mr. White.“
Er ahnt nichts von meinen wahren Wünschen, dachte William. Er träumte nicht davon, sich selbst in teures Tuch zu kleiden. Stattdessen stockte ihm der Atem schon beim Gedanken daran, was er Lavinia alles geben könnte. Sie sollte jedes Kleid bekommen, das sie sich wünschte, denn niemand verdiente es so wie sie. Wenn er wollte, konnte er ein Gentleman werden, ein Mann, den sie respektierte, statt sich ihm aus Mitleid hinzugeben.
Er würde nie wieder frieren müssen.
Allerdings gab es einen Haken. Es gab gewiss immer einen Haken, aber dieser steckte besonders tief in seiner Haut. Sollte er sich zu einer Anfechtung entschließen, würde er mit diesem abscheulichen Subjekt von Anwalt gemeinsame Sache machen müssen. Er würde vor Gericht lügen müssen. Und er würde Adam Sherrods Witwe – seine unschuldige Witwe – betrügen und ihr Gelder stehlen, auf die sie ein Anrecht hatte.
Eine Frage der Ehre. Doch konnte er es sich leisten, auf Ehre Rücksicht zu nehmen?
Alles, alles, was zählte, war die Frage, ob er Lavinia für sich gewinnen konnte.
Zunächst hatte der Marquess ihm eine kleine Gnadenfrist gegeben, nun erhielt er dieses Angebot. Was zählte eine weitere ehrlose Tat, wenn er schon so viele auf dem Gewissen hatte?
Der Anwalt berührte William an der Schulter. „Warten Sie nicht zu lange. Die Frist für einen Einspruch ist bald vorbei. Kommen Sie morgen in mein Büro, damit wir die Einzelheiten besprechen können.“
William stand schon im Begriff, sich einverstanden zu erklären. Die Worte fühlten sich bitter in seiner Kehle an, aber er bekam sie nicht heraus. Ich werde es tun, dachte er grimmig.
Ich werde es tun.
Der Gedanke an Lavinia ließ ihn innehalten. Wie sollte er es je über sich bringen, sie um Vergebung zu bitten, wenn er sich selbst nicht achten konnte? Doch wie könnte er sie gewinnen, wenn er diesen verzweifelten Versuch nicht unternahm?
Schließlich sagte er: „Morgen. Ich werde mich morgen entscheiden.“
In der Bibliothek wimmelte es von Besuchern an diesem Montagabend – es waren sechs, um genau zu sein –, und Lavinia hatte sehr viel zu tun, da keiner von ihnen bereit schien, allein in den Bücherregalen zu stöbern. Sie war gerade dabei, nach der neuesten Ausgabe von Lord Byrons Gedichten zu greifen, als jemand zur Tür hereinkam.
Ein eisiger Luftstoß folgte dem Neuankömmling, doch es war nicht die Kälte, die Lavinia erschauern ließ. Ohne sich umzublicken, wusste sie sofort, wer die Bibliothek betreten hatte. Sie erstarrte, die Hand immer noch nach dem Buch ausgestreckt. Ihr Herz raste, ihr erster Impuls war, sich ihm an die Brust zu werfen, aber sie konnte nichts tun. Nicht in diesem Raum und nicht vor so vielen Zeugen. So nahm sie schließlich das ledergebundene Buch vom obersten Regal und reichte es Mr. Adrian Bellows, bevor sie sich umwandte.
Mr. William White war so ernst und schweigsam wie immer. Doch dieses Mal wandte er sich verlegen ab, als er ihrem Blick begegnete. So viel hatte sich verändert zwischen ihnen. Gestern waren sie sich so nahegekommen. Sie hatten Haut an Haut gelegen. Er hatte sie genommen, und sie hatte sich ihm mit Herz und Seele hingegeben. Alles schien jetzt anders, und Lavinia fragte sich, ob ihre Gefühle für ihn sich verändert hatten.
William trödelte herum, bis die anderen Kunden einer nach dem anderen gegangen waren. Doch selbst dann kam er nicht zu ihr, sondern studierte ein Regal mit Büchern über altgriechische und römische Geschichte so eingehend, als könne er dort die Antwort auf die größten Geheimnisse der Menschheit finden. Lavinia nahm allen Mut zusammen und ging zu ihm, doch er drehte ihr den Rücken zu.
„Verzeihen Sie“, bat er, ohne sich ihr zuzuwenden.
Lavinia fiel auf, dass er wieder dazu übergegangen war, sie zu siezen, und fragte sich, warum es ihm wichtig war, sie auf Abstand zu halten.
„Ich hätte nicht kommen dürfen“, fuhr er leise fort. „Wenn meine Anwesenheit Sie aufbringt, sagen Sie es, und ich verlasse Sie sofort.“
„So leicht lasse ich mich nicht aufbringen“, antwortete sie ruhig.
Jetzt sah er sie eindringlich an, als wolle er sich vergewissern, dass sie die Wahrheit sagte. „Sind Sie wohlauf?“ Immer noch sprach er leise, obwohl sie allein waren. „Ich konnte nicht schlafen bei dem Gedanken daran, was ich Ihnen angetan habe.“
Auch Lavinia hatte nicht schlafen können, weil sie ständig daran denken musste, was er mit ihr getan hatte,
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