Historical Saison Band 06
hätte jemals etwas in dieser Art geäußert?“
Bevor Anthony dazu kam, eine Antwort zu formulieren, fuhr John fort: „Hör zu, das passt genau zu Williams Masche. Er lügt nie ganz direkt, aber er lässt dich denken … lässt dich das Schlimmste befürchten. Er verdreht die Dinge, wie er es gerade braucht.“ Seine Miene verfinsterte sich. „Das hat er auch schon bei mir gewagt. Nachdem ich Sarah getroffen hatte. Er hat eine Nachricht in einer Weise verstümmelt, dass ich beinahe geglaubt habe, sie habe eine Affäre mit einem anderen!“
Anthony befiel ein schrecklicher Verdacht. „Was?“
Niedergeschlagen blickte John ihn an. „Ich weiß, es war völlig dumm von mir. Ausgerechnet meine Sarah. Aber es hat unser Leben beinahe zerstört. William kann aber auch verflucht glaubwürdig erscheinen. Er tut ganz geschickt so, als ob er es dir am liebsten gar nicht erzählen würde, und tischt dir dann die Lüge auf. Als ich später darüber nachdachte, wurde mir klar, dass er verzweifelt Geld brauchte. All seine Aussichten waren dahin, sobald ich Sarah heiratete, und ihm stand das Wasser wieder einmal bis zum Hals.“ Er lachte kurz auf. „Um ehrlich zu sein, habe ich ihn nur ein einziges Mal ohne Geldprobleme erlebt. Das war direkt nach Waterloo. Als er aus Brüssel zurückkehrte, habe ich ihn gefragt, ob er einen Zuschuss bräuchte, und er hat es tatsächlich abgelehnt!“ John verzog das Gesicht. „Es war das erste und letzte Mal, dass er ein Geldangebot zurückgewiesen hat. Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass er in Brüssel ein paar leichtsinnige Burschen beim Spielen über den Tisch gezogen hat. Ich nehme mal an, einige deiner Offizierskameraden waren mit ihren Gedanken bei der Schlacht und haben sich nicht richtig auf ihre Karten konzentriert!“
Anthony nickte zögerlich. „Ich verstehe. Danke, John. Falls es dich tröstet, ich hatte ohnehin meine Zweifel, den Besitz an William zu vererben.“
Er wartete ab. Würde John sich zu Williams möglicher Verstrickung in den Angriff auf Frobisher äußern? Er war sich sicher, dass Marcus ihn für den Schuldigen hielt, obwohl sie noch keine Gelegenheit gehabt hatten, darüber unter vier Augen zu reden. Ihm gegenüber würde Marcus sich mit Anschuldigungen zurückhalten. Aber wenn dies die einzige Möglichkeit war, um Marcus’ Unschuld nachzuweisen, ohne dass ein Zweifel zurückblieb, gab es eben keine andere Möglichkeit. Er würde nicht zulassen, dass sein bester Freund und Cousin durch dieselbe Hölle gehen musste, die er in den letzten vier Jahren durchgestanden hatte. Nie enden wollendes Geschwätz und versteckte Anspielungen, wohin er auch ging. Und wenn er schon beinahe diesen Unsinn geglaubt und Marcus für schuldig gehalten hatte, wie würde erst die Gesellschaft damit umgehen?
John wirkte erleichtert. „Ja, gut. Ich habe all das nicht gern gesagt. Trotz allem ist er doch mein Bruder.“ Besorgt schaute er Anthony an. „Und wo ich jetzt schon einmal so weit gegangen bin, muss ich noch etwas zur Sprache bringen und mich in deine Angelegenheiten einmischen.“
„Oh, um was geht es denn?“
„Also, Anthony, wann versuchst du endlich herauszufinden, was mit deiner Frau passiert ist? Wenn sie tot ist, musst du es wissen. Und wenn sie mit einem anderen zusammenlebt, solltest du das ebenfalls zur Kenntnis nehmen und dich von ihr scheiden lassen. Dann bist du wenigstens frei, um erneut zu heiraten, was dein Problem lösen würde. Du kannst ja ein vorläufiges Testament verfassen, wenn es unbedingt sein muss, aber gib nicht William als deinen Erben an. Und ebenso wenig will ich darin genannt werden! Übrigens würde ich an deiner Stelle niemandem Auskünfte über den Inhalt deines Testaments erteilen. Finde erst einmal heraus, was mit Georgiana passiert ist. Es wird Zeit, dass du aufhörst, dich hier wie ein Eremit zu verstecken, und stattdessen wieder anfängst zu leben.“
Anthony holte tief Luft und war schon kurz davor, John die Wahrheit zu erzählen, als ihm ein entsetzlicher Gedanke kam.
Er fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. William hat versucht, Johns Vertrauen in Sarah zu zerstören, genauso wie er sich bemüht hat, mein Vertrauen in Marcus zu untergraben, überlegte Anthony. War es möglich, dass er auf dem Ball der Duchess of Richmond einen ähnlichen Trick angewendet hatte? Aber verdammt, er hatte Georgie doch in Finch-Scotts Armen gesehen, hatte mit eigenen Augen beobachtet, wie sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihn zu
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