Historical Saison Band 06
lächerlich sein. Eine Ehe ist eine sehr ernste Angelegenheit, die man nicht leichtfertig eingehen sollte.“
„Vermutlich hast du recht“, stimmte Cassie ihr zu. Elizas hatte nur laut ausgesprochen, was ihr selbst an Zweifeln durch den Kopf ging.
„Dieses Privileg haben nicht alle“, betonte die Zofe mit einem leicht bitteren Unterton. „Nutzen Sie Ihre Möglichkeiten, und wägen Sie genau ab, Miss Cassandra.“
Cassie sah sie an und erinnerte sich an Elizas Worte über ihre Gefühle für Timms. Sie hatte sich zuvor nie Gedanken darüber gemacht, dass die pragmatische Zofe ihre eigenen Träume von einer Familie und einem Zuhause gehabt hatte. Hoffnungen, die sie mittlerweile begraben hatte.
„Wenn Sie Lord Townend allerdings heiraten wollen, weil es sich um einen attraktiven Gentleman handelt, ist das natürlich eine andere Sache“, erläuterte Eliza. Sie warf Cassie einen wissenden Blick zu. „Daraus könnte Ihnen keiner einen Vorwurf machen.“
„Eliza!“
„Nun“, fuhr die Zofe unerschütterlich fort, „Sie müssen nicht so tun, als ob Sie ihn nicht für einen gut aussehenden Mann hielten.“
„Das gebe ich zu“, räumte Cassie ein. „Und ich habe gehörige Zweifel daran, dass ich die erste Dame bin, die ihn attraktiv findet.“
Eliza ließ sich auf der Bettkante nieder. „Das ist wieder eine ganz andere Frage, meine Kleine. Haben Sie Angst, dass er Ihnen nicht treu bleibt?“
„Ja“, gestand Cassie unumwunden. Sie nestelte an der farbenfrohen Bettdecke herum und erwiderte Elizas nachdenklichen Blick. „Mir ist Lord Townend nicht gleichgültig, aber ich fürchte mich davor, alles für ihn aufs Spiel zu setzen, nur um ihn dann nach der Heirat wieder zu verlieren.“ Sie hielt inne und starrte auf ihre Hände. „Ich habe einen Haufen Geld und wenig sonst“, sagte sie mit einem matten Lächeln. „Ich möchte das Geld nicht fortgeben und anschließend herausfinden, dass ich mit nichts dastehe.“
„Das ist eine nachvollziehbare Einstellung“, erwiderte Eliza und tätschelte ihre Hände.
„Ist es so falsch von mir, einen Mann zu wollen, der nur mich will und nicht mein Geld? Manchmal fühle ich mich ungewollt, Eliza. Meine Mutter …“ Sie brach ab, denn sie fand es ungerecht, Mrs Ward zu kritisieren, die so viele Jahre lang krank gewesen war.
„Ihre Mutter hat Sie geliebt“, beteuerte die Zofe tröstend. „Und Ihre Cousins lieben Sie ebenfalls, Miss Cassie. Deswegen wollen sie, dass Sie glücklich sind. Auch wenn sie es manchmal ungeschickt anpacken, aber sie haben das Herz auf dem rechten Fleck. Mit Ausnahme von diesem William natürlich. Der ist keinen Pfifferling wert, und sein raffinierter Diener ist kein bisschen besser.“
Cassie lächelte und drückte ihrer Zofe die Hände. „Vielen Dank, Eliza.“
Die schenkte ihr ein liebevolles Lächeln. „Mir scheint, jetzt haben Sie zwei Probleme zu lösen, meine Kleine. Sie müssen ergründen, was Lord Townend für Sie empfindet und was Sie für ihn empfinden. Dann ist die Sache geklärt.“
„Ist das alles?“, fragte Cassie lachend.
„Ja, ich denke schon.“ Eliza erhob sich. „Meinen Sie, dass Sie das hinbekommen, Miss Cassandra?“
„Ja“, bestätigte Cassie. „Und wenn ich ihn obendrein dazu überreden kann, mich zu küssen, dann umso besser.“ Sie griff nach ihrem Negligé. „Ich glaube, ich setze mich eine Weile oben in die Dachkuppel. Es hilft mir immer, in Ruhe nachzudenken, wenn ich dort bin.“
„Das werden Sie hübsch bleiben lassen“, widersprach Eliza und hinderte sie daran, das Negligé anzuziehen. „Wenn Lord Townend Sie in dieser Aufmachung sieht, werden Sie mehr als Küsse erleben, Miss Cassie, da gibt es kein Vertun! Wenn Sie unbedingt nachdenken müssen, setzen Sie sich hier ans Fenster. Da haben Sie denselben Ausblick wie oben auf dem Dach, und es ist noch dazu erheblich wärmer und gemütlicher.“
Nachdem Eliza gegangen war, schob Cassie die Vorhänge ein Stück beiseite und machte es sich in einem Sessel vor dem Fenster bequem. Sie schob die Scheibe ein Stückchen hoch und atmete die kühle Nachtluft ein. Im Mondlicht warfen die Bäume lange Schatten. Sie selbst schien nicht die Einzige zu sein, die in dieser Nacht unter Schlaflosigkeit litt. Die Bewohner von Lyndhurst Chase lagen keinesfalls alle schlafend in ihren Betten. Zunächst beobachtete Cassie eine junge Frau – sie hielt sie für Sarahs Zofe Dent – die vorsichtig über den Hof schlich, als befände sie sich in geheimer
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