Historical Saison Band 08
nicht?“
„Ach, ich bin einfach nur selbstsüchtig, das ist alles“, tat Beth die Sache ab. „Ich hatte gehofft, ich würde dich nicht so bald verlieren.“ Entschlossen zwang sie sich zu einem Lächeln, trat an den Schreibtisch und blätterte in ihrem Kalender. „Allzu viel Zeit bleibt uns nicht, um neue Kleider machen zu lassen. Gleich morgen müssen wir die Schneiderin aufsuchen, und in den nächsten Wochen haben wir alle Hände voll zu tun. Darauf freue ich mich schon sehr.“
Die geheuchelte Begeisterung vermochte Ann nicht zu täuschen. Vor ein paar Tagen hatte sie Tränenspuren auf Beth’ Wangen entdeckt. Zunächst war sie davon ausgegangen, dass jemand der Freundin die hässlicheren Teile der Klatschgeschichten hinterbracht hatte. Doch da der einzige Besucher an diesem Tag Sir Philip gewesen war, musste Beth sich an jenem Morgen über etwas anderes aufgeregt haben.
„Nicht du bist selbstsüchtig.“ Ann sank in einen der Sessel vor dem Kamin und hielt ihre Hände in die Nähe des Feuers. „Natürlich wird es eine Weile dauern, bis du eine geeignete Gesellschafterin gefunden hast. Ich spreche morgen mit Charles und bitte ihn, die Hochzeit auf den Frühling zu verschieben – das ist ohnehin die schönere Jahreszeit für ein solches Ereignis.“
„Nein, das darfst du nicht tun!“, erwiderte Beth entschieden. „Notfalls werde ich bei Tante Hetta wohnen, bis ein passender Ersatz für dich gefunden ist. Nicht dass ich je eine andere Gesellschafterin so sehr schätzen werde wie dich …“
„Bitte, meine Liebe, es würde mein Gewissen belasten, wenn ich dich im Stich ließe – ausgerechnet jetzt, wo du diesem dummen Gerede ausgesetzt bist!“
Gepeinigt verdrehte Beth die Augen. „Fang du nicht auch noch damit an! Warum glauben alle Leute, ich müsste vor bösartigen Klatschmäulern geschützt werden?“
Ann hob den Kopf. „Ist das der Grund, aus dem Sir Philip neulich hier war?“, wagte sie sich an das heikle Thema heran. „Warst du deshalb bekümmert? Ja, ich dachte es mir. Ebenso wie Lord Blackwood bot er dir den Schutz seines Namens an, nicht wahr?“ Unbeirrt von Beth’ Schweigen, fuhr sie fort: „Ich verstehe, dass du den Antrag des Viscounts abgelehnt hast, obwohl du den Gentleman über die Maßen schätzt. Aber du hast auch Sir Philip abblitzen lassen, nicht wahr? Wieso? Ich weiß, was du seit Jahren …“
„Gar nichts weißt du“, fiel Beth ihr wütend ins Wort. „Niemals – und am allerwenigsten von Philip – würde ich einen Heiratsantrag annehmen, der mir aus solchen Gründen gemacht wird.“ Erbost begann sie auf und ab zu laufen. „Es war ein Fehler, diesen Unsinn so lange zu dulden. Nun werde ich dem albernen Gemunkel endlich einen Riegel vorschieben.“
Allzu viel Erfolg war Beth’ Bemühungen nicht beschieden. Aber wenigstens bewirkten ihr Besuch im Pfarrhaus und Reverend Chadwicks Predigt am folgenden Sonntag, in der es um die bösen Folgen unbedachter Geschwätzigkeit ging, eine gewisse Mäßigung bei den Klatschmäulern.
Um Anns Verlobung zu feiern, organisierte Beth in aller Eile eine Gesellschaft für die Damen der Gegend. Nach diesem Abend teilten sich die einflussreichen Nachbarinnen in zwei Lager. Die überwältigende Mehrheit war der Ansicht, Miss Bethany Ashworth sei das schuldlose Opfer unglückseliger Ereignisse und dürfe nicht verunglimpft werden. Stattdessen verdiene sie uneingeschränkte Unterstützung. Die Bemerkungen der wenigen, die Beth weiterhin übel nachredeten – vielleicht hatte sie diese Frauen irgendwann unwissentlich beleidigt –, fanden kaum noch Beachtung.
Aber weder Beth noch Ann hatten Zeit, die veränderte Stimmung im Dorf zu ergründen. Eifrig stellten sie die Aussteuer für die Braut zusammen und beaufsichtigten den Transport ihres Eigentums in das Haus des künftigen Ehemanns.
Nur eines trübte Anns Freude in den Wochen vor der Hochzeit – der bedauerliche Umstand, dass Sir Philip seine Besuche in Ashworth House eingestellt hatte. An einem dieser hektischen Tage traf sie ihn zufällig bei Charles, als sie gerade einen Teil ihrer Sachen ablieferte. Natürlich hatte Seine Lordschaft dem Brautpaar schriftlich gratuliert und ein Geschenk ausgesucht, ein kostbares Silbertablett.
Doch auch wenn er gut gelaunt, höflich und liebenswürdig auftrat wie eh und je, fragte Ann sich, ob er mit seinem Leben so zufrieden war, wie es den Anschein hatte. Wenn sein Verhalten ausdrückte, was er wirklich empfand, hatte sie die Situation
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