Historical Saison Band 08
„Sind wir wieder Freunde?“, fragte er sanft.
„Das werden wir hoffentlich immer sein“, antwortete sie, ohne ihm ihre Finger zu entziehen. Wie eindringlich er die verbundenen Hände betrachtete, fiel ihr nicht auf.
Doch sie bemerkte etwas anderes, das ihr seltsam vorkam. In diesem Moment wandte Viscount Blackwood sich zu seiner Tischnachbarin an der linken Seite, der glückstrahlenden Braut, und flüsterte ihr etwas zu. Verschwörerisch lächelte Ann ihn an.
Als Philip am nächsten Morgen in der Bibliothek saß, versuchte er sich vergeblich auf seine Verwaltungsaufgaben zu konzentrieren. Seine Gedanken schweiften immer wieder in eine andere Richtung. Schließlich schob er die Papiere ungeduldig zur Seite.
Wie sollte er sich auch mit solch nüchternen Dingen befassen, wenn es ihm nicht gelang, den Aufruhr der Gefühle in seinem Innern niederzukämpfen? In einem ähnlichen Zustand hatte er sich befunden, als er nach Eugenies Tod heimgekehrt war, vor einem halben Jahrzehnt. Doch diesmal erschien ihm die Situation viel schlimmer.
Das Gesicht in den Händen vergraben, fragte er sich, wie es zu dem schmerzlichen Fehlschlag gekommen war.
Warum – oh, warum nur – hatte er Beth nicht die Wahrheit gestanden und ihr seine Liebe erklärt, statt eine so lächerliche Strategie anzuwenden? Vermutlich aus Angst vor der Antwort, dass sie ihn nicht liebte und immer nur einen Bruder in ihm sah … Und dass sie nicht mehr für ihn empfand, hatte sie erst am Vortag bewiesen – schwesterliche Zuneigung, so wie in all den früheren Jahren. Großer Gott! Gab es irgendetwas, das seine Seele noch mehr zu quälen vermochte?
Das Klicken der ins Schloss fallenden Tür riss ihn aus seiner Trübsal. Als er die Hände sinken ließ, sah er seinen Butler eintreten.
„Verzeihen Sie die Störung, Sir, Viscount Blackwood bittet Sie, ihn für ein paar Minuten zu empfangen.“
Zustimmend nickte Philip, stand auf und trat vor den Kamin. Warum besuchte ihn der Viscount noch so kurz vor seiner Abreise? Sie hatten sich bereits am Tag zuvor verabschiedet.
Würde der Mann schlechte Nachrichten überbringen? Die Befürchtung verflog, als der Viscount in den Raum stürmte. Er wirkte keineswegs bedrückt.
„Sehr freundlich von Ihnen, mir Ihre Zeit zu opfern, Stavely“, begann er, nachdem er das Angebot einer Erfrischung abgelehnt hatte – ebenso wie die Einladung, Platz zu nehmen. „Lange werde ich Sie nicht aufhalten. Meine Mietkutsche steht draußen, und die Postillione haben mich gewarnt, dass mit weiteren Schneefällen zu rechnen ist. Aber ich kann nicht nach London fahren, ohne mit Ihnen zu sprechen. Was ich zu sagen habe, fällt mir sehr schwer.“ Blackwood lächelte wehmütig. „Denn normalerweise mische ich mich nicht in das Leben anderer Menschen ein.“
Philip hob verwundert die Brauen. „Sie machen mich neugierig, Blackwood. Offenbar geht es um eine wichtige Angelegenheit, sonst hätten Sie Ihre Abreise nicht verschoben.“
Eine Hand auf eine Stuhllehne gestützt, räusperte sich der Viscount. „Wie ich gestern erfuhr, haben Sie Beth ebenfalls einen Heiratsantrag gemacht. Genauso erfolglos wie ich.“
„Wer hat Ihnen davon erzählt? Beth?“ Es war Philip unangenehm, dass sich sein Fehlschlag herumgesprochen hatte, und er verhehlte es nicht.
„Nein, Ann. Und es ist ihr ebenso schleierhaft wie mir, warum Beth Sie abgewiesen hat.“
Philip seufzte auf. „Wahrscheinlich aus den gleichen Gründen, die sie bewogen haben, Ihren Antrag abzulehnen.“
„Das glaube ich nicht. Beth war ehrlich genug, mir zu sagen, dass sie mich nicht liebt. Dafür bewundere ich sie – wie für viele andere ihrer bemerkenswerten Qualitäten. Aber Liebe spielte weder von meiner noch von ihrer Seite aus eine Rolle. Zu meinem Antrag fühlte ich mich verpflichtet wegen der Nacht, die wir gemeinsam in dem Stall verbracht hatten. Und ich schwöre Ihnen, Stavely – ich unternahm nicht einmal den Versuch, Beth zu verführen.“
In diesem Augenblick erkannte Philip, wie gründlich er seine Meinung über den Gentleman geändert hatte. „Bilden Sie sich ein, das wüsste ich nicht?“
Diesmal verriet das schwache Lächeln des Viscounts keinen Zynismus. „Ganz im Gegenteil, mir war klar, dass Sie keinen Zweifel daran hegen. Sonst hätten Sie mir längst einen Besuch abgestattet, Sir. Allerdings wollte ich Beth den Schutz meines Namens anbieten – während Sie mit Ihrem Antrag einen anderen Zweck verfolgten.“
„Allerdings“, gab Philip zu.
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