Historical Saison Band 09
Poststation und wartete darauf, dass ihr Gepäck auf dem Dach des Wagens verstaut wurde.
Noch war es kühl. Doch die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel, und alles wies darauf hin, dass es wieder ein herrlicher Frühlingstag werden würde.
Sophie hatte keinen Blick für die blauen Vergissmeinnicht, die am Straßenrand blühten. Sie beachtete auch die Schwalben nicht, die immer wieder zu den Nestern unter dem überstehenden Dach der Poststation flogen. Sie fühlte sich unwohl.
Lord Myers hatte darauf bestanden, dass sie zu Lady Harley und dem Duke of Belfont zurückkehrte, und zwar in Begleitung der beiden Bediensteten. Sie befürchtete, der Stallmeister würde sie in der South Audley Street abliefern wie ein Paket. Es war eine Vorstellung, die ihr gar nicht gefiel.
Dabei war Madison ein sympathischer Mann, muskulös und gut aussehend. Annie, das blonde Hausmädchen mit den blauen Augen, konnte kaum einen Blick von ihm abwenden. Sophie, die die beiden unauffällig beobachtete, zweifelte nicht daran, dass sie ineinander verliebt waren.
Jetzt rief der Postillion den Fahrgästen zu, dass sie einsteigen sollten. Sophie gehorchte schweren Herzens. Wenn sie doch noch bei den Myers hätte bleiben können! Doch diese würden sich sehr bald auf die lange Reise nach Indien machen.
Sophie wählte einen Eckplatz und schloss die Augen. Die letzten Tage waren überaus anstrengend gewesen, und sie hatte in der vergangenen Nacht bei Weitem nicht genug geschlafen. So versank sie, kaum dass die Pferde sich in Bewegung gesetzt hatten, in einen unruhigen Schlummer. Sie bemerkte kaum, wenn die Kutsche hielt, damit die Pferde gewechselt werden konnten. Manchmal bewegte sie sich im Schlaf, weil sie von James oder von ihrem Buch träumte. Aber die meiste Zeit saß sie ganz ruhig.
Bis Annie sie weckte. „Miss, wir erreichen gleich Barnet. Da machen wir eine längere Pause. Die meisten Passagiere sind hungrig und durstig. Ich denke, wir sollten auch aussteigen.“
„Ja.“ Sophie nickte. „Ich würde gern etwas trinken und eine Kleinigkeit essen.“
Madison, der von Lord Myers etwas Geld erhalten hatte, bestellte Tee, Brot und Eier mit Speck, während Sophie und Annie sich frisch machten. Dann aßen die drei, und Sophie fiel erneut auf, wie gut der Stallmeister und das Hausmädchen sich verstanden. Ob die beiden vorhatten zu heiraten? Oder ob sie sich ihrer Liebe einfach ohne Trauschein hingeben würden? Immerhin hatte keiner der beiden einen Vormund, der glaubte, sich in alles einmischen zu müssen.
„Bestimmt sind Sie froh, wenn Sie endlich wieder daheim sind“, sagte sie.
„Wir haben es nicht eilig, Miss. Niemand erwartet uns, denn die Herrschaften werden fort sein, wenn wir nach Baldock zurückkommen.“
„Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass Sie es nicht besonders angenehm finden, mich nach London zu begleiten.“
Annie schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. „Doch, Miss, wir sind gern hier bei Ihnen. So können Madison und ich ein bisschen zusammen sein.“
Sophie nickte verständnisvoll. „Wahrscheinlich haben Sie nicht sehr oft Gelegenheit, allein miteinander zu sein.“
„Das stimmt.“
„Sie könnten jetzt ein paar Stunden ganz für sich haben. Ich bin daran gewöhnt, allein zu reisen. Es ist wirklich nicht nötig, dass Sie bis London bei mir bleiben.“
„Wir tun, was Seine Lordschaft uns aufgetragen hat, Miss“, verkündete Madison.
„Seine Lordschaft wird jahrelang in Indien sein. Wenn Sie sich jetzt ein paar schöne Stunden machen, wird niemand davon erfahren.“
Das Paar schaute sich an. Dann erklärte Annie mit fester Stimme: „Wir fahren mit Ihnen nach London.“
Doch als sie wieder in der Kutsche saßen, bemerkte Sophie, wie Madison und Annie sehnsuchtsvolle Blicke tauschten. Waren ihre Worte also doch auf fruchtbaren Boden gefallen? Nun, sie würde noch einen Versuch machen. Als die Pferde in der Nähe von Piccadilly vor dem White Horse zum Stehen kamen, sagte sie freundlich: „Jetzt brauchen Sie sich wirklich keine Sorgen mehr um mich zu machen. Warum erforschen Sie London nicht einfach zu zweit?“
Wenig später – Madison hatte noch das Abladen des Gepäcks überwacht – lief das verliebte Paar Hand in Hand davon.
Sophie selbst nahm ihre Reisetasche und machte sich auf den Weg zur South Audley Street. Ihr Verstand sagte ihr, dass es am besten sein würde, wenn sie dem Duke gar nicht begegnete. Ihr Herz allerdings war anderer Meinung. Ach, wie sehr sehnte sie sich
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