Historical Saison Band 09
London weiß inzwischen, dass du weniger einen Reisebericht als ein Buch voller Klatsch und Tratsch geschrieben hast. Viele Menschen fürchten, dadurch in einen Skandal verwickelt zu werden.“
„Sie wollen diese Leute erpressen? Bei Gott, ich schwöre, dass ich nichts Skandalöses zu Papier gebracht habe.“
„Aber das weiß niemand. Und niemand möchte das Risiko eingehen, den eigenen Namen veröffentlicht zu sehen. Wir brauchen also …“
„Wir?“, brauste Sophie auf. „Sie glauben doch nicht etwa, ich würde mich an diesem Verbrechen beteiligen! Im Übrigen habe ich das Manuskript gar nicht.“
„Der Duke of Belfont hat es. Und er wird es uns übergeben.“
„Nein!“
„O doch.“ Der Conte grinste. „Ich werde einen Weg finden. Setz dich, mein Schatz, und lass mich in Ruhe nachdenken!“
Sie wollte sich zur Tür wenden, doch Alfred stieß sie in einen Sessel.
„Du schreibst einen Brief an Belfont“, verkündete der Conte wenig später.
Es war sinnlos, sich zu wehren. Sophie nahm am Tisch Platz und griff nach Papier und Feder.
„Euer Gnaden, ich werde gegen meinen Willen festgehalten“, diktierte Cariotti. „Man wird mich im Tausch gegen das Manuskript freilassen.“
„Sie wird uns verraten, sobald sie frei ist!“, warnte Alfred.
Der Conte begann, in Französisch auf ihn einzureden. Sophie ließ sich nicht anmerken, dass sie jedes Wort verstand. O Gott, Belfont sollte in eine Falle gelockt werden, damit Alfred sein Erbe antreten und Cariotti – wie er sagte – endlich frei sein könne.
„Frei?“, wiederholte Alfred. „Sind Sie denn jetzt nicht frei, Conte?“
„Das Mädchen weiß zu viel über mich. Ich hätte Sophies Vater nicht vertrauen dürfen. Inzwischen hat sie bestimmt mit dem Duke über mich geredet. Jedenfalls gehört er zu den wenigen Menschen, die davon überzeugt sind, dass ich auf Napoleons Seite stehe und ihn, wenn er erst aus dem Exil geflohen ist, nach Kräften unterstützen werde.“
Wenn ihre Lage nicht so verzweifelt gewesen wäre, hätte Sophie laut gelacht. Ihr Vater hatte nie mit ihr über Cariottis politische Überzeugungen gesprochen. Und außer dem Duke gab es noch viele andere, die befürchteten, Napoleon werde erneut versuchen, nach der Macht zu greifen.
Tatsächlich begann auch Alfred jetzt mit dem Conte auf Französisch darüber zu diskutieren. Doch Cariotti konnte jedem Einwand etwas entgegensetzen. Zum Schluss wiederholte er noch einmal, dass er unbedingt das Manuskript haben wolle.
„Sie hätten es stehlen können.“
„Ja, aber auf die Art wären wir den Duke nicht losgeworden.“ Der Conte wandte sich Sophie zu und sagte auf Englisch: „Das sehen Sie gewiss auch so.“
„Wie bitte?“, fragte sie zurück und bemühte sich um einen möglichst verständnislosen Gesichtsausdruck.
Cariotti sah sehr zufrieden aus. Sie hatte also nichts verstanden. „Wir haben überlegt, welchen Treffpunkt wir dem Duke für die Übergabe vorschlagen sollen.“
„Ich glaube kaum, dass er überhaupt kommen wird. Mr Jessop sagte, Belfont habe sich von mir abgewandt und sich auf seinen Landsitz zurückgezogen.“
„Ah … Schreiben Sie also: Wenn Sie mein Leben retten wollen, kommen Sie am Samstag um sieben Uhr abends allein zum Stanhope Gate und bringen 5000 Guineen und das Manuskript mit.“
„Er soll zum Eingang des Hyde Parks kommen?“, fragte Alfred. „Der ist nicht weit von Belfont House entfernt.“
„Ja, das gibt uns die Möglichkeit, ihn zu beobachten und uns zu vergewissern, dass er wirklich allein ist. Simpson und Flowers können das übernehmen.“
„Ich hoffe nur, dass die beiden niemandem aufgefallen sind, als das Attentat auf Wellington verübt wurde. Ist O’Grady noch im Gefängnis?“
„Ja. Aber er wird den Mund halten. Er möchte nicht sterben.“ Der Conte wandte sich Sophie zu. „Die Unterschrift fehlt noch.“
Schwungvoll setzte sie ihren Namen unter den Brief und malte noch ein Kreuz und ein Ausrufungszeichen dahinter. Vielleicht würde der Duke die Warnung verstehen, zumal sie ihre Schrift so gut wie möglich verstellt hatte. Dann sagte sie: „Ich begreife nicht, warum Sie so sicher sind, dass Belfont mir zu Hilfe kommen wird.“
„Er wird kommen, weil ich ihm zusammen mit dem Brief noch etwas anderes schicke.“ Er zog eine Schublade auf, holte etwas heraus und hielt es Sophie hin. „Das hat er Ihnen doch geschenkt, nicht wahr?“
Es war der Fächer.
„Woher haben Sie das?“, fragte Sophie, die plötzlich am
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