Historical Saison Band 12
annähernd mit dem von Jenna vergleichen konnte, gestand er sich ein, wie heftig er sie vermissen würde.
Er zwang seine Beine weiterzugehen. Durch Hinauszögern wurde es nicht einfacher, also brachte er es besser hinter sich.
Garrett trat leise hinter das Steinhaus, wo Jenna, wie erwartet, das Kochfeuer hütete. Ihre Augen glänzten, ein paar lose Strähnen ihrer weichen dunklen Haare waren der Musselinhaube entkommen und lockten sich um ihr von der Hitze rosiges Gesicht. Dabei summte sie ein Soldatenliedchen und rührte in einem großen Topf, aus dem der Duft nach Kaninchen-Stew stieg.
Einen Augenblick lang stand er nur da und sah ihr zu. Sein Herz schmerzte ihn vor Kummer. Dann trat er in den Schein des Feuers.
„Garrett!“, rief sie und begrüßte ihn mit einem Lächeln. Gleich darauf wurde ihre Miene ernst und erschrocken. „Aber – Sie sind verletzt! Lassen Sie mich nachsehen!“
„Es ist nur ein Kratzer“, widersprach er abwehrend. „Ich bringe Ihnen eine viel schlimmere Nachricht. Jenna, ich … ich muss Ihnen etwas sagen …“
Während er nach Worten suchte, um den Satz zu beenden, richtete sie den Blick ihrer dunklen Augen fest auf seine. Dann rang sie nach Luft.
„Nicht … Papa“, hauchte sie und schüttelte ablehnend den Kopf.
Garrett nickte traurig. „Jenna, es tut mir so leid.“
Sie stieß einen kleinen Schrei aus, der vielleicht „nein“ bedeutete. Und mit der offenbar natürlichsten Bewegung der Welt trat er nach vorn und fing sie in seinen Armen auf.
3. KAPITEL
A m nächsten Nachmittag saß Brigademajor Garrett Fairchild, zusammen mit den anderen Offizieren von Colonel Montagues Regiment, in dem Gesellschaftsraum des kleinen Steinhauses. Nachdem sie ihren Kommandanten zu Grabe getragen hatten, musste sich seine nunmehr elternlose Tochter darauf einstellen, nach England zurückzukehren. Schlimm genug, dachte Garrett traurig, wenn man seinen erfahrenen Befehlshaber verliert, von dem man alles über Selbsterhaltung für sich und die Truppen gelernt hat. Aber jetzt musste auch noch Jenna fortgehen …
Er hörte leise Schritte und sprang auf, dann der Reihe nach die anderen Offiziere der „Familie“ des Colonels. In militärisch aufrechter Haltung, wie schon an diesem Morgen am Grab ihres Vaters, betrat Jenna Montague den Raum und nickte ihnen grüßend zu.
„Setzen Sie sich bitte, meine Herren. Evers sagte mir, dass unser Essen bald fertig ist. Wie Sie wissen, wird Colonel Andersons Frau noch heute Nachmittag kommen, um … mir bei meiner Abreise zu helfen. Ich bin sicher, dass der nächste Kommandant, den General Wellesley bestimmt, Ihre Loyalität und Ihre Talente ebenso anerkennen wird wie mein verstorbener Vater.“
Ihre ruhigen Worte und gefasste Miene konnten Garrett nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie zutiefst erschüttert und verzweifelt war. Wieder hätte er sie gern in die Arme genommen und beschützt, so wie gestern, als er ihr die traurige Nachricht überbrachte. Aber das war jetzt unmöglich und unpassend.
Sie hatte allen Grund, verzweifelt auszusehen, denn sie hatte die ganze Nacht damit verbracht, den leblosen Körper ihres Vaters für die Beisetzung vorzubereiten. Und jetzt gab man ihr nicht einmal die Zeit zu trauern, denn sie sollte zurück nach England geschickt werden, um in finanzieller Abhängigkeit bei Verwandten zu leben, die sie seit Jahren nicht gesehen hatte. Garrett fühlte tiefes Mitleid mit ihr – und mit sich selbst bei dem Gedanken, sie zu verlieren.
Erst in den letzten Stunden hatte er Zeit zum Nachdenken gefunden. Das Regiment würde nicht mehr dasselbe sein ohne sie. Jetzt fiel ihm erst wirklich auf, wie sehr Jenna ein Teil seines täglichen Lebens geworden war. Seit dem Tag, an dem er sich voller Bitterkeit und Zorn bei ihrem Vater zum Dienst gemeldet hatte, beschwichtigte sie seinen Kummer und half ihm dabei, sein gebrochenes Herz allmählich heilen zu lassen. Er dachte nicht mehr so oft an den Tod in der Schlacht, sondern besann sich auf jeden neuen Tag und genoss Jennas Klugheit und Fröhlichkeit. In ihrer Gesellschaft fühlte er sich wohl. Ohne sie würde das Leben in der Armee viel von seinem Charme und seiner Eleganz verlieren.
Gab es eine Möglichkeit, überlegte er, das zu verhindern?
Evers brachte das Essen herein und bat die „Familie“ an den einfachen Holztisch. Damit unterbrach er seine düsteren Überlegungen.
„Müssen Sie denn unbedingt nach England zurückkehren, Jenna?“, fragte Lieutenant
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