Historical Saison Band 12
zur Seite und streichelte dabei geistesabwesend ihre Hand auf seinem Arm. Jenna spürte, wie ihr Herz schneller schlug. In ihrem Inneren breitete sich die vertraute Wärme aus, obwohl sie wusste, dass es hoffnungslos war.
„Ich rechne zwar nicht damit, dass mir wirklich etwas zustößt, aber das kann man vor einer Schlacht nie sagen. Ich möchte, dass Sie wissen, wie viel mir unsere Freundschaft bedeutet. Noch nie habe ich eine Frau getroffen, die eine solche Aura von ruhiger Heiterkeit um sich verbreitet. Ihnen gelingt es, selbst in diese primitive Umgebung einen Hauch von Kultiviertheit zu zaubern.“ Er schüttelte den Kopf. „Was sind wir doch für eine seltsame ‚Familie‘. Harry mit seiner leichtsinnigen Unbekümmertheit; Alastair, der ihm nachläuft wie ein junger Hund; Lord Anthony, der immer so vornehm tut; ich mit meinen Launen! Ihr Papa ist ein hervorragender Kommandant, aber das Herz des Ganzen sind Sie.“
Ach, könnte ich doch dein Herz gewinnen, dachte sie, wagte es jedoch nicht auszusprechen. Selbst wenn der Major ihr gefühlsmäßig näherstand als zuvor, war ihr klar, dass es noch zu früh war.
Während sie noch um eine Antwort rang, hielt Garrett ihre Hand in der seinen fest. „Keine Schwester könnte mir lieber oder wichtiger sein“, sagte er und zog ihre Hand an seine Lippen.
Zum Glück verbarg diese galante Geste, dass sie bei seinen Worten zusammenzuckte.
„Sie – und die unerbittliche Realität der Schlacht – haben mir etwas klargemacht, das ich nie vergessen darf. Das Leben ist kostbar, und es sind deine wahren Freunde, die es dazu machen.“
War es nur ihre Wunschvorstellung, oder konnte sie eine gewisse Zärtlichkeit in seinem Blick erkennen? Bevor sie sich sicher war, ließ er ihre Hand los und verbeugte sich. „Bis morgen, Jenna.“
Du bist es, der das Leben kostbar macht, dachte sie. „Gott möge Sie beschützen!“, rief sie ihm nach, als er fortging. Gott beschütze sie alle.
2. KAPITEL
A m nächsten Abend schritt Brigademajor Garrett Fairchild langsam durch die Dämmerung. Gesicht und Uniform waren schmutzig von Schweiß und Rauch, seine Schulter, die von einer verirrten Gewehrkugel getroffen worden war, brannte wie Feuer. Aber so etwas war ihm als Soldaten vertraut. Nicht dies hemmte seine Schritte oder lag ihm wie ein Stein auf dem Herzen.
Wie sollte er Jenna erklären, dass ihr Vater tot war?
Einen Augenblick lang war er eher zornig als traurig. Es hätte nicht geschehen dürfen. Nachdem Colonel Montague seine Aufgabe erledigt hatte und die Stadt unterworfen war, hatte er auf dem Rücken seines Pferdes gesessen, um den geordneten Rückzug der Truppen zu beaufsichtigen. Etliche der Männer waren aufgebracht gewesen, weil sie nicht an der Orgie von Gewalt und Zerstörung innerhalb der Stadtmauern teilnehmen durften. Eine Kugel aus dem Gewehr eines der siegestrunkenen Soldaten war von der Stadtmauer abgeprallt und hatte den Colonel ins Herz getroffen.
Es war noch keine Stunde her, da war der Colonel noch neben ihm hergeritten und hatte ihm erzählt, er habe gerade die Nachricht an seine Tochter gesandt, dass alle Mitglieder der „Familie“ das Gefecht heil überstanden hätten. Inzwischen bereiten Jenna und Evers sicher bereits das gemeinsame Abendessen vor, dachte Garrett.
Den ganzen Tag über hatte Jenna die Verwundeten der Schlacht versorgt und dankte jetzt bestimmt Gott in einem schuldbewussten Gebet, dass unter den zahlreichen Verletzten und Toten keiner von denen war, die ihr nahestanden.
Jenna war vollkommen unvorbereitet auf das, was jetzt kam.
Aber er musste es ihr gleich sagen. Er befahl seinen Männern, noch eine Stunde zu warten, bevor sie die Leiche des Colonels zu seinem Quartier brachten, um ihn für die Beisetzung vorzubereiten.
Das Quartier des Colonels. Garrett blieb plötzlich stehen, als ihm die bittere Wahrheit bewusst wurde. Jenna hatte nicht nur ihren Vater verloren – sondern damit auch ihr Zuhause und ihr gewohntes Leben.
Nach dem Tod ihres Vaters und ohne weitere Verwandte, die für sie sorgen konnten, hatte sie keine andere Wahl: Sie musste nach England zurückkehren. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als dieses beschwerliche, aber auch aufregende Leben aufzugeben, das sie liebte. Das hatte sie ihm schon oft gesagt. Sie würde ein vollkommen anderes Leben beginnen müssen, weit entfernt von diesem wilden, schönen Land.
Weit weg von ihm.
Wieder fühlte er einen Stich im Herzen. Und obwohl er seinen Verlust nicht einmal
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