Historical Saison Band 12
sehr angesehen. Außerdem ist er noch recht jung, bei guter Gesundheit und wohlhabend. Und er liegt dir zu Füßen. Was willst du denn mehr?“
„Ich liebe ihn nicht“, antwortete sie.
„Liebe? Pah! Ich missbillige Glücksspiel, und eine Liebesheirat ist wohl das größte Glücksspiel überhaupt. Such dir einen vermögenden Gatten, der dir den Lebensunterhalt sichert, Mädchen. Verlieben kannst du dich später noch, nachdem du deinem Gatten einen Erben geschenkt hast.“ Als Lexi schwieg, fuhr Lady Wroxford kopfschüttelnd fort: „Ich glaube, ich könnte mich ebenso gut mit dem Tischbein unterhalten, du hörst mir ja doch nicht zu. Du willst den Antrag nicht annehmen, weil du dich in Richard Deverell verliebt hast, nicht wahr?“
„Ist es so offensichtlich?“
„Nein, gar nicht. Du benimmst dich ihm gegenüber bewundernswert taktvoll.“
Plötzlich sah sich Lexi vor ihrem inneren Auge in den Vauxhall Gardens in Richards Armen liegen, und sie errötete. Zum Glück wusste ihre Patin nichts davon.
„Leider lässt sich nicht sagen, ob er an dir Interesse hegt. Mr Deverell ist ein sehr verschlossener Gentleman“, fuhr Lady Wroxford fort. „Nicht einmal, dass sein Vater auf dem Sterbebett liegt, merkt man ihm an.“
„Ist Lord Deverell so schwer krank?“, fragte Lexi erstaunt.
„Mrs Shackleton hat es mir erzählt, und sie weiß es von Lady Honoria, die mit den Deverells verwandt ist. Allerdings scheint sich Lord Deverell reichlich seltsam zu verhalten. Er empfängt keinen Besuch, nicht einmal den eigenen Sohn will er sehen. Was ist das nur für ein Vater!“
„Nun, die beiden haben noch nie große Zuneigung füreinander empfunden. Lord Deverell hat seinen Sohn hartnäckig ignoriert, daher war Richard auch so oft bei uns zu Besuch.“
„Ich verstehe. Vermutlich erklärt dies auch Mr Deverells auffallende Ungerührtheit …“
Lexi verletzte es, dass Richard ihr die Krankheit seines Vaters verschwiegen hatte. Zwar hatten sie seit dem Vorfall in den Vauxhall Gardens nur wenig Zeit miteinander verbracht, dennoch hätte er gewiss Gelegenheit gehabt, sich ihr anzuvertrauen. Diesen Wunsch hatte er jedoch offensichtlich nicht verspürt.
Daher überraschte es sie auch, als er ihr und Lady Wroxford am darauffolgenden Tag seine Aufwartung machte, um sich zu verabschieden. Lord Deverell hatte schließlich doch noch nach ihm schicken lassen, und Richard wollte London schnellstmöglich verlassen. Nachdem Lady Wroxford ihm ihr Mitgefühl versichert und eine angenehme Reise gewünscht hatte, meinte sie nach einem mitleidigen Blick auf Lexi: „Ich denke, meine Patentochter würde es sicher schätzen, wenn Sie Ihrer Familie einige Nachrichten von ihr übermitteln könnten. Wenn Sie mich bitte derweil entschuldigen würden. Auf Wiedersehen, Mr Deverell.“
Sie verließ das Zimmer, worauf sich ein unangenehmes, drückendes Schweigen ausbreitete, das Lexi schließlich in ihrer gewohnten impulsiven Art brach: „Hast du auch Johnny nichts von der Krankheit deines Vaters erzählt, Richard, oder nur mir nicht?“
„Ich habe niemandem davon erzählt.“
„Warum nicht? Ich dachte, Johnny sei dein bester Freund. Und ich dachte auch, wir seien Freunde.“
Richard spürte ihre Gekränktheit. „Natürlich sind wir Freunde“, sagte er beschwichtigend. „Nur dank euch habe ich eine Familie gehabt. Es tut mir leid. Vermutlich hätte ich euch davon erzählen sollen, aber es fällt mir nicht gerade leicht, darüber zu reden.“
„Nicht einmal mit uns?“
„Nicht einmal mit euch, Alexandra. Die Krankheit meines Vaters hat sich im Laufe der Zeit verschlimmert. Nun liegt er im Sterben. Weißt du, was das bedeutet?“
Der verbitterte Ton, in dem er das aussprach, verwirrte Lexi. „Du wirst den Titel erben?“, fragte sie zögerlich.
„Es bedeutet viel mehr als das. Es bedeutet, dass ich die Hoffnung, meinem Vater jemals näherzukommen, begraben kann.“ Er hob den Blick, und sie erkannte den unverhüllten Schmerz darin so deutlich, dass sie leise aufkeuchte. Sofort senkte er den Blick wieder. „Mein ganzes Leben lang habe ich gehofft, dass mein Vater mich eines Tages anerkennen würde, mir vielleicht sogar eine gewisse Zuneigung entgegenbringen würde. Dumm von mir, nicht wahr?“
„Richard …“ Tröstend legte sie eine Hand auf seinen Arm. Er machte indes keine Anstalten, sie zu ergreifen.
„Und auch meine Zukunft liegt im Ungewissen“, sagte er.
„Wie meinst du das?“
„Es bestehen keine
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