Historical Saison Band 16 (German Edition)
Gegenteil: Sie musste sich eingestehen, dass sie es erregend fand.
„Ich glaube, es ist eine Polka.“ Beldon legte eine Hand auf ihren Rücken, um sie durch die Tür zu geleiten. Als sie den Ballsaal betraten, war er wieder ganz der Alte: Seine Gefühle hatte er hinter einer Fassade geschliffener Manieren verborgen. Niemand würde auch nur vermuten, dass er vor wenigen Minuten noch inbrünstig ihre Ehre verteidigt hatte.
Lilya freute sich, Polka tanzen zu können. Sie brauchte ihre gesamte Kraft und Aufmerksamkeit für diesen Tanz. Für eine Unterhaltung blieb keine Zeit, dennoch war sie sich jeder Bewegung Beldons bewusst: wie er seine Schultern straffte, wie sich seine Beinmuskeln anspannten. Vielleicht lag es an der Ballsaison mit all ihren Hochzeitsplänen, dass man jeden Mann als einen möglichen Ehegatten wahrnahm, selbst solche wie Beldon, die nicht infrage kamen …
Doch dies war keine Zeit, um sich ablenken zu lassen! Griechenland stand am Rande der Unabhängigkeit und ein Fremder aus ihrer Heimat hatte ihre Gesellschaft gesucht. Es wurde wahrhaftig Zeit, sich mit einem Dolch zu bewaffnen.
4. KAPITEL
C hristoph Agyros verließ den Ball durch den Hinterausgang. Niemand würde ihn vermissen, und er musste nachdenken. Die Filiki Adamao , die Bruderschaft des Diamanten, würde erfreut sein, dass er den ersten Teil seiner Aufgabe erfüllt hatte: Er hatte die Tochter Dimitri Stefanovs gefunden. Der Name der Stefanovs tauchte in der Geschichte der vergangenen Jahrhunderte immer dann auf, wenn es um den Diamanten ging. Agyros war entsandt worden, um Lilya Stefanov zu finden. Es gab natürlich noch andere Namen, die im Zusammenhang mit dem Diamanten genannt wurden, und er war nicht der Erste, der herausfinden sollte, wer ihn hütete.
Im nächsten Schritt musste er deshalb sicherstellen, dass sie den Diamanten wirklich besaß. Er hoffte inständig, dass es so war. Der Gedanke, dass er für nichts und wieder nichts so weit gereist war, behagte ihm nicht. Aber wenn er wirklich auf die richtige Karte gesetzt hätte, blickte er einer goldenen Zukunft entgegen. Er pfiff in der Dunkelheit vor sich hin und bemühte sich, nicht zu übermütig zu werden.
Die Filiki Adamao wollte den Diamanten aus politischen Gründen an sich bringen. Sie wollten Einfluss auf den nächsten Herrscher nehmen und sich als Macht hinter dem Thron etablieren. Viele gefühlsduselige alte Männer waren mit im Spiel. Natürlich war die Liebe zum Vaterland wichtig, aber für Christoph Agyros gab es noch etwas viel Wichtigeres: ihn selbst.
In einer kalten Nacht, in irgendeiner heruntergekommenen Herberge, hatte er einen verwegenen Plan gefasst: Er konnte den Diamanten doch auch selbst behalten. Was hatten diese alten Männer denn schließlich getan, um in seinen Besitz zu kommen? Sie redeten und machten Pläne, während er die Strapazen der Suche auf sich nahm. Er war derjenige, der nach seiner Ankunft in London die Bekanntschaft des mazedonischen Attachés gesucht hatte. Dieser Geniestreich hatte ihm die Türen zur Welt von Lilya Stefanov aufgestoßen.
Die schöne junge Frau hatte ihre Sache bisher gut gemacht. Schließlich hatten die Filiki Adamao angenommen, dass sie nach England zu einem alten Freund ihres Vaters geflohen war. Viele hatten gehofft, man werde ihr unterwegs auflauern können, aber sie hatte es unbehelligt bis an ihr Ziel geschafft.
Es spielte keine Rolle, wohin sie floh. Er würde sie überall finden. Nachdem er sie gesehen hatte, hatte er einen neuen Plan gesponnen. Wenn sie im Besitz des Diamanten war, würde er sie heiraten. Sie müsste nicht einmal wissen, dass er den Diamanten wollte. Sie könnte gerne glauben, dass er sie liebte. Frauen glaubten so etwas schnell, und er war gut darin, sie davon zu überzeugen. Es würde eine kurze Ehe werden. Nicht umsonst hieß es „bis dass der Tod euch scheidet“.
Der nächste Schritt war also, seinen gesamten Charme auf sie wirken zu lassen. Er würde dafür sorgen, dass es eine heiße Romanze wurde, eine, die eine überstürzte Heirat und die Rückkehr in die Heimat im August rechtfertigte. Wenn da bloß nicht ihr Beschützer wäre! Baron Pendennys hatte sich heute Abend sehr klar ausgedrückt, was passieren würde, wenn er sich Lilya erneut unsittlich nähern würde. Und das bestimmt nicht aus selbstlosen Motiven! Christoph kickte wütend einen Kieselstein weg. Es war nicht das erste Mal, dass Pendennys sein Interesse für Miss Stefanov offenbart hatte. Schon gestern im Park
Weitere Kostenlose Bücher