Historical Saison Band 18
kräftiges dunkles Haar eine Herausforderung für seinen peniblen Kammerdiener dar. Nicht ein einziges Mal in den sieben Jahren, in denen Napes ihm diente, hatte er zur Puderdose greifen dürfen. Ebenso überflüssig war der Versuch, seinen Herrn zu überreden, eine Perücke aufzusetzen. Ansonsten hatte Napes allerdings nichts an Seiner Lordschaft auszusetzen und war insgeheim stolz, sich um die Kleidung eines Körpers kümmern zu dürfen, der wahrhaftig ohne Makel war. Schultern, Brust und Taille waren wohlproportioniert, und die langen Beine waren so gerade und muskulös, dass nie etwas verdeckt oder kaschiert werden musste.
Nachdem Lord Fincham sich das Haar selbst gewaschen hatte, ließ er sich von Napes einen Krug warmen Wassers über den Kopf gießen und lehnte sich dann genüsslich zurück, um ein wenig länger als sonst zu entspannen. Für den kurzen verbleibenden Rest des Vormittags hatte er noch keine Pläne. Einen Moment lang sah er Napes, der im Ankleidezimmer einige abgelegte Kleidungsstücke ordnete, verträumt zu. Dann konzentrierte er sich wieder auf das, was ihn vor dem Einschlafen in den frühen Morgenstunden beschäftigt hatte.
„Sagen Sie, Napes, hatten Sie schon das Glück, die Bekanntschaft unseres neuen Bediensteten zu machen?“
„Ja, in der Tat, Mylord“, antwortete der Diener in einem gleichgültigen Tonfall, der ein völliges Desinteresse an dem Neuankömmling verriet.
Dies wunderte den Viscount nicht übermäßig, denn sein Diener reagierte nur lebhafter, wenn es um Fragen der Bekleidung ging. „Hat der Junge schon gefrühstückt?“
Napes schaute ihn überrascht an. „Ich glaube schon, Mylord. Ich habe ihn vor einer Weile in der Küche mit der Köchin plaudern hören. Haben Sie noch einen Wunsch, Mylord? Andernfalls würde ich jetzt die schmutzige Kleidung in die Waschstube bringen und umgehend mit frischer Wäsche zurückkehren.“
Aus den Augenwinkeln beobachtete der Viscount, wie der Diener zur Tür ging. „Ja, tun Sie das, Napes. Aber schicken Sie den Jungen mit der Wäsche zu mir und kommen Sie dann selbst auch zurück. Ich habe den Wunsch, mich heute richtig lange einzuweichen.“
Etwa zehn Minuten später hörte Lord Fincham ein leises Klopfen an der Tür. Lächelnd bat er herein. Sein neuer Page betrat mit zwei vorsichtigen Schritten den Raum, bevor er wie angewurzelt stehen blieb. Die weit aufgerissenen veilchenblauen Augen des Mädchens verrieten eine Mischung aus Verlegenheit und Ungläubigkeit, dann senkte es den Blick und starrte zu Boden.
„V…verzeihen Sie, Mylord. Mr Napes versäumte es, mir zu sagen, dass Sie noch im Bad sind. Wo soll ich die Wäsche hinlegen?“
„Oh, leg sie da irgendwohin, mein Kind, und reiche mir das Handtuch“, erwiderte er teilnahmslos, während er sich mit Vorbedacht aus dem Wasser erhob. „Jetzt schau doch nicht so verschämt, Junge!“
Der sanfte Tadel reichte aus, um sie aufblicken zu lassen. Entsetzen und Fassungslosigkeit spiegelten sich in ihren zarten Gesichtszügen, als ihr Blick auf den Teil der Anatomie des Viscounts fiel, der sich zwischen Taille und Knien befand. Es folgte ein unterdrückter Aufschrei, der Stapel frisch gewaschener Hemden wurde in die Luft geschleudert und fiel wie ein Haufen Lumpen zu Boden. Anschließend floh Master Green aus dem Zimmer, als wäre der leibhaftige Teufel hinter ihm her.
Zutiefst belustigt über den Ausgang seines kleinen Experiments brach Lord Fincham in schallendes Gelächter aus, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob sein seltsamer und äußerst schockierter Page es hören konnte.
„Das war sehr erhellend“, murmelte er, während er sich ein großes Handtuch umschlang und in sein Schlafzimmer zurückkehrte. „Auch wenn es nicht gerade schmeichelhaft war, wenn ich es mir recht überlege. Ich habe noch nie eine negative Reaktion auf meine männlichen Attribute erlebt! Wozu ein Page doch gut sein kann …“
„Entschuldigen Sie, Mylord.“ Lautlos wie eine Katze hatte sich Napes in das Zimmer geschlichen. Er blickte sich aufmerksam um, während er an den Frisiertisch trat, vor dem sein Herr bereits Platz genommen hatte. Als er begann, das feuchte Haar des Viscounts zu kämmen, verliehen ihm seine herabgezogenen Mundwinkel einen Ausdruck der Verdrießlichkeit.
Lord Fincham erkannte, dass sein Kammerdiener sich gekränkt fühlte und befürchtete, von dem neuen Pagen aus seiner Position verdrängt zu werden. Um dem verletzten Stolz des Dieners keine weitere Nahrung zu geben,
Weitere Kostenlose Bücher