Historical Saison Band 19
machen“, antwortete Maudie entschieden. „Ich bin es leid, dass er jedem Mädchen im Umkreis von fünf Meilen schöne Augen macht.“
„Viel Glück, ich bin sicher, es wird dir gelingen“, meinte Emilia, während sie überlegte, ob sie Hugo wohl schneller vergessen könnte, wenn sie nicht jede Nacht auf seinem ungewaschenen Kissenbezug schlief. „Hast du Zeit für eine Tasse Tee?“
„Oh, das wäre herrlich, wenn du sie erübrigen kannst.“
„Major Travers hat mir eine ganze Dose zum Dank dafür geschickt, dass ich ihn über Weihnachten aufgenommen habe.“ Es war ein verruchtes Vergnügen über Hugo zu reden. Er hatte nicht nur eine große schwarz-goldene Dose Tee geschickt, sondern auch einen Schinken, einen Zuckerhut, ein ganzes Rund Käse und eine glänzende Gewürzdose gefüllt mit Nelken, drei Sorten Pfefferkörnern und einer Muskatnuss in der Mitte.
Es befand sich kein Geschenk darunter, das man unter den gegebenen Umständen als ungebührlich hätte bezeichnen können. Auch der Brief, der den Präsenten beigelegen hatte, enthielt lediglich unpersönliche und respektvolle Worte, dennoch bewahrte sie ihn zusammengefaltet und mit einem Band versehen in ihrer Unterwäscheschublade auf.
Beim Tee plauderte sie angeregt mit Maudie darüber, ob der neue Hilfspfarrer mit seinem Werben um die älteste Tochter des Vikars wohl Erfolg haben würde.
Schließlich erhob sich die Müllerstochter. „Ich muss los“, sagte sie und ging, begleitet von Emilia, zur Tür. Dort rief sie unvermittelt aus: „Schau nur, Emilia! Was sagt man dazu, da haben sich doch glatt ein paar feine Pinkel zu uns verirrt.“
Emilia folgte mit dem Blick Maudies ausgestrecktem Finger. Tatsächlich war auf der Straße, in Höhe von Sir Philips Scheune, eine kleine schwarze Reisekutsche zu sehen, die von zwei edlen, kastanienbraunen Pferden gezogen wurde. Der Kutsche folgte ein großes, grobschlächtiges Pferd, das sie überall wiedererkannt hätte.
„Hugo?“
„Potzblitz“, sagte Maudie genüsslich. „Sieht aus, als würdest du Besuch bekommen. Dann werde ich mich mal verabschieden.“ Mit diesen Worten eilte sie auch schon davon.
Inzwischen hatte Hugo die Kutsche überholt und preschte den Hügel hinunter. Als er an Maudie vorbeikam, zog er den Hut. Kurz darauf zügelte er sein Pferd und blieb vor Emilia stehen, die sich alle Mühe gab, ihn nicht mit vor Staunen offenem Mund anzustarren. In ihrem Inneren kämpften widerstreitende Gefühle: Freude, Verblüffung und Ärger.
„Guten Morgen, Emilia.“
„Was um alles in der Welt tust du hier?“, platzte sie heraus. Sie war zu erschüttert, um auf gute Manieren zu achten.
Hugo schwang sich aus dem Sattel. „Ich habe dir Besuch mitgebracht.“
Die Kutsche hielt im Hof und sie erkannte den Kutscher. „John?“, fragte sie ungläubig.
Noch ehe der Pferdebursche abgesprungen war, hatte Hugo den Wagenschlag geöffnet. „Wir sind da, Madam.“
Die Frau, die mit seiner Hilfe ausstieg, starrte Emilia einen Augenblick an, dann breitete sie lachend und schluchzend zugleich die Arme aus. „Lia, Liebling!“
„Mama?“ Dann stieg ihr Vater aus, kahlköpfig und erschreckend grauhaarig im fahlen Wintersonnenschein. „Papa?“ Gleich darauf warf sie sich ihren Eltern in die Arme und ließ sich umarmen, während ihr die Tränen über das Gesicht strömten. Irgendwann gingen sie alle ins Haus und Hugo kochte Tee.
„Wie habt ihr mich gefunden? Ich wollte euch schreiben und dann …“
„Nachdem ich dir auf deinen ersten Brief so harsch geantwortet habe, hast du wohl beschlossen, deinen zweiten Brief erst gar nicht abzusenden“, sagte ihr Vater traurig. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft ich mir gewünscht habe, die Worte zurücknehmen zu können.“
„Aber ich habe euch drei Mal geschrieben. Nachdem wir durchgebrannt sind, nach der Geburt der Zwillinge und nach Giles’ Tod.“ Fest verschränkte sie die Hände mit denen ihrer Mutter.
„Wir haben nur einen Brief von dir erhalten und hatten keine Ahnung, wo wir dich suchen sollten. Oh, mein Liebes, Hugo hat uns schon davon berichtet. Es tut mir so leid. Giles war ein charmanter Mann, obwohl er so ungestüm war. Und die Jungen! Ich kann gar nicht glauben, dass wir zwei Enkel haben, noch dazu Zwillinge. Hugo hat uns schon von ihnen erzählt.“
„Aber wie hat Hugo euch gefunden?“ Sie nahm die Tasse, die er ihr in die Hände drückte. „Ich habe ihm nie euren Namen genannt.“
„Ich habe mir dreisterweise erlaubt,
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