Historical Saison Band 19
Lordschaft und dessen Schwester gewaltig schmälern, wenn sie eine alte Freundin aufgrund solcher Überheblichkeiten nicht hätten wiedererkennen wollen.“
„Nein, das wäre eine ungerechte Einschätzung. Es trennen uns nicht nur die heutigen Umstände“, fügte Sophie vorschnell hinzu.
„Lord Sylbourne ist sehr attraktiv“, bemerkte Imogen ein wenig zu unschuldig.
„In der Tat ist er gut aussehend und sehr stattlich. Und heutzutage scheint er auch ausgesprochen wohlhabend zu sein, falls die Güte seines Gespanns und die Beschreibung seiner Kutsche durch die Stallknechte irgendeine Relevanz besitzen“, erwiderte Sophie, die ihre Verwunderung über seinen offenkundigen Wohlstand kaum verbergen konnte.
Als sie Holm Park mit ihren zwei Hutschachteln, einer kleinen Reisetasche und Lady Fraynes Adresse sowie fünf Schillingen Fahrgeld in der Tasche verlassen hatte, war sie mit den zwanzig Guineen, die sie in den Unterrock genäht hatte, um sie vor den gierigen Händen des inzwischen verstorbenen Lord Sylbourne zu retten, vermutlich damals die Person mit dem meisten Bargeld im Haus gewesen. Die Vanes hatten so tief im Schuldensumpf gesteckt, dass die Lage ohne eine Geldheirat aussichtslos schien.
„Ich nehme fast an, dass zwischen Ihnen und Lord Sylbourne mehr als eine entfernte Verwandtschaft besteht, Rosie“, stellte Imogen betont sachlich fest. „Bitte versuchen Sie nicht, es mir gegenüber abzustreiten. Ich kenne ihn nicht gut, aber ich glaube kaum, dass er sich so frostig und ironisch Ihnen gegenüber verhalten hätte, wenn nicht vor geraumer Zeit ein heftiger Streit vorgefallen wäre.“
„Vor all den Jahren bestand vielleicht eine hauchdünne Chance, dass etwas Bedeutsameres zwischen uns passiert wäre“, räumte Sophie ein. „Aber das ist eine Privatangelegenheit.“
„Sie wollen mir also nicht mehr erzählen?“
„Nicht, wenn es sich irgend vermeiden lässt. Es war nichts als eine jugendliche Dummheit, und es hat nicht lange gedauert, bis der gesunde Menschenverstand obsiegte.“
„Möglicherweise beurteilt Seine Lordschaft das weniger nüchtern als Sie, Rosie, denn wenn es um Sie geht, wirkt er alles andere als gleichgültig.“
„Das mag schon sein. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass sich seine schlecht getarnte Verachtung für die romantischen Auslegungen eignet, auf die du anspielst, Imogen. Lord Sylbourne und ich sind als Fremde auseinandergegangen, und in derselben seelischen Verfassung sind wir einander wieder begegnet. Jetzt, da unsere Bekanntschaft öffentlich wurde, hoffe ich, dass wir gut miteinander auskommen, während er seine Position wahrt und ich in der meinen verbleibe.“
„Wie sehr ich wünschte, Sie würden Ihr Licht nicht ständig unter den Scheffel stellen. Sie sind meine kluge Ratgeberin und die heißgeliebte Gouvernante meiner Schwestern, Rosie. Ich möchte nicht, dass Sie vorgeben, eine Vogelscheuche zu sein. Es gereicht uns auch keinesfalls zur Ehre, wenn Sie uns Ihr Vertrauen verweigern, nachdem wir uns acht Jahre lang kennen.“
„Schon gut, ich werde mich bemühen, von heute an etwas selbstbewusster aufzutreten, wenn das eher deinen Vorstellungen entspricht.“
„Das passt doch auch viel besser zu Ihnen, Rosie. Ich sage Ihnen ständig, wie sehr wir Sie lieben und schätzen, und Sie rechnen es sich als Schuld oder falschen Stolz an, die Hochachtung der Familie Frayne Ihnen gegenüber zu akzeptieren. Da ist es ja nicht weiter verwunderlich, dass Lord Sylbourne nicht versucht hat, Sie zu überreden bei ihm in Holm Park zu bleiben, wenn Sie schon uns und unsere Gefühle so vor den Kopf stoßen.“
„Ich werde mich bemühen, mehr Vertrauen in mich selbst und auch in deine Familie zu haben, Imogen. Bitte versuche jedoch nicht, bei mir und den Vanes lange verheilte Wunden aufzureißen. Wir haben zwar gerade Weihnachtszeit, aber auch ich bin keine Heilige, und es gibt Dinge, die besser begraben und vergessen bleiben.“
„Vielleicht redest du dir das auch nur ein, um dir ein besseres Leben zu verwehren, Cousine“, sagte Edwina, die mit versteinerter Miene im Türrahmen stand.
Bei der Vorstellung, dass Peters Schwester die Unterredung mit angehört hatte, musste Sophie ein Stöhnen unterdrücken.
„Verzeih, ich habe geklopft, aber du warst offenkundig zu sehr in das Gespräch vertieft, um mich zu hören. Es tut mir leid, heute Abend noch jemanden bemühen zu müssen, aber meine Tante ist ruhelos und hat leichtes Fieber. Daher habe ich mich gefragt,
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