Historical Saison Band 19
ob es vielleicht etwas Fieberkraut oder dergleichen im Haus gibt, das ich ihr geben könnte.“
„Natürlich, ich werde gleich einen milden Kräuteraufguss für sie zubereiten, der sie beruhigen wird, sodass sie Schlaf findet. Das ist besser, als es direkt mit drastischen Mitteln zu versuchen. Ich bringe ihn zu ihr auf das Zimmer, sobald er fertig ist, Dina. Unterdessen wird Imogen sicher so freundlich sein, eines der duftenden Kräutersäckchen zu holen, die wir im Sommer gefüllt haben, und es unter Miss Willis’ Kissen zu schieben.“
„Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie anschließend eine Weile bei meiner Tante am Bett sitzen blieben, Imogen. Dann kann ich Ihrer Miss Rose derweil in der Küche helfen. Ich weiß, dass Feuer gemacht und Töpfe überwacht werden müssen, da ich ihr und ihrer Tante früher beim Zubereiten von Heilmitteln zugesehen habe. Wir haben in Holm Park nie einen Arzt gebraucht, weil die beiden immer in der Lage waren, uns die nötigen Arzneien zu brauen“, erklärte Edwina.
Sophie wich ihrem bohrenden Blick aus und stimmte ihr schweigend zu. Sie hatte alles von ihrer Tante gelernt. Nach deren Tod war der Herr des Hauses ganz der Spielsucht verfallen und ständig verloren, sodass sich die Vanes keinen Arzt mehr hatten leisten können.
„Ich wusste, dass Sie gut darin sind, Potpourris und Duftkugeln herzustellen, doch mir war nicht klar, dass Sie auch Kranke heilen können“, sagte Imogen interessiert, und Sophie errötete, als ihr bewusst wurde, wie viel Neues das arme Mädchen heute Abend über sie erfuhr.
„Es bestand nie die Notwendigkeit, solange deine Mutter am Leben war und sich selbst um alle Heilmittel kümmerte, die im Haushalt benötigt wurden“, erklärte sie entschuldigend und spürte, dass Edwina sie fragend ansah. „Und leider hätte ich deine Mutter ebenso wenig retten können, wie es bei meiner Tante der Fall war.“
Als sie kurz darauf die Treppe hinuntereilten, erkundigte sich Edwina: „Der Verlust deiner Tante und der Tod von Imogens Mutter haben dich also veranlasst, das Heilen von Kranken aufzugeben?“ Sie hatten sich in Stolen und Decken gehüllt, um sich gegen die Kälte zu schützen, die im Haus zunahm, nachdem die meisten Kaminfeuer ausgeglüht oder für die Nacht gelöscht worden waren.
„Meine Hilflosigkeit angesichts ihrer Erkrankungen haben mich in der Tat an meinen Fähigkeiten zweifeln lassen. Aber auf jeden Fall erinnere ich mich noch daran, wie man einen einfachen Sud gegen Schlaflosigkeit und Unruhe zusammenbraut. Hoffentlich wird das reichen, damit sich Miss Willis rasch von der Unterkühlung erholt.“
„Dir sind doch deine Mitmenschen im Grunde egal, so zurückgezogen, wie du jetzt lebst und so unnahbar, wie du dich gibst, Sophie. Mir wäre es ein Graus, mich derartig von der Außenwelt abzuschotten, nur um mich sicher zu fühlen.“
„Der Punkt geht an dich“, erwiderte Sophie traurig. „Aber ich liebe meine Schülerinnen sehr“, verteidigte sie sich leise.
„Ein Trio mutterloser Mädchen, das jeden mag, der ihnen Aufmerksamkeit schenkt. Selbst der kälteste Mensch würde sie lieben, noch dazu, wenn er mit ihnen unter einem Dach lebt.“
„Ich habe ihre Mutter sehr bewundert. Lady Frayne hat mir zu einem Zeitpunkt geholfen, wo ich mich völlig einsam und verlassen fühlte. Du solltest mich nicht verurteilen, Dina, oder zumindest nicht, bevor du nicht weißt, wie es sich in den letzten acht Jahren angefühlt hat, in meiner Haut zu stecken“, sagte Sophie.
Endlich erreichten sie den Küchentrakt des Hauses, und sie begann sofort, die Kerzen in den Wandhalterungen anzuzünden.
„Du hättest nicht die Einsamkeit wählen müssen. Wir hätten zu dir gestanden, egal, was damals vorgefallen ist. Ich liebte dich wie eine Schwester. Du warst für mich nicht einfach nur die Nichte der zweiten Frau meines Vaters, Sophie. Es hat mir wahrhaftig das Herz gebrochen, als du ohne ein Wort des Abschieds fortgegangen bist. Du bist verschwunden, und nicht einen einzigen Brief hast du uns in all den Jahren geschrieben, um uns mitzuteilen, wie es dir geht und was du machst.“
„Weil es besser war, dass ihr nichts darüber wusstet“, erklärte Sophie niedergeschlagen. Als sie hastig die Kräutermischung vorbereitete, tauchte Peter aus der Dunkelheit hinter ihnen auf.
Er musste zumindest die letzten Worte mit angehört haben, denn er blickte sie verwundert an. Ob er ihnen bereits länger zugehört hatte, ließ sich nicht sagen.
7.
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