Historical Saison Band 19
mit Verwünschungen übersät, weil sie seine Pläne zunichtegemacht hatte. Denn offenkundig hatte Peter nicht nachgegeben und sich geweigert, die reiche junge Dame zu heiraten, die sein Vater für ihn ausgesucht hatte. Vielleicht hätte diesen Hartley Vane aber auch ein wenig Mitleid erfasst, wenn er gesehen hätte, wie Sophie, inzwischen Miss Rose, schließlich erschöpft einschlief, während die Tränen von ihren Wangen noch auf das Kopfkissen kullerten.
„Guten Morgen“, sagte Sophie leise und betrat so unauffällig wie möglich das Frühstückszimmer. Sie seufzte, als alle Augenpaare sich von den Tellern ab- und der verspäteten Gouvernante zuwandten.
„Guten Morgen“, begrüßte Lady Edwina sie ironisch lächelnd.
„Cousine“, sagte Peter und musterte stirnrunzelnd ihre Augenränder und das bleiche Gesicht. Soll er nur, dachte sie kämpferisch. Schließlich war er der Grund, weshalb sie kaum Schlaf gefunden hatte.
„Es schneit wieder, Miss Rose. Vielleicht werden wir hier tagelang von der Außenwelt abgeschnitten sein, sodass wir Mr Wroxley essen müssen“, rief Audrey fröhlich und sprang aufgeregt vom Stuhl, um erneut nach dem Wetter zu sehen.
„Nun, also wirklich, Audrey …“, begann Sophie tadelnd, sprach jedoch nicht weiter, weil Peters Miene ihr verdeutlichte, wie wenig er von ihrer Strenge gegenüber den lebhaften Schützlingen hielt. Hält er meinen Erziehungsstil wirklich für derartig erdrückend und einengend? Wie erklärt er sich dann, dass die drei Schwestern allesamt kein Blatt vor den Mund nehmen? fragte sie sich wütend.
„Er hat nicht genug Fleisch auf den Knochen“, bemerkte Peter lakonisch.
„Das ist wahr. Dann müssen wir ihn wohl weiter ertragen und verhungern“, folgerte Audrey mit der unschuldigen Heiterkeit eines Kindes, das niemals im Leben echten Hunger kennengelernt hatte.
„Das bezweifle ich, da das Haus für die Weihnachtstage bis unters Dach mit Vorräten bestückt ist, Miss Frechdachs. Hüte dich davor, unsere rasch beleidigte Köchin deine Bemerkungen hören zu lassen. Sie hat sich dafür gerüstet, eine ganze Kleinstadt zu verköstigen“, riet Sophie ihrer Schülerin lächelnd. Sie bemerkte, dass Peter sie anstarrte. Anscheinend erstaunte es ihn, dass sie sich den aufgeweckten Mädchen gegenüber nicht wie ein kaltherziger Drache verhielt. Wenn er nur gewusst hätte, welchen Platz die drei in den letzten Jahren in ihrem leeren Herzen eingenommen hatten.
„Nein, das wäre in der Tat nicht klug, Audrey. Papa wäre bestimmt gar nicht erfreut, wenn er nach den vielen Tagen mit der weinenden und jammernden Tante Matilda zurückkommt und sieht, dass Miss Rose in seiner Abwesenheit nicht nur auf zwei ungezogene Schwestern aufpassen und bei der Unterhaltung von Gästen helfen musste, sondern auch noch gezwungen war, für alle zu kochen“, mischte sich Imogen heiter ein, während Sophie sich etwas von dem Frühstücksbuffet nahm und sich nicht anmerken ließ, wie unangenehm ihr die ungewollte Aufmerksamkeit war.
„Ich bin nur die Gouvernante, Imogen. Ich nehme an, Sir Gyffard wird bei seiner Rückkehr Wichtigeres zu tun haben, als sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wer welche Aufgaben erfüllt hat“, bemerkte Sophie so gelassen wie möglich. Doch sie spürte Peters Blicke, als ob sie sich von hinten in ihre Haut einbrennen würden. Sie drehte sich um und sah ihn herausfordernd an, als sie zurück an den Tisch ging.
Soll er doch über meine Beziehung zum Herrn des Hauses denken, was er will, beschloss sie und hoffte, er könne ihre Gedanken lesen.
„Nein, Sie sind viel mehr als nur unsere Gouvernante, Rosie. Ohne Sie wären wir verloren“, widersprach Audrey, schlängelte sich in die Lücke zwischen Sophies und ihrem Stuhl und umarmte sie, als ob sie ihr Trost spenden wollte, weil jemand sie für ersetzbar hielt.
„Wie rührend“, kommentierte Peter spöttisch. Sophie beobachtete, dass seine Schwester ihm einen tadelnden Blick zuwarf. Offenkundig betrachtete sie die Aufmerksamkeit, die er der Gouvernante schenkte, als übertrieben.
„Das stimmt tatsächlich, Lord Sylbourne“, bestätigte Imogen ernst, und Sophie sah ihr an, dass er in ihren jugendlichen Augen gerade an Ansehen verloren hatte. „Unsere Mutter starb vor fünf Jahren, und Papa hat sich nach ihrem Tod wochenlang in der Bibliothek eingesperrt. Da unsere Tante Matilda meistens von uns in Ruhe gelassen werden will oder dazu neigt, uns strenge Vorträge über unsere Pflichten zu
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