Historical Saison Band 20
Offenbar bestand jetzt darauf keine Hoffnung mehr. Anthony war wieder da, und er hatte nicht die Absicht fortzugehen.
„Wie du willst.“ Sie erhob sich von der Tafel. „Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest. Ich bin ziemlich müde und möchte mich früh zurückziehen.“
Anthony erhob sich ebenfalls und musterte sie eindringlich. „Gute Nacht, Claudia.“
Er sah ihr nach, bis sie fort war, und setzte sich seufzend. Insgeheim verwünschte er sich für seine Taktlosigkeit. Jedes Mal, wenn er glaubte, einen Fortschritt gemacht zu haben, beging er einen dummen Fehler. Er hätte Ulverdale nicht erwähnen dürfen, andererseits hatte er nicht ahnen können, wie groß ihre Abneigung gegen den Ort war. Sie sah in ihm eine Art Gefängnis, und so hätte es natürlich keinen Sinn gehabt, darauf zu bestehen, dass sie ihn begleitete. Auch der Grund für ihren Wunsch, nach London zu reisen, war ihm nicht entgangen. Sie würde die vielen Vergnügungen genießen können, aber vor allem war es in der Stadt leichter, ihm aus dem Weg zu gehen. Er leerte sein Weinglas. Warum sollte sie auch nicht wünschen, ihn weniger zu Gesicht zu bekommen? Sie war in einer Ehe mit einem Mann gefangen, den sie nicht liebte und dessen Absichten sie nicht traute. Und doch hatte es eine starke Anziehungskraft zwischen ihnen gegeben. Er konnte sich das nicht eingebildet haben. Die Erinnerung daran war zu lebendig. Wenn er diesen sinnlichen Funken zwischen ihnen nur wieder entzünden könnte …
Er seufzte. So wie die Dinge im Augenblick standen, schien eine solche Hoffnung sinnlos.
8. KAPITEL
D ie Uhr auf dem Kaminsims zeigte kurz vor sieben an. Claudia schlüpfte aus dem Bett und ging zum Schrank, auf der Suche nach ihrem Lieblingsreitkostüm. Sobald sie es gefunden hatte, zog sie sich an. Einen Moment betrachtete sie sich im Standspiegel. In den schlichten Jungenkleidern gab sie eine sehr schlanke Figur ab. In London hätte sie sich niemals diese Freiheit erlauben können, aber hier in der Abgeschiedenheit ihres eigenen Parks konnte sie tun, was ihr beliebte.
Vorsichtshalber verließ sie das Haus über die Hintertreppe. Ohnehin lief sie kaum Gefahr, Anthony zu begegnen. Wahrscheinlich würde er erst in ein paar Stunden aufstehen, und bis dahin würde sie wieder ganz die respektable Dame des Hauses sein. In der Zwischenzeit gedachte sie jedoch, sich zu amüsieren.
Sie eilte den Seitenweg entlang, bog um die Ecke des Hauses und hielt auf die Ställe zu. Wenig später war sie dort angekommen. Im selben Moment trat der oberste Pferdeknecht aus dem Stallgebäude.
Er tippte sich respektvoll an die Mütze. „Guten Morgen, Mylady. Soll ich Spirit für Sie satteln?“
Freundlich erwiderte sie sein Lächeln. „Danke, Jenkins.“
„Möchten Sie, dass ich Sie heute begleite?“
„Nein, ich bleibe innerhalb des Parks, da ist das nicht nötig.“
„Sehr wohl, Mylady.“
Fünf Minuten später führte er Spirit aus dem Stall heraus. Die Fuchsstute wieherte und spitzte die Ohren, als sie Claudia entdeckte. Lächelnd sah Jenkins zu, wie seine Herrin die samtige Nase des Pferdes streichelte. Dann hielt er ihr den Steigbügel und wartete, bis sie bequem im Sattel saß, bevor er das Zaumzeug losließ. Claudia dankte ihm, stieß der Stute sanft die Fersen in die Flanken und machte sich auf den Weg.
Es hatte in der Nacht geregnet, aber die Wolken waren weitergezogen und hinterließen blasses Sonnenlicht und einen leicht verhangenen blauen Himmel. Claudia lächelte. Trotz aller Probleme fühlte es sich gut an, an einem solchen Morgen am Leben zu sein. Es war schön, für eine Weile allein sein und zumindest die Illusion von Freiheit genießen zu können.
Sie hielt die Stute zurück, solange sie sich noch auf dem von Bäumen gesäumten Weg befanden, doch kaum hatten sie offenes Feld erreicht, erlaubte sie Spirit, loszutraben. Die schnellere Geschwindigkeit fühlte sich wundervoll an – der Wind in ihrem Haar und die kühle Luft auf ihren Wangen. Das Pferd schien die Freude seiner Herrin zu spüren und zu teilen. Es schien regelrecht über das Gras zu fliegen. Als sie seine Ungeduld fühlte, beugte Claudia sich vor.
„Los, Spirit. Ich möchte, dass du so schnell läufst, wie du kannst.“
Damit ließ sie dem Pferd die Zügel schießen, und es beschleunigte zu einem lebhaften Galopp.
Als Matthew ihn rasiert hatte, erhob sich Anthony und trocknete sich das Gesicht mit einem Handtuch. Ein flüchtiger Blick aus dem Fenster ließ ihn wie angewurzelt
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