Historical Saison Band 20
Mittel zum Zweck, wie sie es schon immer gewesen war. Das erste Mal war es wegen ihrer Mitgift gewesen, jetzt ging es darum, dass sie ihm einen Erben gebar. Und kaum hatte er eine günstige Gelegenheit gesehen, ging er schon daran, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Beschämt, dass sie sich derart hatte benutzen lassen, versteifte sie sich und drehte den Kopf beiseite, sodass seine Lippen nur noch ihre Wange trafen.
„Es tut mir leid … Ich hätte niemals …“
Anthony fühlte sich, als hätte man ihm einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet. Abrupt wich er zurück und betrachtete ihr abgewandtes Gesicht. Sein Mut sank. Ihr Gesichtsausdruck erstickte jede Leidenschaft, und er gab Claudia sofort frei.
„Verzeih mir“, sagte er leise. „Ich hatte nicht die Absicht, mich so hinreißen zu lassen.“
Jetzt begegnete sie seinem Blick, schien aber nicht in der Lage, zu sprechen. Doch der Ausdruck in ihren Augen sagte mehr, als Worte es gekonnt hätten.
Mit kühler, fast spöttischer Miene sah er sie an. „Ich hätte daran denken sollen, dass du es vorziehst, solche Intimitäten im Dunkeln auszutauschen.“
Und damit drehte er sich auf dem Absatz um und ging. Stumm, zitternd vor innerem Aufruhr, sah Claudia ihm nach. Sie musste wirklich den Kopf über sich schütteln. Wie hatte sie eine solche Närrin sein können? Nach allem, was die Erfahrung sie über die Ehe gelehrt hatte, wie hatte sie sich da so leicht verführen lassen können? Doch als er sie geküsst hatte, hatte sie nicht anders handeln können – schlimmer noch, sie hatte es gar nicht gewollt. Ihr ganzer Leib glühte noch von seiner Berührung, seinem Duft, seinem Geschmack. Nicht viel hatte gefehlt, und er hätte sie hier im Stroh genommen wie eine gemeine Dirne, und sie hätte es zugelassen! Selbst die Furcht vor einer Schwangerschaft hätte sie in dem Moment nicht davon abgehalten. War sinnliches Verlangen eine so starke Leidenschaft, dass sie jeden anderen Gedanken auslöschen konnte? Oder war sie selbst einfach willensschwach? Das schien Anthony jedenfalls in ihr gesehen zu haben, und offenbar hatte es ihn abgestoßen. Bestürzt fragte Claudia sich, wie sie ihm je wieder gegenübertreten sollte.
Anthony schritt energisch und mit grimmiger Miene zum Haus zurück. Es war nicht seine Absicht gewesen, sie zu berühren, aber irgendwie hatte er sich nicht zurückhalten können. Er hatte sie so sehr begehrt, dass es ihn fast erschreckte. Sie entfachte schon seine Leidenschaft, wenn sie nur im selben Raum mit ihm war. Ihre Reaktion hätte ihn nicht zu erstaunen brauchen, schließlich wusste er, zu welcher Sinnlichkeit Claudia fähig war. Dabei war es ihr gelungen, den größten Teil ihres Widerwillens zu verbergen, doch niemals völlig. Sobald ihm klar geworden war, dass seine Gefühle nicht erwidert wurden, hatte er seine Scham und Verlegenheit hinter einer kühlen Abfuhr verborgen. Der Gedanke daran erfüllte ihn erneut mit Scham. Welche Frau konnte ihn jetzt anders als mit Abscheu betrachten? Um keine Zurückweisung oder, schlimmer noch, Mitleid zu riskieren, hatte er sich so selten wie möglich mit dem schönen Geschlecht abgegeben und sich lieber auf seine Karriere konzentriert. Nun, da er seine eigenen Regeln gebrochen hatte, musste er auch die Konsequenzen hinnehmen. Vor gar nicht so langer Zeit hatte er Claudia gesagt, dass er beabsichtigte, ihr ein Ehemann zu sein. Jetzt fragte er sich, woher er dieses verwünschte Selbstbewusstsein genommen hatte.
10. KAPITEL
A ls er ihre leichtfüßigen Schritte hörte, sah Anthony sich um und kam langsam auf die Beine. Wie es ihm gelang, weiterzuatmen, hätte er nicht sagen können, da es ihm so vorkam, als wäre es ihm völlig unmöglich. Er hatte nicht erwartet, dass sie sich heute Abend zeigen würde, vielleicht sogar tagelang nicht. Die meisten Frauen in ihrer Lage hätten zu ihrem Riechsalz Zuflucht genommen und sich entschuldigt. Aber nicht Claudia. Im Grunde hätte er wissen müssen, dass sie genau das Gegenteil tun würde. Sie brachte nicht nur die Kraft auf, sich ihm zu stellen, sie sah dabei auch noch völlig gelassen aus. Als könnte sie kein Wässerchen trüben. Und was ihr Kleid anging – so tief ausgeschnitten, so eng anliegend … Ein Blick genügte, um jeden Mann aus der Fassung zu bringen. War das Absicht? Es hätte ihn nicht erstaunt. Den Mut dazu hatte sie. Im Grunde hätte das seinen Zorn schüren müssen, aber stattdessen empfand er eher Bewunderung.
„Guten Abend,
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