Historical Weihnachten Band 04: Zeit der Hoffnung, Zeit der Liebe? / Mein Engel der Weihnacht / Ein Weihnachtsmärchen in London
lebendigere Frau vorzustellen als Fiona MacPherson. Natürlich musste er zugeben, dass er auf diesem Gebiet nicht über viel Erfahrung verfügte – im Grunde über gar keine. Wie beim Reisen musste er sich auch hier auf das verlassen, was er aus Büchern erfahren konnte. Und doch wusste er ohne jeden Zweifel, dass er und Miss MacPherson sich in körperlicher Hinsicht sehr gut verstanden. Wie warm sie sich angefühlt hatte, wie unendlich schön es gewesen war, sie in seinen Armen zu halten – als gehöre sie dorthin. Einen flüchtigen Moment lang hatte er sogar fast das Buch vergessen – fast.
Er trocknete sich das Gesicht. Trotz seines schlechten Gewissens durfte er sich nicht erlauben, sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Gestern Abend hatte er zugelassen, dass ein Übermaß an Whisky und ein Paar hübscher Fußknöchel ihm den Kopf benebelten. Solche Fehltritte würde es nicht wieder geben.
Sobald er sich gewaschen hatte, fuhr er sich mit seinem Kamm durch das Haar. Seine Kleidung sah aus, als hätte er darin geschlafen – was ja auch der Fall war. Aber das ließ sich jetzt nicht ändern. Mit wieder einigermaßen respektablem Erscheinungsbild trat er aus dem Zimmer und ging die Treppe hinunter, um sich Miss MacPherson und sicher auch ihrem Unmut zu stellen.
Er entdeckte sie in ihrem Arbeitszimmer im vorderen Teil der Buchhandlung.
Offenbar mit etwas an ihrem Schreibtisch beschäftigt, machte sie sich nicht einmal die Mühe aufzusehen, obwohl sie sein Kommen auf dem knarrenden Holzfußboden gehört haben musste. Tobias wartete ab und nutzte den Moment, um seine Widersacherin zu mustern. Ihr langes, üppiges Haar, das er gestern in all seiner Pracht hatte bewundern dürfen, hatte sie heute zu einem Knoten im Nacken hochgesteckt. Ihre schlanke Figur versteckte sie unter einem hochgeschlossenen schwarzen Wollkleid. Eine Brille mit dünnem Drahtgestell ruhte auf ihrer reizenden Nase, die, wie Tobias fand, wirklich entzückend aussah. Immer noch in ein offenes Kassenbuch vertieft, einen Füllfederhalter in den schmalen Fingern, machte sie einen besonders geschäftstüchtigen Eindruck. Aber auch ihm war vor allem an einem bestimmten Geschäft gelegen.
Noch auf der Schwelle verweilend, räusperte er sich. „Erwarten Sie rege Geschäfte an Heiligabend?“, fragte er interessiert.
Sie blickte kaum auf. „Man kann nie wissen. Gestern kamen einige Kunden, zwar haben sie nur in den Büchern geblättert, aber während meines Leseabends habe ich etwas verkauft.“
„Sie halten Leseabende ab?“ Dieses Mal wirklich interessiert, kam er langsam näher.
„Was lesen Sie denn?“
Sie zuckte die Achseln. „Vieles. Biografien, Geschichtsbücher und gelegentlich auch Romane. Diesen Monat wählten wir Dickens’ Weihnachtsgeschichte, aber das ist schon fast Tradition.“ Auch jetzt sah sie ihn nicht an, doch wenigstens sprachen sie miteinander.
Tobias kannte die Geschichte natürlich. Sie hatte ihm nicht besonders gefallen, nicht, weil er sie für zu weit hergeholt hielt, sondern weil das Gefühl, von Geistern aufgesucht zu werden, ihm nur allzu vertraut war. „Was halten Sie davon?“ Er kam noch näher, ohne um Erlaubnis zu bitten.
Mit einer ungeduldigen Bewegung schob sie die Brille höher. „Es ist eine recht alberne Geschichte, denke ich, Claire und Addie mögen sie allerdings.“ Sie machte eine Anmerkung am Rand einer der Seiten in ihrem Kassenbuch, aber auf eine fast ärgerliche Weise, sodass Tobias fürchtete, das Ergebnis ihrer Rechnung müsse sehr düster ausgefallen sein.
„Claire und Addie sind Ihre Lesefreunde, wie ich annehme.“
„Genau.“ Sie legte den Federhalter mit einem gereizten Seufzer hin und sah zu ihm auf. „Ich bin allerdings sicher, dass Sie nicht gekommen sind, um sich nach meinen Lesegewohnheiten oder Freundschaften zu erkundigen. Habe ich recht, Mr Templeton?“
„Ja, deswegen bin ich wirklich nicht gekommen“, gab er zu. „Tatsächlich bin ich hier, um mich bei Ihnen zu entschuldigen. Leider schon zum zweiten Mal. Es war nicht meine Absicht … äh … Sie aus Ihrem Bett zu vertreiben.“
Sie sah ihn durchdringend aus ihren wunderschönen Augen an. „Mich aus meinem Haus zu vertreiben ist völlig einwandfrei, Sie müssen sich aber entschuldigen, wenn Sie mich aus meinem Bett werfen? Ihre Vorstellung von Ritterlichkeit ist wirklich eigenartig, Mr Templeton.“
„Sie hätten mich im Zimmer Ihres Vaters unterbringen können“, schlug er vor.
Ihr Blick zeigte ihm, dass er
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