Historical Weihnachten Band 6
freute Noel sich schon darauf, sich dem hübschen Jungen zuwenden zu können – nachdem sie bei ihrem Herrn ihre Pflicht erledigt hatte.
Benedick ließ dieses heidnische Ritual zu. Noel stellte sich auf die Zehenspitzen, und ihre Lippen berührten ganz flüchtig seine Wange. Wollte das Gör sich einen Gatten angeln, oder suchte es nach einem neuen Vater? Benedick fragte sich zornig, ob Noel wirklich auf eine Ehe aus war oder eher auf eine geschlechtslose Verbindung, in der sie den Haushalt führte, während er auf seinem Stuhl mit dem Kissen thronte.
Benedick packte sie bei den Schultern. Glaubte sie wirklich, ein Bursche, der ein bisschen mehr als nur halb so alt war wie er, könnte ihr mehr Vergnügen verschaffen? Er verzog den Mund zu einem bitteren Grinsen. Reife und Erfahrung zählten deutlich mehr, und dieses Mädchen musste endlich lernen, wie man mit Männern umging.
Ihre blauen Augen sahen voller Neugier zu ihm auf, doch Benedick wollte sich auf keinen Fall in ihnen verlieren. Dieses Mal, so hatte er sich geschworen, sollte die kleine Noel ganz benommen sein, wenn er mit ihr fertig war. Er blickte auf ihre Schultern und ließ seine Daumen über die bloße Haut direkt über ihrem Kleid wandern. Er spürte, wie sie sich unter seiner Berührung entspannte, und lächelte finster.
„Pass bloß auf, wen du in Versuchung führst, Kind“, sagte er und senkte den Kopf. Vor Überraschung öffnete Noel den Mund, was er sofort ausnutzte. Er küsste sie heftig. Eigentlich hatte er sie nur auf ihren Platz weisen wollen, doch er versank in ihrer Süße. Sie roch nach Palmzweigen und Noel und schmeckte wie Holunderwein. Warm. Feucht. Köstlich.
Und sie erwiderte seinen Kuss. Sie gab sich ihm hin, ihre Arme glitten seine Brust hinauf und schlangen sich um seinen Hals. Die sanfte Berührung ihrer Finger in seinem Nacken brachten sein Blut in Wallung. Er lehnte sie gegen die Steine des Torbogens. Ihre festen Brüste drückten sich gegen seine Brust, ihr flacher Bauch presste sich an ihn, und ein ungeheuerliches Begehren, das lange in ihm geschlummert hatte, stieg in ihm hoch. Aber da war noch mehr. Es fühlte sich alles so richtig an, so, als würde er nach Hause kommen, ganz wie in seinem Traum.
Das war verblüffend, und eilig hob er den Kopf und wich etwas zurück. Verwirrt blickte er hinab auf die Frau in seinen Armen. Sie ließ sich gegen die Mauer sinken und sah mit diesen erstaunlichen Augen zu ihm auf, ganz erfüllt von einem unschuldigen Begehren, das beinahe sein Verderben hätte sein können. Wenn ihm nicht plötzlich klar geworden wäre, in welcher Umgebung sie sich befanden und dass ein verwundertes Schweigen sich über den ganzen Saal ausgebreitet hatte, hätte er sie wohl noch einmal an sich gezogen.
Benedick verstand nicht viel von den Traditionen, die Noel so wichtig waren, doch er wusste, dass Küsse unter dem Mistelzweig keusch und freundschaftlich sein sollten, nicht von pulsierender Lust erfüllt. Er verzog das Gesicht, doch er schämte sich nicht. Noel lehnte noch immer an der Wand, ihre Brüste hoben und senkten sich heftig, das grüne Kränzchen hing schief auf ihrem Kopf, ihre Augen leuchteten vor Sehnsucht. Eigentlich sollte er ganz zufrieden sein, denn sie hatte offenbar entdeckt, dass er kein zittriger Greis war. Aber unglücklicherweise musste auch Benedick etwas feststellen.
Sein Mündel war kein Kind mehr.
Benedick stampfte davon, und Noel sah ihm nach. Sie hörte den begeisterten Ausruf seines Knappen und das entzückte Gemurmel der Menschen, die sich zu dieser späten Stunde noch im Saal aufhielten, doch sie achtete nicht darauf. Sie hatte nur noch Augen für ihren Ritter. Groß, schlank und muskulös strebte er ohne Anstrengung von dannen, zur Treppe hin.
Noel konnte diesen Körper noch spüren, wie er sich an sie drückte, stark und heiß und erregend, und sie errötete. Sie rang um Atem und schloss die Augen. Seit ein paar Jahren stahl sie sich Küsse unter dem Mistelzweig, aber so etwas hatte sie dabei noch nie empfunden. Seine Lippen und seine Zunge hatten sich köstlich und voller Geheimnisse angefühlt.
Geheimnisvolle Dinge, die nur er ihr beibringen konnte.
Und erst seine Berührungen! Noel erschauerte. Ihre Haut kribbelte noch dort, wo er sie angefasst hatte. Das alles war für sie eine Offenbarung, die sie bis ins Mark erschütterte.
„Ich glaube, damit habt Ihr für heute genug geküsst.“
Bei der trockenen Bemerkung des Knappen riss Noel die Augen wieder auf. Er
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