Historical Weihnachten Band 6
unendlichen Frieden, auf den er schon lange nicht mehr gehofft hatte. Endlich wieder daheim, umgeben von Wärme und Wohlbehagen – und von Noels zarten Berührungen. Sie lag in seinem Bett, und er war entzückt von ihrer seidigen Haut und dem verträumten Ausdruck in ihren Augen. Dieser Blick galt einzig ihm, und er gab ihr, was sie wollte. Ihr Kuss schmeckte besser als Wein und war mindestens ebenso berauschend …
Mit einem Mal war er wach und blinzelte an die Decke. In der Kälte des Morgens lag er allein rücklings auf dem Bett. Das Feuer war ausgegangen, und er zitterte trotz der dicken Pelzdecke. Die schweren Vorhänge, die er gestern Abend zugezogen hatte, schützten kaum gegen den kalten Luftzug, denn er fror bis ins Mark.
Benedick runzelte die Stirn. Er hätte sie nicht küssen sollen. Nun wusste er, welches Entzücken den Ehegatten erwartete, den er für sie finden musste, und dieses Wissen passte ihm ganz und gar nicht. Aber er durfte seinem Drang nicht nachgeben. Noel war viel zu jung und viel zu unschuldig, um sie mit seinen düsteren Erinnerungen zu belasten. Das war eine bittere Wahrheit, doch Benedick musste sich dieser Wahrheit stellen, so, wie er sich schon vielen bitteren Wahrheiten gestellt hatte.
Er würde einen jungen wohlhabenden Mann mit Besitz für sie finden, der nicht einen Tag seines Lebens hatte kämpfen müssen, jemand, der genauso klug und fröhlich war wie sie, und dem sie viele Kinder schenken würde. Dann wäre er sie ebenso los wie diese fürchterlichen Träume. Bis dahin würde er sich in Erinnerung rufen, dass Noel sein Mündel war und sonst nichts, und sich entsprechend benehmen. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und zählte. Nur noch zehn Tage.
Als er, gefolgt von einem schläfrigen Alard, hinunter in den Saal ging, fand Benedick geschäftiges Treiben vor. Diener eilten hin und her, und Noel stand am Hauptportal und begrüßte begeistert zwei Bauern.
Benedick kniff die Augen zusammen. Die Männer verhielten sich übertrieben freundlich für seinen Geschmack. Der Unterschied zwischen einem landlosen Ritter und einer Dame war ihm immer sehr deutlich bewusst gewesen, und diese beiden kamen ihm noch ärmer vor, als er selbst einmal gewesen war – jedenfalls war es nicht standesgemäß, dass sie ihr so nahe kamen und so breit grinsten. Er trat an Noels Seite, um diese Bettler fortzujagen, doch die Worte erstarben ihm in der Kehle, als sie sich ihm zuwandte.
„Sir Villiers“, sagte sie atemlos, was ihn an ihr letztes Zusammentreffen unter dem Mistelzweig erinnerte. Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das ihm das Herz aus der Brust zu reißen schien. Er legte eine Hand darauf und versuchte, das Gefühl zu ignorieren. So hatte ihn noch nie eine Frau angesehen, so, als sei er die Erfüllung all ihrer Gebete.
Aber vielleicht war er das tatsächlich, überlegte Benedick stirnrunzelnd. Sie glaubte ja auch, seine Burg würde ihr gehören. Er ließ die Hand sinken und musterte sie genauer. War sie wirklich so erfreut, ihn zu sehen?
Noel beachtete sein Stirnrunzeln nicht und deutete auf die beiden Männer, die Benedick schon wieder vergessen hatte. „Das sind Drogo und Edgar, zwei Freie, die ihr eigenes Stückchen Land haben, aber auch auf Eurem arbeiten.“ Benedick setzte ein höfliches Gesicht auf und nickte.
„Wir sind hocherfreut, Euch wieder daheim zu sehen, Herr“, sagte Drogo. „Es ist ein gutes Zeichen, dass Ihr rechtzeitig zum Weihnachtsfest angekommen seid.“
„Und Noel veranstaltet ein Fest wie sonst keiner“, fügte Edgar seufzend hinzu. „Das kann sich sogar mit dem des Königs messen.“
Das wollen wir doch nicht hoffen, dachte Benedick, denn er hatte von den aufwendigen und verschwenderischen Festen gehört, die König Edward zu geben pflegte. Noel geleitete die Männer rasch an ihm vorbei, als würde sie sein Missfallen spüren, und schickte sie an die Tische, die bereits wieder gedeckt wurden.
„Was wollen die Männer hier?“, fragte Benedick und sah ihnen verwundert nach.
„Es ist doch Weihnachten“, erwiderte Noel. „Alle sind zum Fest eingeladen. Alle bekommen ein Stück Brot und eine Kerze, und alle dürfen bleiben, bis unsere eigenen Kerzen heruntergebrannt sind.“
„Was für ein Aufwand!“, murmelte Benedick, der für solche Verschwendung keinerlei Anlass sah.
„Aber das ist –“
„Ich weiß, ich weiß. Tradition.“ Benedick hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Doch Noel lachte ungerührt. Dann kam ein
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