Historical Weihnachten Band 6
Benedick nach und stand auf.
„Es ist ein Kissen für Euren Stuhl.“ Mit einem Lächeln schob sie das Kissen auf die Sitzfläche. Langsam dämmerte ihm, dass dieses Geschenk nicht für einen anderen gedacht war, denn es passte haargenau.
Irgendwann im Laufe des letzten Jahres musste Noel es mit eigenen Händen gestickt haben – für ihn, obwohl sie gar nicht wissen konnte, wann er zurückkehren würde. Benedick fühlte sich merkwürdig berührt, denn bisher hatte noch nie jemand irgendetwas nur für ihn gemacht.
„Das kann ich nicht annehmen“, murmelte er.
„Aber Ihr müsst!“, sagte sie und drückte ihn wieder in den Stuhl zurück. Er sank auf das Kissen, und es fühlte sich … wunderbar an. „Ich muss zwölf Geschenke machen, und dies ist eins davon, deshalb könnt Ihr es gar nicht zurückweisen. So! Bequem?“
Benedick nickte nur knapp. Sie beugte sich über ihn, ihr goldenes Haar fiel ihr von der Schulter und kitzelte ihn. Ihre Augen waren blauer als ein klarer Gebirgsbach, ihr Lächeln strahlender als die Sonne, und sein ganzer Körper verkrampfte sich; ihre Nähe brachte ihn mehr aus der Ruhe, als ihm dies bei jeder anderen Frau je widerfahren war. Ihr Duft stieg ihm in die Nase, noch berauschender und noch lebendiger als in seinem Traum. Gerade als er sich daran erinnern wollte, richtete sie sich wieder auf und entfernte sich, um ihr nächstes Geschenk zu überreichen.
Benedick lehnte sich zurück, schockiert über seine eigene Reaktion auf die Gegenwart seines Mündelkindes. Sein Atem ging viel zu schnell, und er musste sich Mühe geben, ihn wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er versuchte, jede Schuld von sich zu weisen. Es war ganz natürlich, das ein hübsches Mädchen etwas bei ihm auslöste. Schließlich war er ein Mann, trotz seiner kürzlichen Gefangenschaft gesund, und in einem Grab lag er trotz aller Erschöpfung auch noch nicht.
Merkte Noel das denn nicht, diese kleine Närrin? Offenbar nicht, wie er mit einiger Verstimmung feststellte. Jedes andere Weib, das sich einen wie ihn angeln wollte, würde ihm nicht von der Seite weichen und ihn mit ihren Reizen locken, um ihn herumzukriegen. Aber anstatt die Hüften zu schwingen und die Lider flattern zu lassen, nahm Noel ihn bei der Hand wie einen ältlichen Onkel und half ihm, sich auf seinen Stuhl zu setzen, als wäre er ein Graubart!
Zum Donner, so alt war er auch noch nicht! Benedick verzog das Gesicht. Dass er beobachten musste, wie Alard das Mädchen mit einem Reif aus grünen Zweigen beschenkte, verbesserte seine Stimmung auch nicht. Sie setzte sich den Reif prompt auf den Kopf und sah damit aus wie eine Waldnymphe oder ein Engel. Benedick hielt den Atem an. Er war verzaubert von ihrem Anblick, wie sie sich langsam umdrehte und ihre hübsch geschwungenen Lippen zu einem Lachen verzog.
Benedick schüttelte den Kopf. Besaß das Mädchen denn gar keinen Anstand, dass sie sich so schamlos vor Alard präsentierte? Und hatte er selbst seinem Knappen nicht eindeutig verboten, sich ihr zu nähern? Aber da standen sie, steckten die Köpfe zusammen und flüsterten miteinander. Beide hatten helles Haar, waren jung und von etwa gleicher Größe und sahen so aus, als führten sie etwas im Schilde. Benedick fühlte ein seltsames Unbehagen in sich aufsteigen.
Dass Alard bereits mehrere Mägde unter den Mistelzweig gezogen hatte, um seine zwölf Küsse zu ergattern, war der Aufmerksamkeit Benedicks ebenfalls nicht entgangen. Als er den Eindruck hatte, Noel könnte die Nächste sein, wollte er sich missmutig erheben.
Noel musste etwas mitbekommen haben, denn sie wandte sich ab und kam auf ihn zu. „Du hast heute Abend schon genug geküsst, Knappe“, rief sie über die Schulter. „Aber was ist mit deinem Herrn?“, fragte sie mit einem koketten Glitzern in den Augen. Sie ergriff schon wieder Benedicks Hand und zog ihn in den Torbogen, an dem der Mistelzweig hing.
Alard machte irgendeine grobe Bemerkung, doch Benedick vernahm auch andere Stimmen, die sich ermutigend erhoben, während sie ihn quer durch den Saal führte.
Wen hatte sie an diesem Abend schon alles geküsst? Er hatte sie mit einigen Kindern, dem Koch und Hardwin gesehen. Hielt sie ihren Vormund etwa für genauso harmlos?
Mit jedem Schritt steigerte sich sein Ärger, und ein Blick auf Alards grinsende Miene hob Benedicks Stimmung nicht. Die Vorstellung, dass sein junger, begeisterter Knappe der Nächste wäre, der sie umarmen könnte, brachte sein Blut in Wallung. Ohne Zweifel
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