Historical Weihnachtsband 1991
Mary Broom. Zu Amelias Entzücken hatte sie endlich ihr Baby zur Welt gebracht. Es war ein hübscher strammer Junge, und Paul Broom war der vollendete stolze Papa. Amelia hielt das Baby auf dem Arm und konnte nicht aufhören, mit seinen winzigen Händchen zu spielen. Dann wurde er unruhig, und sie mußte ihn der Mama zurückgeben. Paul verließ das Zimmer, und Mary gab dem Kleinen die Brust.
„Amelia", sagte Mary, „mir sind so viele Gerüchte zu Ohren gekommen. Erst sollten du und Yancy heiraten, und dann hörte ich heute, daß er die Stadt verlassen will.
Heißt das, die Hochzeit fallt ins Wasser?"
„Ja . . . n-nein."
„Was denn nun — ja oder nein?"
Amelia sah auf das Baby, das jetzt friedlich in den Armen seiner Mutter schlief. „Ich habe mich noch nicht entschieden."
„Liebst du ihn denn?"
Amelia stand auf. „Es tut mir leid, Mary, aber ich muß wirklich gehen. Ich habe noch so viele Geschenke abzuliefern. In ein paar Tagen komme ich wieder, und dann können wir reden." Eilends
verließ sie das Haus,
Amelia ging schnurstracks nach Hause. Sie fand Ruth in der Küche, wo sie die Zubereitung der Desserts für das morgige Weihnachtsessen überwachte. An diesem Tag hätte Amelia heiraten sollen.
„Ruth, ist irgendeine Nachricht oder sonst etwas von Yancy gekommen?"
„Nein, nicht daß ich wüßte. Halt, ja. Er gab Carlton ein Weihnachtsgeschenk für dich mit."
„Wo ist es?" fragte Amelia begierig.
„Irgendwo unter dem Baum. Aber die Geschenke dürfen erst heute abend ausgepackt werden."
„Bitte, Ruth. Komm, hilf mir suchen."
Es dauerte eine Weile, bis ihr Ruth das Päckchen überreichte. „Gut, daß ich mir die Verpackung gemerkt habe."
Amelia riß das Papier herunter und fand eine Glaskugel in dem Paket. In der Kugel war eine winzige Holzhütte, und ein Mann stand im Schnee, die Hand erhoben, als ob er jemanden zum Abschied zuwinkte. Als Amelia die Kugel schüttelte, wirbelte der Schnee durch die Kugel. Tränen stiegen ihr in die Augen.
„Amelia, was ist denn los?"
Amelia ließ sich in einen Sessel sinken. „Verdammt noch mal, Ruth, ich liebe ihn!"
Ruth wollte etwas über Amelias Flucherei sagen, versagte es sich dann aber doch.
Statt dessen lächelte sie. „Verliebt zu sein sollte eine Frau eigentlich glücklich machen und nicht traurig."
„Ich habe solch ein Durcheinander angerichtet", schluchzte Amelia. „Jetzt habe ich ihn vielleicht verloren. Er wußte es! Er wußte es die ganze Zeit, aber ich war einfach zu dußlig, um es zu sehen."
„Komm, komm. So schlimm kann es doch gar nicht sein. Liebt er dich denn?"
„Ich glaube."
„Du glaubst?" Ruth reichte ihr ein Taschentuch.
Amelia wischte sich die Augen und dachte daran, was Yancy zu ihr gesagt hatte.
„Nein." Sie lachte. „Ich weiß es. Ruth, ich muß ihn finden, bevor er die Stadt verläßt."
„Nun, ich weiß genau, daß er die Stadt noch nicht verlassen hat. Carlton kann ja morgen mal nach ihm schauen."
„Aber ich muß ihn jetzt sehen! Verstehst du denn nicht? Ich muß ihm sagen, daß ich ihn liebe!"
„Du hast so lange gewartet, jetzt kannst du auch noch einen Tag warten."
Der Abend wurde mit dem Öffnen der Geschenke verbracht, und Amelia versuchte, Frohsinn an den Tag zu legen. So hübsch ihre Geschenke auch waren, sie dachte nur an das, das sie von Yancy bekommen hatte.
Die ganze Nacht war sie unruhig. Wenn nun Yancy bereits abgereist war? Sie würde niemals imstande sein, ihn zu finden. Und wenn er seine Meinung geändert hatte und sie nun nicht mehr heiraten wollte? Immer und immer wieder sagte sie sich, was für eine Närrin sie gewesen war. Sie hatte dem einzigen Mann, der sie jemals glücklich machen konnte, die kalte Schulter gezeigt.
Am nächsten Morgen überredeten Carlton und Ruth sie, mit ihnen in die Kirche zu gehen. Ruth bestand sogar darauf, daß sie das neue Kleid anzog, daß sie ihr zu Weihnachten geschenkt hatten. Es war ein wunderschönes weißes Gewand, und Amelia wäre normalerweise ganz aus dem Häuschen gewesen über so ein prachtvolles Kleidungsstück, aber heute konnte sie einfach keine Begeisterung aufbringen. Carlton sollte Yancy suchen, anstatt in die Kirche zu gehen —
Weihnachten hin, Weihnachten her!
„Meine Liebe", sagte Ruth, als Amelia die Treppe herunterkam, „du siehst umwerfend aus. Und da ist noch ein Geschenk für dich. Yancy gab es mir, bevor er dir in die Berge folgte. Er sagte, ich dürfe es dir erst am Weihnachtstag geben."
Amelia wickelte es aus und
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