Historical Weihnachtsband 1992
Blick auf die Einbände bestätigte das. Jonathans Verlag war erfolgreich. Die Leute bezahlten gutes Geld für diese Romane, und das hieß . . .
Ein Verdacht kam Peter plötzlich, ein so verrückter, daß er ihn fast wieder verworfen hätte. Er verstaute die Bücher in seinem Aktenkoffer, um sie mit nach Hause zu nehmen.
An diesem Abend kehrte er nicht in das Haus der Familie Lowell an der Fifth Avenue zurück. Statt dessen suchte er seine Wohnung auf, die sich nur eine Straße weiter befand und das ganze obere Stockwerk eines Gebäudes einnahm. Alle Annehmlichkeiten, die man vom Heim eines reichen Mannes erwarten konnte, waren vorhanden — das Personal inbegriffen, das aus drei ausgesprochen diskreten Dienern bestand.
Nachdem er seinem Dienstherrn im Salon vor dem Kaminfeuer ein leichtes Mahl serviert hatte, ging der Butler. Peter war sich selbst überlassen. Zwar war er müde, doch das Bett lockte ihn noch nicht. Er schob die schweren Samtvorhänge auseinander und schaute hinaus. Vor dem Fenster schwebten Schneeflocken vorbei.
Eine einzige Kutsche fuhr die Madison Avenue entlang.
Bei dem Anblick wurde er von Unrast erfaßt. Er überlegte, ob er den Portier anrufen sollte, damit der ihm eine Mietkutsche bestellte, die in den wohlhabenden Gegenden sogar zu dieser späten Stunde bereitstanden. Dann könnte er innerhalb kurzer Zeit in seinem Club sein oder in einem der Vergnügungslokale, die die einsamen Junggesellen der Stadt zur frequentieren pflegten. Doch bei näherer Betrachtung hatte er gar keine Lust mehr, noch auszugehen.
Es hatte den Anschein, als ob er alt würde, da die Aussicht auf einen Abend allein ihn mehr reizte als irgendwelche Amüsements.
Er legte Holz im Kamin nach, holte ein Buch über Naturgeschichte aus dem Regal und machte es sich in einem Sessel bequem. Den Band hatte ihm sein Freund Teddy Roosevelt empfohlen, dem die ungewöhnlichen Erkenntnisse des Verfassers aufgefallen waren. Trotzdem vermochte das Buch nicht, Peters Aufmerksamkeit zu fesseln. Nach einer halben Stunde gab er es auf und legte es neben sich auf den Tisch.
Sein Aktenkoffer stand an der Wand neben der Tür zum Salon. Der Butler hatte ihn vorsorglich dorthin gestellt. Er wußte, daß sein Herr häufig abends arbeitete. Peter hielt sich selbst für einen Narren, als er sich erhob, um den Stapel Bücher zu holen.
Zuerst griff er zu Reginald Wells Detektivgeschichte. Nachdem Peter sie halb gelesen hatte, kam er zu dem Schluß, daß er diese Art von Geschichten selbst schreiben könnte, falls er je Lust und Zeit dazu hätte. Es war zu offensichlich, wer der Täter sein mußte. Ein schneller Blick auf das Ende zeigte allerdings, daß er mit seiner Vermutung völlig danebenlag. Der Mörder
war ein Typ, den Peter nicht verdächtigt hatte, obwohl er im Rückblick feststellte, daß die Spuren in diese Richtung wiesen.
Ein bißchen verstimmt, weil er sich derart geirrt hatte, nahm er Paddy O'Sheas Buch zur Hand. Nachdem Peter ein paar Seiten überflogen hatte, legte er es angewidert weg. Falls Mr. O'Shea jemals westlich des Hudson Rivers gewesen war, hatte er gute Arbeit geleistet, um das sorgfältig zu verbergen.
Danach blätterte er noch einige weitere Bücher durch. Eines davon stammte von einer weiblichen Autorin. Er fand es wenig konstruiert, aber nicht schlecht geschrieben.
Das letzte Buch war ein Machwerk der unerträglichen Miss Montrachet und hieß
„Sommer in Devon". Peter schlug es nur zögernd auf, wobei er nicht mehr als einen Blick hineinwerfen wollte.
Zwei Stunden später klappte er das Buch zu und blickte ins Kaminfeuer. Um seinen Mund spielte ein Lächeln.
„Bemerkenswert", sagte er, „wirklich bemerkenswert." Er hatte Luciana Montrachet unrecht getan, und das würde er wieder gutmachen müssen.
Cornelia saß müde auf der Kante ihres Bettes. Sie war gerade von einem musikalischen Nachmittag nach Hause gekommen, den Mrs. DeWitt, ihre Tochter und ihr Schwiegersohn veranstaltet hatten. Es hätten ein paar angenehme und entspannende Stunden sein können, eine kleine Erholung nach den turbulenten Veranstaltungen der Weihnachtssaison — wenn Peter nicht dagewesen wäre.
Mr. Lowell, sie mußte sich endlich abgewöhnen, unter dem vertraulichen Namen Peter an ihn zu denken, hatte während der vergangenen Woche jede Soiree, jeden Ball, jede Theatervorstellung in der Stadt besucht. Wohin sie auch immer den Fuß setzte, sie brauchte nur den Kopf zu drehen, um Zeuge zu sein, wie er eine aufgeregte Gastgeberin
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