Historical Weihnachtsband 1992
Lowell nicht wiedersehen. So einfach war das. Ganz gleich, was auch geschah, sie würde eine Entschuldigung finden, um sich von ihm fernzuhalten.
Nachdem Cornelia diesen Entschluß gefaßt hatte, stand sie auf und widmete sich ihren morgendlichen Tätigkeiten. Sie konnte nicht ahnen, daß Mr. Lowell ebenfalls einen Entschluß gefaßt hatte.
7. KAPITEL
„Erzählen Sie mir von ihr", bat Peter. Er saß in Jonathan Withers Büro in einem Sessel, die langen Beine ausgestreckt, auf einem Tischchen neben sich ein Glas Portwein. Es war Dienstag nachmittag, eine Woche nach der Eislaufparty. Peter hatte Jonathan am Morgen angerufen und sich mit ihm verabredet, ihn aber über den Grund seines Anrufs im unklaren gelassen. Kein Wunder, daß der Verlegen seine Überraschung nicht verbergen konnte.
„Von ihr?" wiederholte Jonathan. Er räusperte sich, hauptsächlich um Zeit zu gewinnen. „Meinen Sie Miss Neville?"
Peter nickte. „Ja, Cornelia."
Jonathan hob leicht die Brauen. Er warf seinem Freund einen amüsierten Blick zu.
„Ich nehme an, sie hat Ihnen die Erlaubnis gegeben, sie beim Vornamen zu nennen."
Peter dachte an die Nacht in Central Park, die Stunden unter dem Sternenhimmel, die Küsse, die sie getauscht hatten. Sie hatte ihm viel gegeben, doch nichts davon hatte mit gesellschaftlicher Etikette zu tun. „Nicht direkt." Sichtlich verärgert fuhr er fort: „Sie erwidert meine Telefonanrufe nicht und reagiert nicht auf meine Einladungen. Man teilt mir jedesmal mit, sie sei anderweitig beschäftigt."
„Vielleicht stimmte das ja auch", wandte Jonathan ein. Er gab sich keine Mühe, seine Belustigung zu verbergen. Der mächtige Peter Lowell, der schon Dutzende ehestiftende Mütter und deren ehrgeizige Töchter zur Verzweiflung getrieben hatte, schien eingefangen worden zu sein. Wenn das keine ausgleichende Gerechtigkeit war!
„Cornelia ist eine liebenswerte junge Frau", sagte der Verleger, der nichts Unrechtes darin sah, noch etwas Salz in die Wunde zu streuen. „Ich kenne sie seit ihrer Kindheit und darf ehrlich sagen, daß nur wenige Menschen so hoch in meiner Wertschätzung stehen wie sie. Sie ist intelligent, gebildet, einfühlsam und keineswegs eitel wie ihre Geschlechtsgenossinnen. Reichtum und gesellschaftliche Stellung sind für sie nicht wichtig. Sie bevorzugt ein einfaches und erfülltes Leben."
„Wahrlich das Muster einer Frau", stellte Peter fest. „Irgend etwas irritiert mich jedoch, wenn ich mit ihr zusammen bin. Ich kann mich nie des Gefühls erwehren, daß sie ein Geheimnis hütet."
Jonathan blickte rasch zur Seite. Sein junger Freund war für seinen Geschmack eine Spur zu hellsichtig. Er trank einen Schluck Portwein und überlegte, wie er sich verhalten sollte. Einerseits war er Cornelia gegenüber, die ihm vertraute, verpflichtet, ihr Geheimnis zu bewahren. Andererseits machte er sich ernste Sorgen um ihre Zukunft . Er wollte nicht, daß sie ihr ganzes Leben allein verbrachte.
„Ehrlich gestanden, überrascht es mich, daß sie sich so stark für Miss Neville interessieren. Sie ist doch gar nicht Ihr Typ", bemerkte Jonathan.
Peter verzog das Gesicht. Der Verleger hatte ihn ertappt. Er konnte kaum leugnen, daß er jungen Damen wie Cornelia Neville bisher immer aus dem Weg gegangen war. Und jetzt saß er hier und äußerte seinen Unmut darüber, daß Cornelia Neville nichts von ihm wissen wollte.
„Sie . . . interessiert mich eben", erwiderte er ausweichend. Nachdenklich, als ob ihm das in diesem Augenblick erst eingefallen wäre, fügte er hinzu. „Ich fürchte, sie weigert sich, mich zu treffen, weil ich sie sie möglicherweise beleidigt habe."
„Tatsächlich?" fragte Jonathan. „Wie könnte das sein?"
Vermutlich hing das mit den äußerst unschicklichen Küssen zusammen, die sie gewechselt hatten, aber das gedachte Peter nicht zuzugeben. Außerdem war die respektierliche Miss Neville eine bereitwillige Partnerin gewesen.
„Genau weiß ich das nicht", antwortete er schließlich. „Wie Sie bereits angedeutet haben, ist sie nicht mein Typ. Leider habe ich mir nicht die Mühe gemacht, viel über junge Damen wie sie zu lernen."
„Ich bin mir nicht sicher, ob Ihnen das viel genützt hätte", wandte Jonathan ein.
„Cornelia unterscheidet sich grundlegend von irgendwelchen anderen jungen Damen."
„Inwiefern?" erkundigte sich Peter. „Abgesehen von den erwähnten Tugenden."
„Sie kann ziemlich . . . unkonventionell sein."
Peter hob die Brauen. Das war kein Ausdruck, den er
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