Historical Weihnachtsband 1992
verraten worden. Legten die Frauen, die Cornelias zweite Identität kannten, einen Köder aus, bevor sie sie vernichteten?
Ein Gefühl der Panik erfaßte sie, bis sie merkte, daß sie sich geirrt hatte. Die Frau, die geredet hatte, schien keine Ahnung von der Wirkung ihrer Worte zu haben. Sie wollte lediglich Peter schmeicheln, wie sie das vermutlich bei jedem angesehenen und einflußreichen Mann versuchte, der ihr begegnete.
Das bedeutete aber nicht, daß die Wahl dieses Themas zufällig gewesen war.
Offensichtlich sollte der Unterschied zwischen der Tochter eines bankrotten Bankiers, der in den Augen der Damen von Anfang an ohne jede Bedeutung gewesen war, und dem Mitglied einer der ältesten und einflußreichsten Familie im Lande aufgezeigt werden.
Cornelia hatte keine Lust, dem Gerede noch länger zuzuhören. Gerade tat sich in der Menge der Gäste eine Lücke auf. Cornelia drückte seinen Arm und hoffte, Peter würde die Gelegenheit, sich von der Gruppe zu entfernen, ergreifen.
Statt dessen schaute er forschend zu ihr hinunter. Die Wendung, die das Gespräch plötzlich genommen hatte, paßte ihm gar nicht. Die Wirkung auf Cornelia beunruhigte ihn. Sie sah blaß aus und die Art, wie sie sich an ihm festhielt, zeigte ihm, daß sie sich in Bedrängnis fühlte. Wie sollte sie auch anders bei diesen boshaften Angriffen. Schlimmer noch, das Ganze war seine Schuld. In seiner Überheblichkeit hatte er ihre Arbeit herabgesetzt und sie der allgemeinen Verachtung preisgegeben.
Der Gedanke, daß er davon eigentlich gar nichts wissen durfte, kam ihm nicht. Ohne zu überlegen, sagte er: „Dem kann ich nicht zustimmen. Im Rückblick ist mir klargeworden, daß ich in meinem Urteil ungerechtfertigt scharf gewesen bin. Viele dieser veröffentlichten Bücher haben eine erstaunliche Wirkung, die für deren Qualität spricht. Hätte ich mich mit der Angelegenheit eingehender beschäftigt, ehe ich darüber schrieb, hätte ich das selbstverständlich auch erwähnt."
Die Ladies blickten ihn überrascht an, doch das war harmlos im Vergleich zu Cornelias Reaktion. Sie fühlte sich wie betäubt. Meinte er tatsächlich, was er gesagt hatte? War es möglich, daß ihre Romane doch nicht als unüberwindliche Barriere zwischen ihnen standen? Mit Sicherheit wirkte er nicht mehr so arrogant und anmaßend wie zu Beginn ihrer Bekanntschaft. Im Gegenteil, sie fing an zu glauben, daß er Einfühlungsvermögen, einen aufgeschlossenen Geist und . . . ein schlechtes Gewissen hatte! Dieser Gedanke schoß ihr durch den Kopf, als sie zu Peter hochschaute. Der Ausdruck in seinen Augen bestätigte ihren Verdacht.
Peter wußte Bescheid.
Cornelia war empört. Kein Wunder, daß er sich um sie bemühte, oft mit ihr zusammen war und ihr Aufmerksamkeiten erwies. Wieso hatte sie das nicht schon längst gemerkt? Jeder wußte, daß Peter Lowell sein Junggesellendasein genoß.
Anständige junge Damen pflegte er wie die Pest zu meiden. Bei einer Frau, die sich über die strengen Regeln ihrer Gesellschaftsklasse hinwegsetzte, in dem sie Romane schrieb und außerdem so weit ging, einem Mann Freiheiten zu gestatten, die eine Frau normalerweise nur ihrem Gatten erlaubte, sah die Sache anders aus. In diesem Fall glaubte Peter wahrscheinlich, leichtes Spiel zu haben.
Als sie sich an ihr hemmungsloses Benehmen erinnerte, wurde Cornelia rot bis unter die Haarwurzeln. Sie hatte Peter jeden Grund zu der Annahme gegeben, daß sie sich mit jedem Arrangement, das er vorschlug, einverstanden erklärte.
Cornelia beherrschte jetzt nur noch ein einziger Gedanke: Flucht. Nachdem sie sich rasch entschuldigt hatte, sie wolle den Toilettenraum aufsuchen, drehte sie sich auf dem Absatz um und entfernte sich hastig.
Peter schaute ihr besorgt nach. Ihm war klar, daß sie ein paar Minuten für sich selbst brauchte. Trotzdem hätte er es vorgezogen, die Mißverständnisse zwischen ihnen sofort aus der Welt zu schaffen. Sobald sie begriff, daß er sein Verhalten zutiefst bedauerte, konnten sie sich endlich angenehmeren Dingen zuwenden.
Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als auf ihre Rückkehr zu warten. Peter entschuldigte sich ebenfalls bei den Damen, die froh waren, daß er ging, weil sie jetzt genügend Stoff zum Klatschen hatten. Einige Leute sprachen ihn an, doch er wechselte nur höflich einige Worte mit ihnen. Etwas abseits trank er ein Glas Champagner und ließ die Tür nicht aus den Augen, durch die Cornelia zurückkehren mußte. Nachdem eine Viertelstunde vergangen
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