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Hitlers Berlin

Hitlers Berlin

Titel: Hitlers Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Felix Kellerhoff
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Wahrscheinlich missfiel dem Propagandaminister der Eindruck, den das Meisterstück eines wichtigen Konkurrenten um Hitlers Gunst hervorgerufen hatte, so dass er es lieber totschwieg. »Mit dem Führer durch die jubelnden Menschen«, heißt es in Goebbels’ Eintrag weiter. »Noch mal auf den Wilhelmplatz geschaut. Das Menschenmeer. Berlin ist auf den Beinen.« Dies bestätigen Fotos und Filmaufnahmen; tatsächlich war der letzte Tag der Olympiade der Höhepunkt eines Festes, das Millionen Hauptstädter zwei Wochen lang gefeiert hatten.
    In den kommenden drei Jahren sollte das Olympiastadion die wichtigste Bühne für Massenversammlungen in Berlin bleiben. Jeweils am Morgen des 1. Mai traf sich die Hitler-Jugend hier, um eine Rede des Staatschefs zu hören. Die Abschlusskundgebung zu Benito Mussolinis Staatsbesuch Ende September 1937 fand ebenso in Werner Marchs Oval statt wie die »Sonnenwendfeier des Gaus Groß-Berlin« am 21. Juni 1938. Hitler präsentierte sich bis Kriegsbeginn gern im Stadion; danach mied er es. 1940/41 gab es noch zweimal so genannte Kriegsmeisterschaften, unter anderem in der Disziplin »Handgranatenweitwurf«. Ein letztes Mal diente das Stadion am 12.November 1944 als Bühne der Selbstdarstellung, als auf dem Olympischen Platz und auf neun anderen Plätzen in Berlin Männer des Volkssturms vereidigt wurden: »Von einem Aufgebot von Greisen und Kindern kann gar keine Rede sein«, diktierte Goebbels seinem Sekretär – obwohl die wenigen erhaltenen Fotos das Gegenteil beweisen. 10

    Erschreckende Visionen

    Schon am späten Abend des 30. Januar 1933, unter dem Eindruck des Fackelzuges durch das Brandenburger Tor und die Wilhelmstraße hinunter, soll der gerade ernannte Reichskanzler angekündigt haben, Berlin komplett umgestalten zu wollen. Das ist möglich, aber nicht zu belegen. Auch ein oft angeführtes Goebbels-Zitat, das Hitlers Interesse an einer Neugestaltung der Reichshauptstadt bereits im Februar 1932 stützen soll, erweist sich bei näherer Betrachtung als zweifelhaft. In Vo m Kaiserhof zur Reichskanzlei heißt es zwar: »Der Führer beschäftigt sich in seinen Mußestunden mit Bauplänen für ein neues Parteihaus sowohl als auch für einen grandiosen Umbau der Reichshauptstadt. Er hat das im Projekt fix und fertig, und man staunt immer wieder, mit wie vielen Fragen er sich fachmännisch auseinandersetzt.« Im entsprechenden Originaleintrag in Goebbels’ Tagebuch dagegen lautet dieselbe Passage lediglich: »Hitler zeigt seine neuen Entwürfe für Parteihausbau. Er hat Ideen.« Aus der Notiz vom nächsten Tag wird deutlich, dass es sich um Pläne für eine Erweiterung des »Braunen Hauses« in München handelte. Ganz gewiss eine spätere Verklärung ist Hitlers Behauptung von 1941, schon im Wiener Obdachlosenasyl sei ihm »das Bild vom Neubau der Stadt Berlin entstanden«. Nicht einmal die Datierung seiner eigenhändigen Zeichnungen eines Triumphbogens und einer gewaltigen Kuppelhalle auf das Jahr 1925 ist gesichert, ebenso wenig, dass es sich tatsächlich um Projekte für die Reichshauptstadt handelte. Laut Albert Speers Erinnerungen übergab Hitler ihm beide Skizzen mit den Worten: »Diese Zeichnungen machte ich vor zehn Jahren. Ich habe sie immer aufgehoben, da ich nie daran zweifelte, daß ich sie eines Tages bauen werde. Und so wollen wir sie nun auch durchführen.« In Mein Kampf gibt es allerdings keinen Beleg dafür, dass Hitler bereits so früh über konkrete Umbaupläne für Berlin nachdachte. Es finden sich dort zwar viele Fantasien über Architektur, aber nur eine Passage, in der man eine Ankündigung der Neugestaltung sehen könnte – eindeutig ist sie jedoch nicht. Sein Skizzenbuch aus der Mitte der zwanziger Jahre enthält übrigens auch Zeichnungen von Panzern und Schlachtschiffen und wirkt insgesamt eher wie das »Notizbuch eines Schuljungen«. Im Sommer 1926 sprach Hitler gegenüber Goebbels ganz allgemein vom »zukünftigen Architekturbild des Landes und ist ganz Baumeister«. Möglicherweise beeinflussten die utopischen Visionen des Stadtplaners Martin Mächler für eine Neugestaltung Berlins, die zum Beispiel auf der Kunstausstellung von 1927 gezeigt wurden, die Vorstellungen des NSDAP-Chefs. Die Ähnlichkeiten zwischen Mächlers Vorhaben und Speers von Hitler inspirierten Plänen für eine Nord-Süd-Achse fallen jedenfalls ins Auge. 11
    Sicher ist dagegen: Die Initiative zur Einbeziehung des Reichskanzlers in die Stadtplanung ging im Herbst 1933 von der

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