HMJ06 - Das Ritual
ihm verdammt noch mal kein bisschen gefallen.
Er beschloss, seine Opferbereitschaft Gia kundzutun, und hoffte dabei inständig, dass sie ihn von seinem geplanten Gelübde völliger Abstinenz befreien würde.
»Wenn du alkoholfrei lebst, sollte ich es vielleicht auch tun.«
Sie lächelte ihn an. »Was würde man damit erreichen? Wenn ich Alkohol trinke, könnte das dem Baby schaden. Diese Gefahr besteht bei dir nicht.«
Er hob die Faust. »Aber wie wäre es mit ein wenig Solidarität? Ich meine damit, dass man die Last der Elternschaft gemeinsam tragen sollte.«
»Wenn du die Absicht hast, diesem Kind ein richtiges Elternteil zu sein, wirst du einige Opfer mehr bringen müssen als ich, also trink ruhig dein Bier.«
Gias Worte hatten irgendwie einen düsteren, bedrohlichen Klang. Dankbar trank Jack einen Schluck Killian’s. »Ich bin schon längst ein richtiges Elternteil. Jedenfalls eines von zweien, wie es sich gehört.«
»Nein, du bist der Vater. Das ist der einfache Teil. Du hast noch nicht mal andeutungsweise angefangen, die Elternrolle zu spielen. Das ist etwas völlig anderes.«
Gia wirkte gereizt. Auf was wollte sie hinaus? »Ich bin mir durchaus bewusst, dass zwischen Vater werden und dem Aufziehen eines Kindes gewisse Unterschiede bestehen.«
»Wirklich?« Sie fasste über den Tisch und ergriff seine Hand. »Ich weiß, dass du ein toller Erzieher sein könntest, Jack, eine wundervolle Vaterfigur. Aber ich frage mich, ob dir klar ist, was vor dir liegt, wenn du diese Aufgabe übernimmst.«
Jetzt begriff er, in welche Richtung das Gespräch lief.
»Du meinst die Handyman-Jack-Geschichte. Kein Problem. Sieh mal, ich habe bereits bestimmte Jobs aus meinem Serviceangebot gestrichen, und ich kann noch mehr ändern. Zum Beispiel …«
Sie schüttelte den Kopf. »Du siehst das Grundsätzliche nicht. Gewöhnlich bist du mir in diesem Punkt um einiges voraus.«
»Was entgeht denn meinem Scharfblick?«
Sie senkte den Kopf, schluckte und sah ihn wieder an. »Ich wünschte, ich brauchte nicht darüber zu sprechen, denn ich komme mir dabei vor, als würde ich dich zu etwas zwingen, das du nicht tun willst und vielleicht auch gar nicht tun kannst.«
»Mir etwas zu sagen, bedeutet noch lange nicht, dass du mich zu etwas zwingst. Sprich’s einfach aus: Was entgeht mir?«
»Jack, wenn du ganz offiziell und legal Elternpflichten übernehmen willst, dann musst du zu einer normalen bürgerlichen Existenz bereit sein.«
Jacks erste Reaktion war, ihr entgegenzuhalten, dass er in jeder Hinsicht existierte. Doch gleichzeitig erkannte er, was sie meinte.
»Ich muss das werden, was man unter einem Durchschnittsbürger versteht.«
Sie nickte. »Genau.«
Ein Normalbürger. Lieber Himmel, genau das hatte er sein ganzes bisheriges Leben lang vermieden. Er wollte diesen Zustand nicht ändern. Ein Teil der Masse werden … er wusste nicht, ob er das so ohne weiteres schaffen würde.
»Das klingt nach einer Radikallösung. Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben …«
Sie schüttelte den Kopf. »Denk mal nach. Wenn dieses Baby morgen zur Welt käme, wen könnte ich als Vater nennen und eintragen lassen?«
»Mich.«
»Und wer bist du? Wo wohnst du? Wie lautet deine Sozialversicherungsnummer?«
»Nummern«, brummte er. »Ich glaube nicht, dass die diversen Kenn- und Personalnummern des Vaters auf einer Geburtsurkunde stehen müssen.«
»Vielleicht nicht. Aber meinst du nicht, dass das Baby lieber einen Vater hätte, der nicht jede Woche seinen Nachnamen ändert? Der nicht gleich in Deckung geht, sobald er einen Streifenwagen auch nur von weitem sieht?«
»Gia …«
»Na schön, ich übertreibe, ich weiß, aber was ich meine, ist, dass du, Jack, auch wenn niemand von deiner Existenz weiß, lebst wie ein Gejagter. Wie ein Flüchtling vor dem Gesetz. Das ist sicher ganz in Ordnung und hat seine Vorteile, wenn du allein stehend und nur für dich verantwortlich bist, aber es geht einfach nicht, wenn du Kinder hast.«
»Dieses Thema haben wir doch schon zur Genüge durchgesprochen.«
»Ja, das haben wir. Als wir über unsere gemeinsame Zukunft nachgedacht haben. Aber wir haben es nur rein fiktiv durchgespielt, ohne uns auf einen festen Zeitpunkt zu einigen.« Sie tätschelte ihren Bauch. »Jetzt hingegen haben wir es mit einem festen Zeitrahmen zu tun. Neun Monate, und die Uhr läuft.«
»Neun Monate«, flüsterte Jack. Ihm kam es so vor, als bliebe ihm so gut wie keine Zeit mehr.
»Vielleicht auch weniger. Wir
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