Hochgefickt
und vor allem die Backstage-Verteil-Erlaubnis, da würde das schon irgendwie hinhauen, dachte ich – und gerade deswegen war ich in der Sauna sehr interessiert daran, wie es bei Doreen gelaufen war.
»Welche Band war das denn?«, fragte ich also neugierig.
»Die von Sandro Roccano …« – »Dem Schlager-Sänger?!«, fragte ich ungläubig. Dessen Hits aus den 70ern und 80ern gehörten zum Standardprogramm der Bitburger Alleinunterhalter und ihrer Humtata-Keyboards – der Kracher auf jedem Jubiläum.
»Das ist doch kein Schlagersänger!«, erwiderte sie. »Das ist ein echter Rockstar!«
Nun gut, im Osten wurden früher auch Pappmaché-Kisten als Autos verkauft, da sollte es mich doch eigentlich nicht wundern, dass ein pseudo-italienisches Schlagerfrettchen, an dessen ZDF-Hitparaden-Auftritte mit schlumpfblauer Motorradlederjacke und gesanglich zur Schau getragenen Sommer-Liebe-Szenarien ich mich noch gut erinnern konnte, jenseits der Mauer anscheinend als Rockstar tituliert worden war.
»Und mit dem warst du im Bett?«
Sie kicherte. »Hihi, du bist ja niedlich … und mit dem warst du im Bett?«, äffte sie mich immer noch kichernd nach, »Nein, ich war nicht mit dem im Bett – aber ich habe seine ganze Band quer durch den Tourbus dermaßen um den Verstand gevögelt, da reden die heute noch von! Seitdem bin ich unter Musikern so was wie eine Legende – stell dir vor, sogar der Bassist von Psychisch hat mich gestern schon angesprochen, ob die Geschichte stimmt, da geht bald bestimmt auch noch was.«
Psychisch war die Band mit dem Top-20-Hit und nun mit uns auf Tour, und dass Doreen dorthin bereits Kontakte knüpfte, ließ mich kurz an den Erfolgschancen meiner »Ruhig abwarten«-Strategie zweifeln. Aber erst mal wollte ich natürlich genau wissen, wie sie es zu ihrer Reputation gebracht hatte – schließlich war ich ja nicht verklemmt.
»Und was hast du damals mit denen gemacht, dass du heute so einen Ruf hast?«
»Naja, die Jungs kannten mich vom Sehen ja schon vorher, aber auf dem Bergfest, als die erste Hälfte der Tour rum war, da hab ich richtig gefeiert mit denen. Irgendwann war auf der Party das Koks alle, und da wollten sie Nachschub aus dem Bandbus holen – tja, und da bin ich einfach mitgegangen.«
Einfach mitgehen war anscheinend ihre Masche.
»Im Bus angekommen haben wir erst mal ordentlich Pulver nachgelegt, und als ich dann in der Fernsehecke anfing, es mit Steve Stevenson zu treiben, sind die anderen aus der Band einfach dazugekommen. Fünf Typen auf einmal – alle drauf wie die Feuerwehr und spitz wie Nachbars Lumpi! Das war so geil, ich wusste zwischendurch nicht mal mehr, welcher Schwanz zu wem gehört. Dann hatte aber einer von den Muckern die bescheuerte Idee, noch mal nachzulegen … das war genau eine Line zu viel, danach waren ihre Schwänze nämlich weich gekokst, da ging gar nix mehr. Ich war aber jetzt noch viel geiler als vorher, und deswegen hab ich mir einfach die Gurke genommen, die im Kühlschrank lag. Tja, und was soll ich sagen: Die Band war begeistert, denn als ich endlich gekommen bin, ist das Ding tatsächlich knappe zwei Meter weit aus mir raus in den Mittelgang geschossen. Das hatten die noch nie erlebt, bis dahin hatte beim Gurkenschießen im Bandbus niemand die 1-Meter-Marke geknackt – da musste ich erst kommen … also ›kommen‹, hehe, verstehst du?« Sie amüsierte sich sehr über ihr Wortspiel.
»Jaja, verstehe ich«, sagte ich, und darüber hinaus verstand ich durch ihre als Triumph präsentierte Anekdote noch viel mehr. Nicht nur, dass es Leute mit ziemlich krassen Hobbys gibt – ehrlich schockiert durch solche Abgründe kam ich auch hervorragend damit klar, in der Klassifikation dieses Sex-Monsters als verklemmt zu gelten. Und dass ich es sofort vergessen konnte, mich auf dieser Tour als Luder Nr.1 zu inszenieren, wenn so ein »Geschoss« mitreiste.
Während Doreen also in den folgenden vier Wochen mit insgesamt zwölf Roadies, neun Festival-Besuchern, drei Musikern und zwei Catering-Köchen Sex hatte, präsentierte ich mich wieder genau so, wie ich es auf dem Schulhof geübt hatte: Fröhlich, freundlich, kokett und appetitlich zurechtgemacht sammelte ich bei den Jungs Sympathiepunkte und Aufmerksamkeit, ließ aber parallel dazu niemanden ran. Statt Kerben im Bettpfosten verschaffte ich mir lieber weiter Eindrücke. In diesem Moloch der rüden Sitten war diese Taktik nicht nur als sexueller und emotionaler Selbstschutz sinnvoll, sondern
Weitere Kostenlose Bücher