Hochgefickt
Informationsbeschaffungsmaßnahmen durchscheinen ließ. »Du bist wirklich ein Luder!« Ich hatte Spaß daran, wie er sich über sich selbst ärgerte, mir so auf den Leim gegangen zu sein. Die Situation war ihm eindeutig unangenehm, daher versuchte er, sie so schnell wie möglich zu beenden, und machte eine scheuchende Handbewegung. »Und jetzt huschhusch, streng dich mal an hier, du hast ’ne Wette zu gewinnen!«
»Was hast du es denn so eilig, mich loszuwerden?«, kokettierte ich und beschloss, meinen Sieg in dieser Begegnung noch mal mit hochgezogener Augenbraue und süffisantem Grinsen auszukosten: »Musst du etwa schon wieder dringend zur Toilette?« Dann tätschelte ich ihm generös den Oberarm und sagte: »Na dann geh mal…!«, drehte mich um und ging vom Buffet weg, damit er freien Blick hatte auf meine Flügelchen und den Hintern darunter.
Selbigen wollte ich nun nämlich ein bisschen bewegen, denn die ganzen konsumierten Kalorien wollten verteilt werden. Außerdem war die Tanzfläche zu dieser Uhrzeit der Bereich mit dem ungeschlagen höchsten Unterhaltungswert: Da gab es bekannte Schauspielerinnen, die sich in einer interessanten Mischung aus Ausdruckstanz und Aerobic-Gehopse der Musik und dem Geklicke der Kameras hingaben, hochrangige Politiker, die ihren inneren Rocker mit gelockerten Krawatten und schlimmsten Zuckungen diametral zum Rhythmus der Musik auslebten, und gleich vier Weltrekord-Sportler, die sich abseits ihrer Disziplin als Bewegungslegastheniker herausstellten – um nur einen kleinen Eindruck dieses Alkohol-induzierten Spektakels zu vermitteln. Ich selbst stand am Rand der Tanzfläche und genoss das Panorama, vor allem aber den verdammt gut aussehenden Brünetten, der sich in Jeans, feinen Schuhen und weißem Hemd wirklich unverschämt geschmeidig, lässig, cool und sexy zu den Vorgaben des DJs bewegte. Ich hatte keine Ahnung, wer dieser Posterboy war, wollte das aber unbedingt herausfinden, nachdem ich ein paar Dinge aufgrund des Ausschlussprinzips schon mal abgehakt hatte: Boygroupmitglied? Zu alt. Politiker? Zu jung. Schauspieler? Nicht exaltiert genug. Wirtschaftsbranche? Zuwenig Gel in den Haaren. Journalist? Zu gepflegt und zu nüchtern.
Um ihn auf mich aufmerksam zu machen, fixierte ich ihn so lange, bis er es spürte und mich auch ansah. Dann hielt ich seinem Blick einige Sekunden stand und ließ mein zartes Lächeln immer breiter werden, bis hin zu einem fröhlich herausfordernden Grinsen, das er mit einem interessierten In-meine-Richtung-Tanzen quittierte. Seiner Aufforderung kam ich natürlich sofort nach, denn auch wenn meine tänzerischen Qualitäten im Vergleich zu seinen wirklich nicht herausragend waren, wollte ich mir doch nicht aufgrund aufkeimender Komplexgefühle die Option streichen, mich von so einer Granate antanzen zu lassen. Immerhin verfügte ich über ein intaktes Rhythmusgefühl, und als Ausgleich für den Mangel an kinetischen Highlights präsentierte ich einfach sprühende Lebensfreude. Tatsächlich hatten wir einen solchen Spaß am Miteinander-Tanzen, dass wir erst sechs Lieder später an die Bar gingen, um mit einem Getränk eine kleine Pause zu machen.
»Jetzt, wo wir zwei uns schon so schön warm getanzt haben: Ich bin Ralf«, stellte er sich vor und stieß sein Glas gegen meins. Warm getanzt war milde formuliert, ich pfiff auf dem letzten Loch, während er immer noch topfit war. »Ich heiße Lina, freut mich sehr! Prost Ralf!«, erwiderte ich und leerte gierig mein Wasserglas. »So wie Luder-Lina?«, fragte er nach, und seine Augen blitzten lauernd auf. »Ich bin ganz brav!«, sagte ich, drehte mich kurz um und zeigte ihm meine Flügelchen. Er lachte laut auf.
»Wie cool ist das denn, du bist das wirklich, du bist Luder-Lina! Du hattest auf den Zeitungsbildern aber nicht diese Locken, damit hab ich dich gar nicht erkannt!« Ich war nicht nur erstaunt, dass er so begeistert war, sondern auch, wie genau er anscheinend die Berichterstattung verfolgt hatte. »Die hab ich mir heute passend zu den Flügelchen aufgedreht«, erklärte ich meine Lockenpracht. Er lachte wieder: »Das gefällt mir, keine zwei Wochen, nachdem dich das Blatt als böse Hexe an den Pranger gestellt hat, machst du dich darüber lustig und tauchst ausgerechnet in der Höhle des Löwen als unschuldiges Rauschgoldengelchen auf. Chapeau! Deine Idee, oder berät dich jemand?« – »Meine Idee«, sagte ich wahrheitsgemäß, und da ich diesen schönen Ralf anscheinend mit meinem
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