Hochgefickt
deine Mutter ist ein versoffenes, durchtriebenes Miststück! Genau wie deine intrigante Schwester!« oder »Du bist ein noch erbärmlicherer Schlappschwanz als dein armseliger Vater! Sei nur einmal ein Mann!« nach verliebter Neckerei klingen zu lassen.
Danach gab es immer noch keine Einschätzung von Dieter, sondern nur die Aufforderung, die andere Szene (»Im Taxi«) ebenfalls noch zu spielen. Nachdem wir ihm auch diesen Gefallen getan hatten, nickte er bedächtig, sagte ganz ruhig: »Danke, das reicht mir!«, und drehte sich über die linke Sofalehne zum Telefon.
Ich sah Leo fragend an, aber der zuckte auch nur mit den Schultern und machte sich über das Sushi her, das seit gut fünfzehn Minuten auf dem Tisch stand, während Dieter den Hörer nahm und eine Taste drückte.
»Hallo, Zimmerservice? Eine Flasche Veuve Clicquot mit drei Gläsern bitte auf Zimmer 406. Danke!« Dann drehte er sich wieder zu uns, strahlte von einem Ohr bis zum anderen und sagte: »Kinners, wir müssen feiern, und zwar richtig!«
Dieter erklärte uns recht enthusiastisch, dass er eben bei dem Treffen mit seinem Produzenten ein paar Forderungen für seinen neuen Film hatte durchdrücken können und er daher ohnehin bester Laune war.
»Aber weißt du, was das Beste ist, Leo? Nicht nur, dass ich die bekloppte Planschkuh aus dem Projekt kicken konnte, weil ich mich geweigert habe, noch mal mit diesem minderbemittelten Dööfchen zu drehen. Nein, das Beste ist: Ich weiß jetzt sogar, wer für die Rolle viel besser geeignet ist!« Leo hatte mir zwar erzählt, dass er und Dieter bald wieder mit gemeinsamen Dreharbeiten anfangen würden, sobald ihre aktuellen Projekte beendet wären, aber anscheinend konnte er Dieters Begeisterung gerade trotzdem auch nicht ganz einordnen: »Für welche Rolle?«
Dieter verdrehte ungeduldig genervt die Augen. »Na, für die Rolle der Mona natürlich! Denk doch mal mit: Wir brauchen als Mona eine üppige Blondine, die jung und sexy ist, die aber auch noch ein bisschen singen kann, wegen der Konzertszene kurz vor Schluss. Gut, das konnte die Planschkuh auch alles, aber ich brauche eben jemanden, der als Schauspieler zumindest so viel drauf hat, dass er meine Regieanweisungen umsetzen kann, also …« Er zeigte mit dem Finger auf mich.
»Iiiiich?!« Ich war hoch erfreut – dass es mit meinem Einstieg ins Filmgewerbe so schnell funktionieren würde, hatte ich bei aller Dreistigkeit trotzdem nicht erwartet.
»Aber die ist doch gar keine richtige Schauspielerin, die ist nur Moderatorin!«, empörte sich Leo, was Dieter achselzuckend zur Kenntnis nahm. »Die Rolle der Mona hat ja eh nur fünfzehn Drehtage, das wird Lina schon gut hinkriegen. Das, was ich eben gesehen hab, war besser als vieles, was ich sonst so sehe. Außerdem arbeite ich immer lieber und auch besser mit Leuten, die ich mag, so einfach ist das!«
Es klopfte, der Page brachte den Champagner, und nachdem Dieter eingeschenkt hatte, stießen wir drei miteinander an.
»Also Lina, herzlich willkommen an Bord! Auf meine neue Mona!«, gratulierte mir Dieter. Er skizzierte mir die Handlung des Films und meine Rolle, während Leo noch immer ein wenig verkniffen guckte und schon dabei war, Dieters Mitbringsel auf dem Glastisch zu portionieren.
»Ich … ich freu mich total, das ist echt ’ne Ehre, ach was, das ist der totale Wahnsinn!«, brabbelte ich authentisch überdreht, besann mich dann aber darauf, den guten Gesamteindruck, den ich in diesem Hotelzimmer bis dahin anscheinend von mir vermitteln konnte, nachhaltig zu unterstreichen: »Aber jetzt, wo ich die neue Mona bin«, fragte ich kokett, »darf ich da bis morgen früh für euch trotzdem noch die alte Lina sein …?« Damit öffnete ich grinsend meinen Bademantel und ließ ihn zu Boden gleiten, bevor ich mich über den Glastisch beugte, um mir meine Portion des weißen Pulvers in die Nase zu ziehen.
Als Leo am nächsten Morgen um halb acht abgeholt wurde, hatte der Sandwich-Club aus Zimmer 406 trotz erneuten Partymachens immerhin fünf Stunden Schlaf hinter sich. Dieter und ich frühstückten noch in Ruhe, und dann gingen wir recht gut gelaunt unserer Wege. Und da ich bereits am Nachmittag den Vertrag und das Drehbuch per Kurier zuhause vorbeigebracht bekam, hatte ich noch nicht mal Zeit und Muße für die Depression, die den Spaß mit Kokain für gewöhnlich im Nachhinein rächt. Kurzum: Auch nüchtern hörte mein Leben nicht auf, sich einfach großartig anzufühlen.
Als ich am frühen Abend
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