Hochgefickt
mich redeten – alles das zusammen gab mir das Gefühl, in den Olymp des Showgeschäfts vorgedrungen zu sein.
Außerdem hatte im März ’96 eine eigens dafür angeheuerte Agentur meinen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung ermittelt, der bei ordentlichen 66 % lag – immerhin wussten schon 198 von 300 Befragten, wer Lina Legrand war. In der Praxis bedeutete das, dass ich bei einem zweistündigen Shoppingausflug mit anschließendem Kaffeetrinken um die zwanzig Autogrammkarten schreiben musste. Wobei dieses musste ein gefühltes durfte war, denn auch, wenn ich mir diesen Status ja rechtens und fleißig erarbeitet hatte, konnte ich das immer alles noch gar nicht richtig glauben. Das, was für mich nun Alltag war, fühlte sich wie ein großes, phantastisches Spiel an, bei dem ich permanent nur Sechsen würfelte. Der Wunsch, mich zwischendurch immer mal wieder in den Arm zu zwicken, um mich tatsächlich des Wachseins und der Realität zu vergewissern, wurde im Verlauf des Jahres 1996 nicht geringer.
Im April war der Film abgedreht und ging in die Postproduktion, meine Sendung lief in der siebten Staffel, und es begann gerade wieder, ein bisschen ruhiger zu werden um mich, als es dafür nun bei Ralf unglaublich abging: Zuerst wurde er im Frühjahr mit dem BVB erneut deutscher Meister, und kurz darauf schrieb er fußballerisch auch noch international Geschichte, weil er dabei war, als die deutsche Nationalelf bei der Europameisterschaft in England durch das neu erfundene Golden Goal das Turnier gewann.
Nachdem der nationale Rauschzustand sich in den Sommerferien ein wenig entspannt hatte und nun allmählich alle sanft gebräunt wieder vor ihre TV-Geräte zurückkehrten, saßen auch Ralf und ich gemeinsam Gummibärchen essend auf dem Sofa. Allerdings nicht wie die restlichen 14 Millionen vor dem Fernseher – nein, wir saßen bei der größten Samstagabendshow des deutschen Fernsehens als wohlfrisiertes Vorzeigetraumpaar mittendrin .
Neben aller PR war das für uns vor allem ein riesengroßer Spaß … nicht nur, dass ich mir einen Jux daraus machte, dem Moderator die ganze Zeit in Sachen kumpeliges Getatsche zuvorzukommen, darüber hinaus waren auch Leo und Dieter als Gäste auf der Couch. Natürlich waren wir in erster Linie da, um Werbung für den neuen Film zu machen, der in der folgenden Woche in die Kinos kam – aber für den selbstverständlich in alle schmutzigen Details eingeweihten Ralf und mich war es ein viel größeres Vergnügen, wie Leo und Dieter aufgrund der fast ein Jahr zurückliegenden Vorgeschichte aus Zimmer 406 krampfhaft versuchten, Ralf gegenüber total locker zu wirken, backstage ebenso wie on-screen.
Die meisten Männer sind erstaunlicherweise gerade unter Geschlechtsgenossen häufig unfähige Krampen, wenn es darum geht, gekonnt zu überspielen, dass sie dem Gegenüber Hörner aufgesetzt haben. Frauen können das de facto meist sehr viel kaltschnäuziger und besser – zumindest, wenn sie wollen … Das hatte ich im Rahmen der Rubrik »Geheime Geständnisse« bei » Echte Sünde « gelernt, und ich persönlich fand, dass man dem Sandwich-Club ohnehin als verjährt die Absolution erteilen konnte: Im Rahmen der Dreharbeiten hatte es aus diversen Gründen keine Wiederholung unserer Orgie gegeben – Dieter war damals aktiv und ernsthaft damit beschäftigt, seine drohende Scheidung zu verhindern, sowie sein Drogenproblem in den Griff zu bekommen, und Leos stetige Cornichon-Versenkungs-Avancen hatte ich immer zurückgewiesen: »Wir sind ja jetzt Kollegen, und mit Kollegen fange ich aus Prinzip nichts an, Schnaps ist Schnaps, und Arbeit ist Arbeit! Und komm mir jetzt nicht wieder mit deinem Strasberg-Quatsch und sich in die Rolle fühlen – du bist nicht Robert de Niro! Um glaubwürdig zu spielen, dass Mona und Lars sich verlieben, müssen Leo und Lina keinen Sex miteinander haben – vor allem nicht wieder und wieder und wieder!«
Vielleicht bereitete es mir auch deswegen im Backstage-Bereich dieser Samstagabendshow keinen Stress, entspannt mit Leos und Dieters Frauen zu plaudern und bei den beiden jeden eventuellen Argwohn zu zerstreuen. Die Bild druckte in der Klatschkolumne montags drauf sogar die Zeile »Gute Freundinnen in Feierlaune« unter das Bild, auf dem wir bei der After-Show-Party mit Cocktails auf dem Tisch tanzten.
Für die perfekte Rundumvermarktung des Films fehlte an diesem Samstagabend eigentlich nur noch die gesangliche Präsentation des neu arrangierten
Weitere Kostenlose Bücher