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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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Schlager-Klassikers durch mich im Showteil, aber daraus wurde leider nichts. Erstens sollte die Single laut Plattenfirma erst dann aus der Soundtrack-LP ausgekoppelt und beworben werden, wenn der Film schon angelaufen und das Album auf einer bestimmten Chart-Position war, und zweitens hatte Tom Kosly es sich ein paar Wochen zuvor bei einer Musiksendung in seiner üblichen Lieblingsrolle als konsequentes Riesenarschloch übelst verscherzt mit dem Sender dieses Familienspektakels. Somit wurden dort bis auf weiteres nicht nur seine Person selbst, sondern sogar seine Produktionen boykottiert – deshalb gab es für Tom eben leider kein Plätzchen auf der Couch und auch keine Songs von ihm in der Show.
    Dem Erfolg des Films tat das keinen Abbruch, er ging in den Kinocharts von 0 auf 1, und die Kritiker attestierten mir teils überrascht, teils sogar widerwillig, ein passables Maß an schauspielerischem Talent – wohlgemerkt, ohne dass ich mit einem von ihnen im Bett gewesen wäre. Gute vier Wochen später war auch der Soundtrack so oft über die Ladentheke gegangen, dass die Plattenfirma endlich beschloss, die Single auszukoppeln und ein Video zu produzieren, das aufgrund irgendwelcher Vertragsvereinbarungen zu 100 % aus Ausschnitten aus dem Film bestand.
    Natürlich lief dieses Video rund um die Uhr bei allen Musiksendern, die Single schaffte es bis auf Platz 8 der Charts, und somit hatte ich als Schauspielerin wie auch als Sängerin einen Achtungserfolg errungen, den ich durch reichlich Interviews und ähnliches Trara zu unterstreichen nicht müde wurde – Lina Legrand im Selbstbeweihräucherungsstress. Auch die Tatsache, dass ich zum Beginn der neuen Staffel die Moderation von » Echte Sünde « abgegeben hatte, erwies sich als goldrichtige Entscheidung. Dadurch hatte ich Zeit für neue Projekte, die mir so umfangreich angeboten wurden, dass ich auswählen konnte. Nicht wenige Kollegen hätten sich vor Neid am liebsten erbrochen.
    Als ich im November ’96 auf dem Weg in die Eifel war, um bei Reza in der mittlerweile recht gut laufenden Klinik kurz hallo zu sagen – inklusive eines PR-Termins mit Reportern – und danach – ohne Reporter – mit meinen Eltern unser Adventsritual zu zelebrieren, drehte ich bereits parallel für zwei verschiedene Produktionen: Leos neuen Kinofilm, wo er erstmals auch selbst Regie führte, sowie eine ordentliche Rolle im neuesten WDR- Tatort . Außerdem stand Sabine in Vertragsverhandlungen für »den großen Mega-Event-TV-Roman-Movie-Mehrteiler«, den mein ehemaliger Sender in Kooperation mit einer Regielegende plante und in dem ich tatsächlich die weibliche Hauptrolle spielen sollte, und mein Bekanntheitsgrad lag im November ’96 bei 75 %. Kurzum: Es hätte wirklich nicht besser laufen können. Beruflich zumindest.
    Mein ganzer Erfolg brachte nämlich zwei Phänomene mit sich, die ich vorher nicht für möglich gehalten hatte: zuerst einmal, dass ich mittlerweile am normalen Leben irgendwie nicht mehr teilnahm, denn der Kreis der Leute, denen ich nichts vorspielen musste, war äußerst limitiert auf Ralf, Reza, Sabine und meine Eltern. Für alle anderen, selbst für die Frau beim Bäcker um die Ecke, existierte ich nur noch als Lina Legrand, und in dieser Rolle schwebte ich wie in einer Seifenblase von einem Termin zum anderen, sodass der Alltag meiner Kunstfigur Lina immer mehr auch zu meiner Realität wurde. Ich hatte mir diese Rolle und das Reich- und Berühmt-Sein ja ausgesucht, das war schließlich exakt das, was ich als Jacqueline immer hatte haben wollen – daher lag es mir fern, mich nun als Lina darüber zu beschweren oder gar zu jammern.
    Was sich mir jedoch zunehmend als Problem darstellte, war das andere erstaunliche Phänomen, das dieser dauerhafte Erfolg mit sich brachte: Ich fing an, mich zu langweilen. Die letzten Jahre waren geprägt gewesen von permanentem Aufstieg: aus der Provinz ins Showgeschäft, vom Trommler zum Dribbler, vom dekorativen Anhängsel zur eigenen Promi-Persönlichkeit, von der Erotik-Magazin-Moderatorin zur Schauspielerin und Sängerin. Aber jetzt war ich am Ziel meiner zu diesem Punkt recht ausgeprägten Vorstellungskraft, das Schicksal hatte mitgespielt und mich alles erreichen lassen, was ich mir gewünscht hatte, und jetzt ging es auf einmal nur noch darum, das Erreichte zu erhalten und auszubauen – und so arrogant es sich auch anhört: Dabei vermisste ich zunehmend die Herausforderung.
    Natürlich machte es nach wie vor Spaß,

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