Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
Vom Netzwerk:
Geschichte als Drehbuch vorgelegt worden, hätte ich das alles als viel zu konstruiert und absurd abgetan, aber so verfolgte ich die umfangreiche Berichterstattung wirklich elektrisiert – ich war sehr beeindruckt, welche mediale Präsenz die Mädels sich über Wochen sicherten, wie die thematisch hervorragend zum ganzen Themenkomplex passende Single und die Platte noch mal richtig abgingen, und das alles natürlich auch noch günstigerweise ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo die erste Tour der Gruppe anstand.
    Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, aber im Rahmen der Bravo-Supershow im Februar hatte ich den Produzenten und seinen Lebensgefährten, der die Mädels managte, kennengelernt: Er war ein kleines Männlein, das völlig unter der Fuchtel seines herrischen Liebhabers stand; und der führte den ganzen Laden so, dass die Grundausbildung bei den Marines dagegen anmutete wie ein Wellness-Urlaub. Kurzum: Man hatte in diesem Gefüge nicht unbedingt den Eindruck, dass der Option »blöder Zufall« viel Spielraum eingeräumt wurde. Aber ganz egal wie die Gewichtung zwischen Inszenierung oder Zufall auch sein mochte: Was da medial abging, half dem Ticket- und Plattenverkauf des »Projekts« letztlich sehr und war für mich ungemein lehrreich – nicht »nur für den Kick für den Augenblick«.
    Der Kick durch den Augenblick wurde mir hingegen im Rahmen meiner Dreharbeiten vom zuständigen Standfotografen beschert. Bei Fernsehproduktionen gibt es ja schon eine Menge Jobs, an deren Existenz man als Laie keinen Gedanken verschwendet, bei einer Filmproduktion hat das jedoch, wie alles andere auch, noch mal ganz andere Dimensionen. Der Standfotograf ist allerdings wirklich wichtig, denn von dem sind die Fotos, die dann von der Filmfirma herausgegeben werden: das Fotomaterial von den Dreharbeiten für die Presse, genauso wie die Bilder, die letztlich im Kinofoyer neben dem Plakat hängen und später auch in Programmzeitschriften landen.
    Und nicht nur da: Seit ich bei meiner ersten Filmrolle als Mona von dem damals tätigen Standfotografen tendenziell suboptimal abgelichtet worden war, und die Filmfirma sich dann mit der Plattenfirma über meinen Kopf hinweg aus Kostengründen dafür entschied, eines dieser unvorteilhaften Scheißfotos als Cover für die Single zu verwenden, die dann in recht vielen Plattenschränken landete, hatte ich dazugelernt. Nicht nur, dass mir Sabine seit dieser Erfahrung für die Fotos der einzelnen Filmproduktionen Autorisierungs- oder Vetorechte in die Verträge schrieb – zusätzlich hatte ich seitdem bei allen weiteren Dreharbeiten ein fast schon neurotisch wachsames Auge auf das Tun des Standfotografen. Bei dieser Produktion allerdings lief alles ganz anders.
    Am vierten Drehtag saß ich nachts um halb drei allein und bei schlechtem Filterkaffee im Wohnmobil, das mir (und zwei weiteren Kollegen) als Rückzugsort am Set zur Verfügung gestellt wurde. Ich ging noch mal meinen Text durch für die gleich zu drehende Szene und wartete seit 75 Minuten darauf, dass die Technik endlich mit dem Umbau fertig wurde – »Wir brauchen nur noch fünf Minütchen!« –, als es klopfte. »Na endlich!«, stöhnte ich während des Türöffnens erleichtert auf und blickte zu meiner Überraschung nicht in die Visage des Aufnahmeleiters, sondern in ein bernsteinbraunes Augenpaar mit enormem Hypnosepotential, das ich bis dahin am Set noch nicht gesehen hatte. Als Reaktion auf meine Aussage kerbten sich auch noch ein paar sehr attraktive Lachfältchen darum. Verdammt sexy, optische Steigerung zum bisherigen Aufnahmeleiter: 300 Prozent, mindestens.
    »Hey, das ist doch mal ’ne Begrüßung nach meinem Ge schmack!«, grinste der Endzwanziger gutgelaunt und gab den Blick auf eine perfekte Zahnreihe frei, die mich zusätzlich begeisterte. »Die sind da vorne immer noch nicht fertig mit ihrem Aufbau«, deutete er Richtung Set, »und deswegen wollte ich die Zeit nutzen, mich kurz vorzustellen: Ich bin Jens, ich mache hier die Standfotos.«
    Und die Hauptdarstellerin extrem wuschig, dachte ich und fragte mich, wie es sich wohl anfühlen würde, mit der Zunge über diese Bilderbuchzähne zu gleiten. Stattdessen sagte ich freundlich: »Hallo Jens«, und schüttelte seine ausgestreckte Hand – wobei ich tatsächlich einen Stromschlag bekam. Die Ursache dafür lag zwar, nüchtern physikalisch gesehen, am Teppichboden des Wohnmobils, passte aber durchaus zu meinem Grundgefühl. Ich hatte wirklich lange niemanden mehr

Weitere Kostenlose Bücher