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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathalie Bergdoll
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Zusammenarbeit mit den Kollegen nicht völlig bekloppt zu werden. Die Schauspieler hatten nämlich leider in der Vielzahl der Fälle massiv ein Rad ab und waren meist überraschend humorlos, gerade in Sachen Selbstironie. Stattdessen wurde unglaublich viel Wert gelegt auf das »Künstlerdasein«, was auch unbedingt und andauernd mit Nachdruck unterstrichen werden musste. Die normaleren, angenehmen und fähigen Kollegen benutzten eher Vokabeln wie »Handwerk« und erledigten ihre Arbeit schlichtweg gut und auf den Punkt – weil sie all ihre Energie dort hinein und nicht in großartiges Getue steckten.
    Besonders amüsant fand ich immer irgendwelche Soap-Gewächse, die sich am Set aus Prinzip nur mit ihrem Rollennamen ansprechen ließen und sich aufführten, als würden sie den ganzen Film tragen. Dass die von ihnen dargestellte Figur nur einen oder zwei Drehtage hatte und sich ihr Text auf Dinge wie »Herr Schuhmann, ich habe ein Paket für Ihren Nachbarn – kann ich das auch bei Ihnen abgeben?« beschränkte, war für sie kaum Hinderungsgrund, sich beim Mittagessen, in der Maske oder bei einer der unzähligen Umbaupausen bei wirklich gestandenen Kollegen – inklusive denen, die sogar auf der Bühne einen hervorragenden Ruf hatten – mit Weltmeister-Vorträgen über die Kunst des Method-Actings nach Strasberg, mit peinlichem Name-Dropping oder den eigenen Karriere-Ambitionen in Hollywood zu blamieren.
    Allerdings muss ich zugeben, dass man bei der ganzen Abhängerei und Warterei im Rahmen der Dreharbeiten dem Faktor Fremdschämen einen gewissen Unterhaltungswert nicht absprechen konnte. Wer sich aufregt oder schämt, schläft wenigstens nicht ein beim sinnlosen Rumsitzen – ein uralter und stets beliebter TV-Trick, um die Couchpotatoes unter den Zuschauern bis zur Werbung wach zu halten. Vielleicht wurden die Soapies sogar nur als Pausenclowns für die Schauspieler engagiert, wer weiß?
    Meine eigenen Schauspieleinsätze erledigte ich im Vergleich zu den »Künstlern« (wie den besagten Soap-Sternchen) eher pragmatisch mit dem Habitus einer klassischen Dienstleisterin: Ich sah zu, dass ich meinen Text sicher konnte, und verhielt mich ansonsten in den Szenen so, wie der Regisseur es wollte. Vielleicht war das schon ein erstes Indiz dafür, dass mir in Sachen Schauspiel die Leidenschaft fehlte. Ich fand das zwar alles ganz nett, sich zu verkleiden, in andere Charaktere zu schlüpfen und abseits des normalen Lebens die Tage durch den Kalender rattern zu sehen, aber die Erfüllung, die einige wirklich hochgeschätzte Kollegen in diesem Beruf offensichtlich fanden, blieb mir verwehrt. Vielleicht war ich aber auch nach dreieinhalb Jahren in meiner Nonstop-Rolle der Lina nur einfach spielmüde.
    Trotzdem freute ich mich ehrlich auf den Beginn der Dreharbeiten zum »großen Mega-Event-TV-Roman-Movie-Mehrteiler«, die über einen Zeitraum von fünf Monaten in drei verschiedenen Ländern stattfinden sollten: Erstens hatte ich bei diesem Projekt die weibliche Hauptrolle, was mich doch mehr anspornte, als ich vorher zu hoffen gewagt hätte, und zweitens war das endlich mal wieder ein Multitaskingprojekt. Basierend auf dem Erfolg der Country-Coverversion im letzten Jahr hatten die Geldgeber nämlich klugerweise auch den Erfolgsproduzenten Tom Kosly mit ins Boot geholt, damit er den Titelsong des Mehrteilers komponierte. Damit wollte er zwar erst im Mai beginnen, weil er noch einen Jochbeinbruch auskurieren musste, aber da der Sendetermin für dieses dreiteilige TV-Spektakel ohnehin erst für Ostern ’98 angesetzt war, bestand keine Eile. Für mich standen also neben den Dreharbeiten nicht nur endlich wieder Gesangsaufnahmen an, sondern auch wieder richtig viel PR-Trara um das eigentliche Projekt herum – und gerade diese PR war definitiv der Bereich, wo es mir keineswegs an Leidenschaft fehlte.
    Aber wie heißt es so schön? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Also konzentrierte ich mich erst mal brav auf die Dreharbeiten, zumal sich die gesamte Klatschpresse gerade ohnehin auf eine rappende Girlietruppe fokussierte. Die Teenielieblinge hatten nämlich echt den Vogel abgeschossen: Erst war rausgekommen, dass sie weitaus älter waren als behauptet, und als sich diese Wogen gerade geglättet hatten, brachte sich der Ehemann (!) der Leadsängerin um, die wiederum vor ihrer Showkarriere als Animiermädchen im Puff gearbeitet hatte und auch in Sachen Drogenkonsum kein Kind von Traurigkeit gewesen war.
    Wäre mir diese

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