Hochgefickt
getroffen, der mich auf einem solch instinktgesteuerten, animalischen Level anzog. Er quittierte den Stromschlag mit einer hochgezogenen Augenbraue und amüsiertem Gesichtsaudruck, ging aber nicht weiter darauf ein. Deshalb konzentrierte ich mich brav wieder auf den förmlichen Teil: »Freut mich sehr, dann hoffe ich mal auf gute Zusammenarbeit! Wahrscheinlich hat dich die Produktionsfirma ja schon vorgewarnt, dass ich in puncto Fotos schwierig bin, hm?«
Er grinste noch breiter als vorher und legte den Kopf schief. »Eigensinnig und heikel haben sie es genannt, um genau zu sein«, klärte er mich auf. »Aber so was spornt mich immer eher an, da mach ich mich also nicht bange. Ich zeig dir einfach die Fotos, die ich denen als Auswahl anbiete, und du sagst mir dann, ob das für dich klargeht. In Ordnung?«
»Perfekt!«, nickte ich seinen Vorschlag ab, denn abgesehen von der Kontrolle über die Fotos würde mir das zusätzlich wahrscheinlich einige Situationen bieten, in denen ich ihn ganz unauffällig zum Anbaggern ermuntern könnte. Das war nämlich einer von »Renates Rendezvous-Ratschlägen«, die ich seit frühester Kindheit verinnerlicht hatte, und mit diesem hatte ich bisher auch gute Erfolge erzielt: dem Mann immer schön das Gefühl geben, dass er das Heft in der Hand hat – und dabei vor allem verschleiern, dass man selbst es ihm in die Hand gedrückt hat …
Fünf Wochen später wurde ich 23 Jahre alt, wobei meine diversen Stammgazetten und TV-Magazine mir mehr oder minder groß zum 26. Geburtstag gratulierten und in ihren Top-/Flop-Listen auf der guten Seite tatsächlich »zu seinem wahren Alter stehen – wie Lina Legrand« aufführten. Die ganze Heuchelei kotzte mich zunehmend an, und zu alledem war ich völlig überarbeitet: Wir hatten mit dem großen TV-Trara-Movie gerade zwei Wochen Dreh in Prag hinter uns, die Schichtarbeit des Filmbetriebs hing mir brutal in den Knochen; und dass ich den Standfotografen immer noch nicht hatte klarmachen können, machte meine Laune auch nicht unbedingt besser.
Allerdings hatte ich Anfang Juni endlich mal vier Tage am Stück drehfrei, und so wollten Ralf, Reza, Sabine, meine Eltern und ich in der Eifel einiges nachfeiern – nicht nur meinen Geburtstag, sondern auch Ralfs Gewinn der Champions League mit dem BVB ein paar Tage zuvor.
Dieser Sieg hatte ihn immerhin einigermaßen darüber hinweggetröstet, dass der BVB nicht das dritte Mal in Folge Deutscher Meister geworden war, und selbst aus seinem Bänderriss machte er das Beste: »Fängt mein Urlaub dieses Jahr eben früher an!« Diesen Bänderriss hatte er sich allerdings nicht beim Finale zugezogen, wie es in der Berichterstattung hieß. Aber wer wagt es schon, über einen der größten deutschen Fußballhelden zu schreiben: »Seit seiner Verletzung vor drei Jahren gelang ihm ein atemberaubendes Comeback, inklusive dem zweimaligen Gewinn der deutschen Meisterschaft, dem maßgeblich ihm zu verdankenden Sieg bei der EM 1996, sowie dem Triumph in der Champions League – zu schade, dass der Goldjunge durch einen Bänderriss im Fuß nun erneut drei Monate lang pausieren muss, weil er bei der Champions League-Siegesfeier besoffen am Whirlpool-Beckenrand ausgerutscht ist … ?«
Am letzten Tag vor meinen Kurzferien in der Eifel wartete ich im Wohnmobil auf meinen letzten Einsatz an diesem Drehtag, als es an der Tür klopfte. »Jens Jericho, welch schöne Ablenkung von der elenden Warterei – komm rein«, begrüßte ich ihn ehrlich erfreut. Auch wenn zu meinem Ärger zwischen uns sexuell bisher noch nichts gelaufen war, schätzte ich seinen Humor und seine Art schon sehr. Er war kurzweilig, frech und schnell im Kopf, verbunden mit einer erfrischenden Respektlosigkeit meiner Prominenz gegenüber. Außerdem flirtete er gut und gerne mit mir, was ich sehr genoss – genau wie die Begrüßungsküsschen rechts und links, die ich immer so setzte, dass ich den äußersten Rand seines Mundwinkels noch erwischte und zugleich dezent an seiner Wange schnüffeln konnte. Verknallt sein ist schon was Feines …
»Hast du die Fotos aus Prag etwa schon fertig?« Er nickte, und wir sahen gemeinsam die Vorauswahl der Bilder durch, die er in den vorangegangenen zwei Wochen während der Dreharbeiten in der Goldenen Stadt gemacht hatte. Jens hatte neben allen anderen bereits erwähnten Attributen ein unglaublich gutes Auge, und nahezu alle Fotos, die ich von ihm bis jetzt gesehen hatte, waren ausnahmslos großartig und mitunter
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