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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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beschreiben?«
    »Ja mei, es war halt ein Chinese.«
    Jennerwein entschloss sich zu einem kühnen Schritt. Er zog die Phantomzeichnung heraus und hielt sie dem Zither Beppi vor die Nase.
    »Haben Sie diesen Mann gesehen?«
    Der Zither Beppi betrachtete das Bild. Er spielte –
♫ Dirndl, mach as Fensterl auf –
und schloss dabei die Augen, um sich
besser erinnern zu können. Dann nahm er die Hände von den Saiten und sagte:
    »Der Chinese hat einen Skianorak mit SC
-Riessersee
-Aufdruck getragen. Und er hat eine Pistole in der Hand gehabt. Aber der auf der Zeichnung war es nicht.«
    Alle stöhnten auf.
    »Dann sind es also doch zwei«, sagte Stengele gepresst.
    »Ob einer oder mehrere«, sagte Jennerwein. »Wir müssen sie weiter aus der Reserve locken.«

54
    »Der Herr Problemlöser hat vor, jetzt nach Italien zu fahren?«, sagte Shan mit hochgezogenen Augenbrauen. »Eine Woche vor dem Besuch Rogges?«
    »Genau das habe ich vor«, sagte Karl Swoboda.
     
    Der Österreicher wusste, dass ihm jetzt nur noch zwei ganz bestimmte Personen bei der Suche nach dem penetranten Trittbrettfahrer helfen konnten: das Bestattungsunternehmerehepaar Ignaz und Ursel Grasegger, mit dem er bis vor einem Jahr noch intensiv zusammengearbeitet hatte. Er hatte ihnen Leichen aus Sizilien gebracht, sie hatten sie diskret verschwinden lassen. Man hatte gute Geschäfte gemacht, doch schließlich war die Sache aufgeflogen, und die Graseggers hielten sich seitdem in Italien auf. Für die Graseggers war eine Rückkehr nach Deutschland, nach Bayern oder gar ins Loisachtal zur Zeit nicht ratsam, ihr Konterfei hing in jeder Polizeistation. Doch Ignaz und Ursel, die Urgesteine aus dem Werdenfelser Land, sie waren die Einzigen, die wirklich jeden Grashalm und vor allem jede Nase im Kurort kannten. Nur diese beiden konnten ihm genau sagen, wer der mysteriöse Trittbrettfahrer war.
     
    »Ja, Freunde, ich habe mich entschlossen, nach Italien zu fahren. Das ist nur ein Katzensprung. Ihr bleibt hier und macht inzwischen gar nichts, aber rein gar nichts! Habt ihr das verstanden? Jacques Rogge wird nächste Woche kommen, um sich
die Paraglidershow anzuschauen, das Ablenkungsspektakel für euren erneuten Versuch habe ich vorbereitet. Vorher muss der Trittbrettfahrer weg, wir können keine Ablenkung von der Ablenkung brauchen. Und es eilt, Freunde! Dieser Kommissar ist gefährlich nahe an uns dran. Gestern habe ich erfahren, dass er herausbekommen hat, von wo aus Wong seinen Laserpfeil abgeschossen hat.«
    »Er hat das Wellnesshotel gefunden?«
    »Ja, allerdings. Eine Gruppe von zehn Leuten, die durch den Ort schnüffelt, ist nicht zu übersehen.«
    »Die Einschläge kommen immer näher«, sagte Wong.
    »Dieser Kommissar Jennerwein ist mir schon von Anfang an unangenehm aufgefallen«, sagte Shan. »Er geht chaotisch vor, ermittelt in alle möglichen Richtungen, gibt wirre, desinformative Zeitungsinterviews. Man gewinnt den Eindruck, dass man es mit einem Provinztölpel zu tun hat. Man wird eingelullt, dann greift er plötzlich zu.«
    »Ja«, sagte Swoboda, »das macht ihn so gefährlich. Ich kenne ihn ja. Aber diesmal ist er auf dem Holzweg. Keine Sorge, wir werden uns diesen epigonalen Burschen von Jennerwein greifen. Also nochmals, Freunde: Stillhalten – morgen bin ich wieder da. Baba.«
    »Ich bin vollkommen deiner Meinung«, sagte Wong zu Shan, als Swoboda aus dem Zimmer war. »Langsam geht mir dieser österreichische Rechthaber tierisch auf die Nerven.«
    »Wir machen es auf unsere Weise«, antwortete Shan.
     
    Swoboda fuhr durch das Lomasone-Tal, ließ San Martino links liegen, brauste am Lago di Tenno vorbei, bis er zu einem imposanten italienischen Landbauernhof kam. Kein Vergleich zu der ehrwürdigen ehemaligen Behausung der Graseggers im Werdenfelser Tal. Aber das Gebäude war respektabel und strategisch gut gelegen. Swoboda schilderte Ignaz und Ursel den
Fall und erzählte von seiner bisher vergeblichen Suche nach dem Attentäter.
    »Und du bist sicher, dass es ein Einheimischer ist?«, fragte Ignaz.
    »Ja. Er kennt den Ort und die umliegenden Berge genau.«
    »Mit gutem Kartenmaterial lernt man die Umgebung auch genau kennen«, wandte Ursel ein.
    »Aber er weiß auch, wo es der Volksseele wehtut. Den Aufschrei der Empörung bei diesem Weißwurstanschlag – ihr hättet ihn hören müssen!«
    »Wir haben ihn gehört«, sagte Ignaz. »Sogar das italienische Fernsehen hat darüber berichtet. Apropos Weißwürste. Du hast versprochen

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